Piwik Webtracking Image

Gastkommentare : Braucht es eine Altersgrenze für Social Media? Ein Pro und Contra

Brauchen wir nach dem Beispiel Australiens eine Altersgrenze für die Nutzung sozialer Medien? Sebastian Morgner und Tatjana Heid im Pro und Contra.

16.01.2025
True 2025-01-17T14:43:08.3600Z
3 Min

Pro

Das ist ein guter Ansatz: Ein Verbot für Kinder unter 14 Jahren hilft den Eltern

Foto: Detlev Scheerbarth/MAZn
Sebastian Morgner
ist Themenchef Brandenburg Nord der "Märkischen Allgemeinen".
Foto: Detlev Scheerbarth/MAZn

In Australien wird die Nutzung sozialer Medien wie TikTok, Instagram oder Snapchat für Kinder unter 16 Jahren verboten - richtig so. Ein guter Ansatz, zumindest im Grundsatz. Doch sollte das Verbot für Kids unter 14 Jahren gelten. Ab 14 sind die sozialen Medien für die Mädchen und Jungen wichtig. Wie lange und oft die Kinder und Jugendlichen pro Tag am Handy hängen, ist schon extrem. Und das auch schon bei den unter 14-Jährigen. Manchmal kann man nur den Kopf schütteln. Zweieinhalb Stunden sind sie unter der Woche jeden Tag online.

Im Netz unterwegs zu sein ist in Ordnung: Ein Buch lesen, sich spielerisch weiterentwickeln, auch Antworten auf Fragen finden, die Jugendliche in diesem Alter haben. Für die Schule lernen. Schauen, wie der Lieblingsverein am Wochenende gespielt hat. Auch mal den Lieblingsfilm schauen. Oder mit Freunden chatten. Alles okay. Aber in Maßen. Und nicht unter 14 Jahren.

Denn auf welchen Plattformen treiben sich die Kids rum? Zu 90 Prozent zählen für sie nur noch TikTok, Instagram oder Snapchat. Ein Foto hier, ein Bild da - und hochladen. Und das Schlimmste: Die meisten Kinder glauben, dass alle Informationen stimmen, die sie auf diesen Plattformen erhalten.

Das ist gefährlich. Gezielt werden dort Falschinformationen ausgespielt, um Menschen zu manipulieren. Daher gilt es zu schauen, wie virtuelle Räume so gestaltet werden, dass die Gefährdung minimiert wird. Der Staat ist gefragt: Er hat die Aufgabe, gesetzliche Regelungen zu schaffen, die Anbieter in die Pflicht nehmen, Inhalte zu sperren und zu kontrollieren. Und auch die Eltern haben eine Verantwortung. Sie müssen mit ihren Kindern über das Nutzungsverhalten reden, Regeln festlegen und auch eingrenzen. Ein Verbot für Kinder unter 14 Jahren hilft den Eltern. 

Contra

Eine staatlich verordnete Altersgrenze ist nicht die Lösung

Foto: Frank Röth/F.A.Z.
Tatjana Heid
ist stellvertretende Ressortleiterin Nachrichten und Politik Online bei der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung".
Foto: Frank Röth/F.A.Z.

Die Nutzung von sozialen Medien birgt Risiken für Kinder und Jugendliche. Dabei geht es nicht nur darum, dass sie auf Instagram, TikTok und Whats-App Opfer von Betrügereien, Mobbing oder Sexpressung werden können. Soziale Medien können die Hirnentwicklung beeinflussen und süchtig machen, Likes können zu Lebensinhalten werden.

Eine Altersgrenze - zumal eine staatlich verordnete - ist allerdings nicht die Lösung. Zum einen dürfte sie kaum abschreckend wirken. Wer in Deutschland mit 13 Jahren rauchen will, kommt schließlich auch an Zigaretten. Wo ein Wille ist, ist immer ein Weg. Ganz davon abgesehen stellt sich die Frage, wie die Einhaltung des Mindestalters effektiv kontrolliert werden soll. Eine Altersgrenze suggeriert zwar, dass etwas gegen das Problem getan wurde - dabei ändert sich durch ihre Einführung erst einmal nichts.

Entscheidend ist etwas anderes, nämlich dass Kinder von Beginn an lernen, verantwortungsbewusst mit sozialen Medien umzugehen. Das nimmt Lehrer und Pädagogen in die Pflicht - aber vor allem die Eltern. Auch wenn Kinder noch gar nicht an soziale Medien denken, haben ihre Eltern schon eine Vorbildwirkung. Wer selbst das Handy nie aus der Hand legt, dessen Kinder werden es vermutlich ähnlich handhaben. Wer Bilder seiner Kinder öffentlich auf Instagram postet, dessen Kinder werden vermutlich ähnlich sorglos mit privaten Aufnahmen umgehen. Und wer sich nur noch über Videoschnipsel informiert, dessen Kinder werden auch nichts dabei finden - ganz egal, welchen Ursprung die Schnipsel haben mögen.

Die wenigsten Eltern würden ihre Kinder allein zur Schule gehen lassen, ohne den Weg vorher mehrfach geübt und ihnen Verkehrs- und Verhaltensregeln eingebläut zu haben. Genauso müssen sie ihre Kinder im Digitalen an die Hand nehmen. Das ist effektiver als jede Altersgrenze.

Mehr zum Thema

Zwei Menschen halten Schilder mit den Logos mehrere sozialer Netzwerke hoch
Regulierung von Online-Plattformen: Wie die Big Tech-Unternehmen die Regeln auf die Probe stellen
Die Europäische Union hat mit dem Digital Services Act Regeln für Onlineplattformen durchgesetzt. Wie gut die Aufsichtsstruktur funktionieren wird, ist noch unklar.
Schülerinnen einer sechsten Klasse arbeiten an ihren Tablets.
Bildungsforscherin Nina Kolleck: "Wir brauchen endlich einen Plan für die Schulen"
Wenn das Basiswissen über Demokratie fehlt, haben Fake News um so bessere Chancen, sagt Nina Kolleck und fordert eine entschlossene Strategie für die Schulen.
Zwei Mädchen schauen auf ein Handy und kichern.
Medienkompetenz von Jugendlichen: Zwischen Fake und Fakt - wie Jugendliche mit Fake News umgehen
Instagram, TikTok und Co. Viele Jugendliche beziehen ihre Nachrichten aus sozialen Medien. Doch welche Rolle spielen Fake News und wie erkennen sie diese?