Staatsbürgerschaft : Reformstreit über Reizthema Einbürgerung
In einer Aktuellen Stunde diskutieren die Abgeordneten über die geplanten Neuerungen bei der Einbürgerung. Die Reform ist heftig umstritten.
Als "echten Meilenstein hin zu einem modernen Einwanderungsland" pries der Parlamentarische Justiz-Staatssekretär Benjamin Strasser (FDP) vergangene Woche im Bundestag den zuvor vom Bundesinnenministerium veröffentlichten Gesetzentwurf zur Reform des Staatsangehörigkeitsrechts in Deutschland. Für Andrea Lindholz (CSU) sendet die Regierung dagegen mit dem Reformvorhaben "völlig falsche Signale" - wieder einmal schlugen die Wellen hoch im Parlament beim Thema Einbürgerungen.
Die will die Koalition deutlich vereinfachen. Danach sollen mehrfache Staatsangehörigkeiten künftig hingenommen, die Sprachanforderungen für bestimmte Gruppen gesenkt und die Mindestaufenthaltsdauer in Deutschland von acht auf in der Regel fünf Jahre verkürzt werden.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) betonte in einer Aktuellen Stunde des Parlaments, dass mehr als zehn Millionen Menschen in der Bundesrepublik nicht über die deutsche Staatsangehörigkeit verfügten. Mehr als die Hälfte davon lebe seit mehr als zehn Jahren in Deutschland, aber könne sich nicht an politischen Entscheidungsprozessen beteiligen. Dies sei "nicht gut für unsere Demokratie". Dass sich derzeit nur ein Bruchteil der Einbürgerungsberechtigten einbürgern lasse, liege auch daran, dass Deutschland verlange, sich dabei für eine Staatsangehörigkeit zu entscheiden. Es sei daher "höchste Zeit", wie die überwiegende Zahl der EU-Staaten Mehrstaatigkeit zu akzeptieren.
Einbürgerung soll schneller, aber teils auch schwieriger werden
Strasser hob hervor, dass der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit künftig schneller gehe, aber teilweise auch schwieriger werde. Wer sehr gute Sprachkenntnisse habe oder sich ehrenamtlich besonders engagiere, solle schon nach drei Jahren eingebürgert werden können. Dagegen solle der Bezug von Sozialleistungen eine Einbürgerung im Regelfall ausschließen.
Lindholz wandte sich entschieden gegen die generelle Zulassung des "Doppelpasses" und kritisierte, die Regierung lege mitten einer "schweren Migrationskrise" einen Gesetzentwurf vor, der weitere Anreize für eine ungesteuerte Zuwanderung schaffe. Gottfried Curio (AfD) monierte, die deutsche Staatsangehörigkeit solle schon nach fünf oder drei Jahren erworben werden können, obwohl sie "allenfalls Abschluss einer gelungenen Integration" sein dürfe.
Gökay Akbulut (Linke) begrüßte dagegen, dass die Wartezeiten verkürzt würden und Mehrstaatigkeit grundsätzlich akzeptiert werde. Zugleich kritisierte sie, dass die Einbürgerungsvoraussetzung verschärft werden solle, selbst für seinen Lebensunterhalt aufkommen zu müssen. Bisher sei ein unverschuldeter Bezug von Transferleistungen kein Hindernis bei der Einbürgerung gewesen. Solche Ausnahmen würden nun zusammengestrichen. Diese Verschärfungen müssten zurückgenommen werden.
Grüne dringen auf Änderungen am Entwurf beim Thema Sozialleistungen
Auch Filiz Polat (Grüne) plädierte dafür, dass eingebürgert werden kann, "wer die Inanspruchnahme von Sozialleistungen nicht zu vertreten hat". Hier wolle ihre Fraktion in den Beratungen "aus einem guten ein noch besseres Gesetz" machen.
Gülistan Yüksel (SPD) sagte, mit der Reform werde der Zusammenhalt im Lande gestärkt. Konstantin Kuhle (FDP) begrüßte, dass die Reform zu mehr Einwanderung führen könne. Der Arbeitskräftemangel in Deutschland sei "mit Händen zu greifen", und "natürlich brauchen wir Menschen, die in den Arbeitsmarkt einwandern".