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Jahresbericht 2024 vorgestellt : SED-Opferbeauftragte Zupke erinnert Koalition an Versprechen

SED-Opferbeauftragte Evelyn Zupke fordert von der Koalition, ihre Ankündigungen zu Anerkennung von Gesundheitsschäden und SED-Opferrente umzusetzen.

13.06.2024
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4 Min

Die SED-Opferbeauftragte Evelyn Zupke hat anlässlich der Vorstellung ihres Jahresberichtes 2024 die Ampel-Koalition an ihre Versprechen an die SED-Opfer erinnert. Sie sei Justizminister Marco Buschmann (FDP) dankbar dafür, dass er mit einem entsprechenden Referentenentwurf zur Überarbeitung der SED-Unrechtsbereinigungsgesetze einen „ersten Aufschlag“ vorgelegt habe. Mit den Vorschlägen sei sie aber noch nicht zufrieden, sagte die 62-Jährige im Interview mit dem Parlamentsfernsehen des Deutschen Bundestages. Der Koalitionsvertrag von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP habe sich selbst einen „großen Auftrag gegeben“. Die nun vorgelegten Vorschläge blieben aber dahinter zurück, kritisierte Zupke.

Keine substanziellen Verbesserungen bei der sozialen Lage der SED-Opfer

Die SED-Opferbeauftragte hatte am Mittwoch den Jahresbericht an Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) übergeben und tags darauf der Öffentlichkeit vorgestellt. Ihr Amt als Bundesbeauftragte ist beim Deutschen Bundestag angesiedelt.

Foto: picture alliance/dpa

SED-Opferbeauftragte Evelyn Zupke stellte am Donnerstag ihren Jahresbericht 2024 vor. Sie fordert Nachbesserungen an den Vorschlägen der Koalition.

Konkret bezieht sich Zupke auf den Referentenentwurf eines „Sechsten Gesetzes zur Verbesserung rehabilitierungsrechtlicher Vorschriften für Opfer der politischen Verfolgung in der ehemaligen DDR“. Der Entwurf enthalte zwar begrüßenswerte Neuerungen, etwa die Dynamisierung der SED-Opferrente und den Verzicht auf die Absenkung von Leistungen zum Renteneintritt. Er werde aber an „wesentlichen Stellen den aktuellen Herausforderungen nicht gerecht“, wie es in ihrem Jahresbericht heißt. 

Die SED-Opferbeauftragte vermisst beispielsweise Regelungen zur leichteren Anerkennung von verfolgungsbedingten Gesundheitsschäden. Zudem würden die soziale Lage der SED-Opfer nicht weitreichend genug verbessert und bestehende Gerechtigkeitslücken nicht geschlossen. Ferner kritisiert Zupke, dass der angekündigte bundesweite Härtefallfonds weiter auf sich warten lässt. Ähnliche Forderungen hatte Zupke schon im Jahresbericht 2023 erhoben.

Behörden erkennen verfolgungsbedingte Gesundheitsschäden der SED-Opfer nicht an

Die Anerkennung von verfolgungsbedingten Gesundheitsschäden treibt Zupke schon länger um. Im März 2024 veröffentlichte sie dazu einen Sonderbericht, in dem sie – wie auch im Jahresbericht – eine bundesgesetzliche Regelung fordert. 

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Grundsätzlich können SED-Opfer, die beispielsweise unrechtsmäßig in Haft saßen, nach ihrer Rehabilitierung bei den Versorgungsämtern gesundheitliche Schäden wie Depressionen, Angststörungen oder posttraumatische Belastungsstörungen anerkennen lassen. Das Problem: Dazu muss eine Kausalität zwischen Repressionserfahrung und Gesundheitsschaden nachgewiesen werden. „Die meisten Menschen scheitern mit ihrem Antrag“, sagte Zupke gegenüber dem Parlamentsfernsehen. In Sachsen-Anhalt sei innerhalb von zehn Jahren beispielswiese nur ein Antrag bewilligt worden. 

