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Foto: picture alliance/Mary Evans Picture Library
Am 14. Dezember 1911 erreichte der norwegische Polarforscher Roald Amundsen mit seiner Mannschaft als erster Mensch den geografischen Südpol.

Lebensgefährliche Abenteuerlust : Der Wettlauf zum Südpol

Anfang des 20. Jahrhunderts machten sich die Polarforscher Amundsen und Scott auf den Weg zum Südpol. Ein Wettstreit mit tödlichem Ausgang.

11.04.2025
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4 Min

“Männer für gefährliche Reise gesucht. Geringer Lohn, bittere Kälte, lange Monate kompletter Dunkelheit, ständige Gefahr, sichere Rückkehr zweifelhaft. Ehre und Anerkennung im Erfolgsfall!” Der Legende nach soll der britische Polarforscher Ernest Shackleton zu Beginn des 20. Jahrhunderts diese Zeitungsannonce veröffentlicht haben, um eine Mannschaft für seine geplante Expedition in die Antarktis zu finden.

Trotz dieser beschwerlichen Aussichten fanden sich genug Männer und Shackleton reiste am Ende sogar dreimal in die Antarktis. Nur sein Ziel, den geografischen Südpol zu erreichen, verfehlte er. Anders war dies bei den Polarforschern Robert F. Scott und Roald Amundsen, die sich 1911 ein Kopf-an-Kopf-Rennen lieferten, um als Erste den Südpol zu erreichen.

Das Goldene Zeitalter der Antarktisforschung beginnt

Insgesamt sechzehn Antarktis-Expedition aus acht Nationen fanden zwischen dem Ende des 19. Jahrhunderts und den 1920er Jahren statt. Heute spricht die Wissenschaft vom "Heroic Age", in Deutschland bekannt als das Goldene Zeitalter der Antarktisforschung. In Zeiten des Imperialismus waren Entdecker und Nationen gleichermaßen bestrebt, den unbekannten Kontinent im Süden geografisch und naturwissenschaftlich zu erforschen.

Dabei faszinierte die Frage, was sich am südlichen Ende des Erdballs befindet, die Menschheit schon seit Jahrhunderten. Bereits im antiken Griechenland nahmen Gelehrte an, dass es im Süden ein Gegengewicht zu den Landmassen auf der Nordhalbkugel geben müsse, damit die Erde im Gleichgewicht bleibe.

Umkehr rund 130 Kilometer vor der Küste

Obwohl kein Mensch ihn bis dato gesehen hatte, hielt sich der Mythos vom unbekannten Südkontinent ("Terra Australis Incognita") jahrhundertelang hartnäckig. Selbst auf Weltkarten des 16. Jahrhunderts ist die Antarktis - mit Fantasie-Umrissen - eingezeichnet.

Als erster Europäer überquerte der Seefahrer James Cook am 17. Januar 1773 den südlichen Polarkreis. Den Kontinent selbst hat er jedoch nie gesehen. Dicke Eisschichten machten ein Weiterkommen unmöglich und so musste er rund 130 Kilometer von der Küste entfernt umdrehen. "Ich kann getrost behaupten, dass kein Mensch jemals weiter vorstoßen wird, als ich es getan habe, und dass die Länder, die im Süden liegen könnten, niemals erforscht werden", prognostizierte er fälschlicherweise.

Denn knapp 50 Jahre später erreichten erstmals Schiffe den antarktischen Kontinent. Der amerikanische Robbenjäger John Davis soll als erster Mensch das antarktische Festland betreten haben. Nachdem dieser Meilenstein erreicht war, verlagerte sich der Fokus der Forscher und Eroberer auf den geographischen Südpol.

Großbritannien und Norwegen wollen am Südpol Flagge zeigen

Eigentlich wollte Roald Amundsen der erste Mensch am geografischen Nordpol sein. Doch während der norwegische Entdecker gerade dabei war, seine Expedition zu planen, erreichte ihn die Nachricht, dass ihm die Amerikaner Frederick Cook und Robert Edwin Peary zuvorgekommen waren. Also plante Amundsen kurzfristig um und setzte sich die Entdeckung des geografischen Südpols als neues Ziel. Dies hielt er geheim, bis er am 9. August 1910 mit seinem Schiff "Fram" aufbrach.

Auch der Brite Robert F. Scott war zu diesem Zeitpunkt auf dem Weg in Richtung Südpolarmeer. Bei einem Zwischenstopp in Australien erhielt er ein Telegramm von Amundsen, der ihn darüber informierte, dass auch er sich auf Kurs Antarktis befinde.

Die Situation heute

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Doch bevor Amundsen und Scott zum Südpol aufbrechen konnten, mussten sie zunächst den antarktischen Winter in ihren Basislagern überstehen. "Der Plan war, im Frühling das Winterlager so bald wie möglich zu verlassen. Wenn wir uns erst einmal auf dieses Wettrennen eingelassen hatten, mussten wir auch um jeden Preis die ersten auf dem Platz sein", schrieb Amundsen dazu in seinem Reisebericht. Getrieben von diesem Ehrgeiz, machte er sich im September 1911 erstmals auf den Weg, kehrte aber nach wenigen Tagen aufgrund des schlechten Wetters in das Basislager zurück.

Als Mitte Oktober der Frühling wirklich einsetzte, startete er mit vier Mann in Richtung Südpol; rund 700 Kilometer von Scott entfernt. Dessen Mannschaft verließ einige Tage später, am 1. November, ihr Basislager.

Zwar sollte es für beide eine beschwerliche Reise werden, doch zeigten sich schnell gravierende Unterschiede in Ausstattung und Planung. Während Amundsen sich bei seiner Ausrüstung vieles von den Inuit abgeschaut hatte und auf Schlittenhunde setzte, bevorzugte der Brite Scott motorisierte Schlitten und mandschurische Ponys. Ein Fehler, denn die Motoren gingen schnell kaputt und die Ponys versanken im tiefen Schnee.

Nach 99 Tagen erreicht Amundsen den Südpol

"Der Schnee klettert beständig höher [...] Mich durchschauert eine Hoffnungslosigkeit, der ich mich kaum noch erwehren kann", beschreibt Scott die Reise in seinem Tagebuch. Dennoch marschierte seine Mannschaft unbeirrt weiter. Doch sie waren zu spät. Schon von weitem sahen sie die norwegische Flagge. Nach 99 Tagen und 2.600 Kilometern hatte Amundsen bereits am 14. Dezember 1911 - also 34 Tage vor Scott - den geografischen Südpol erreicht. Gemeinsam hatten die fünf Männer die norwegische Fahne platziert und einen Brief hinterlassen, der ihren Triumph belegte.

Historie

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Enttäuscht und entkräftet machten sich Scott und seine Männer auf den Rückweg. Doch ihr Basislager sollten sie nicht mehr erreichen. Rund 18 Kilometer davon entfernt erfroren die Männer während eines Schneesturms. "Um Gottes willen - sorgt für unsere Hinterbliebenen!" war der letzte Satz, den Scott in sein Tagebuch schrieb. Acht Monate später wurden die Leichen gefunden.

Amundsen kehrte als erfolgreicher Eroberer zurück nach Norwegen. Doch auch er fand den Tod im ewigen Eis. Nach seiner erfolgreichen Expedition zum Südpol widmete er sich wieder seiner eigentlichen Leidenschaft - der Arktis. Er flog 1926 als erster Mensch über den geografischen Nordpol, bevor er 1928 von einer Rettungsaktion im Eis nicht zurückkehrte.

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