Als Lösung schlägt Zupke in ihrem Bericht vor, in den Rehabilitierungsgesetzen eine „kriterienbasierte Vermutungsregelung“ zu ergänzen. Danach soll die Kausalität zwischen Gesundheitsschaden und Repressionserfahrung als gegeben angesehen werden, wenn bestimmte Kriterien erfüllt sind. Zupke verweist dabei auf eine ähnliche Regelung für Soldaten der Bundeswehr, wenn es etwa um die Anerkennung von einsatzbedingten posttraumatischen Belastungsstörungen geht. 

SED-Opferrente soll dynamisiert werden

Zupke weist in ihrem Bericht auch auf die prekäre soziale Lage vieler SED-Opfer hin – und fordert Nachbesserungen an Buschmanns Vorschlägen, etwa bei der SED-Opferrente. Rund 38.000 Personen beziehen aktuell diese Leistung in Höhe von 330 Euro pro Monat. Anspruch auf die Zahlungen haben Menschen, die in der DDR beziehungsweise noch in der Sowjetischen Besatzungszone rechtsstaatswidrig mehr als 90 Tage in Haft saßen – und wirtschaftlich besonders beeinträchtig sind.

Der Referentenentwurf aus dem Justizministerium sieht vor, die Erhöhung der SED-Opferrente künftig zu dynamisieren. Sie soll an die Entwicklung des aktuellen Rentenwerts der gesetzlichen Rentenversicherung gekoppelt werden. Eine Dynamisierung ist auch für die Ausgleichszahlungen vorgesehen, die für berufliche Verfolgung zu DDR-Zeiten fließen.

Zupke fordert vorgelagerte Erhöhung der SED-Opferrente

Zupke begrüßt in ihrem Bericht diese Vorschläge. In Anbetracht der prekären sozialen Situation der SED-Opfer schlägt die SED-Opferbeauftragte aber vor, zunächst die Opferrente beziehungsweise die Ausgleichszahlung „angemessen“ zu erhöhen, bevor beide dynamisiert werden.

Bundestagspräsidentin Bärbel Bas nahm am Donnerstag den Jahresbericht der SED-Opferbeauftragten entgegen.   Foto: Deutscher Bundestag / Lorenz Huter / photothek

Zudem hat Zupke noch weitere Verbesserungsvorschläge: Die Bedürftigkeitsklausel bei der SED-Opferrente soll nach ihrer Auffassung beispielswiese wegfallen. Das hätte eine „besondere Aufwertung der Würdigung des individuell erlittenen Unrechts, das unabhängig von der sozialen Lage der Betroffenen besteht, zur Folge und wäre gleichzeitig mit dem Nebeneffekt eines erheblichen Bürokratieabbaus verbunden“, schreibt sie in ihrem Bericht. Auch eine Vererbbarkeit der Ansprüche schlägt die Opferbeauftragte vor.

Die SED-Opferbeauftragte wirbt zudem dafür, auch Opfer des DDR-Zwangsdopingsystems sowie Opfer von Zersetzung außerhalb der DDR stärker zu berücksichtigen. Den im Referentenentwurf vorgesehenen Anspruch auf eine einmalige Leistung für Opfer von Zwangsaussiedlungen begrüßt Zupke, kritisiert aber den avisierten Betrag von 1.500 Euro als „nicht nachvollziehbar“. Sie fordert, die Einmalzahlung an den bisherigen Einmalzahlungen für unterschiedliche Opfergruppen zu orientieren. So hätten anerkannte Dopingopfer 10.500 Euro erhalten. Zudem spricht sich Zupke gegen Ausschlussgründe für die Einmalzahlung aus.

Mehr Tempo beim bundesweiten Härtefallfonds für SED-Opfer gefordert

Mehr Geschwindigkeit wünscht sich Zupke beim bundesweiten Härtefallfonds. Damit soll vor allem für in Westdeutschland lebende SED-Opfer ein Instrument geschaffen werden. Wie sie in ihrem Bericht ausführt, sei der Härtefallfonds immer wieder Thema im Parlament und es seien noch gewichtige Fragen wie die Zuständigkeit zu klären.  „Die zeitliche Dauer dieser Klärungsprozesse jedoch ist gegenüber den Betroffenen, die seit der Festlegung im Koalitionsvertrag vor mehr als zweieinhalb Jahren auf die Einrichtung des Fonds warten, aus Sicht der SED-Opferbeauftragten nicht mehr vermittelbar“, heißt es in dem Bericht.