Erste frei gewählte DDR-Volkskammer : Meilensteine der Gesetzgebung im Überblick
Von der Treuhand bis zum Einigungsvertrag - in dem halben Jahr ihres Bestehens stellte die erste frei gewählte Volkskammer der DDR wichtige Weichen für die Zukunft.
Am 18. März 1990 fand die erste und zugleich letzte demokratische Wahl zur Volkskammer der DDR statt. In den sechs Monaten zwischen der Konstituierung und der letzten Sitzung am 2. Oktober 1990 bewältigten die Mitglieder der Volkskammer ein beachtliches Arbeitspensum: In 38 Sitzungen berieten und verabschiedeten sie 164 Gesetze und 93 Beschlüsse. Von den Entscheidungen waren nicht wenige wegweisend für die weitere Entwicklung. Eine Auswahl an Weichenstellungen des Parlaments.
Juni
17. Juni: Die Volkskammer verabschiedet das von der DDR-Regierung beschlossene Treuhandgesetz. Ziel ist die Privatisierung des volkseigenen Vermögens und Herstellung der Wettbewerbsfähigkeit möglichst vieler Unternehmen. Die Treuhandanstalt entsteht, die 8.500 Staatsbetriebe mit mehr als vier Millionen Beschäftigten privatisieren soll.

In nur sechs Monaten wickelt die erste und letzte frei gewählte Volkskammer die DDR ab und ebnet den Weg zur Einheit.
21. Juni: Mit 302 Ja- gegen 82 Nein-Stimmen bei einer Enthaltung nimmt die Volkskammer das Gesetz zum Vertrag über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion mit der Bundesrepublik an. Mit ihrem Inkrafttreten am 1. Juli wird die D-Mark alleiniges Zahlungsmittel in der DDR.
Juli
22. Juli: Die Abgeordneten verabschieden mit Zweidrittelmehrheit das “Ländereinführungsgesetz", mit dem die 1952 abgeschafften Länder Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen mit leichten Grenzkorrekturen wiederhergestellt werden. Sie sollen ursprünglich am 14. Oktober mit der Wahl der Landtage erneut entstehen, doch wurde der Termin im Einigungsvertrag auf den 3. Oktober vorgezogen.
August
23. August: Die Volkskammer beschließt in den frühen Morgenstunden den Beitritt der DDR zum Geltungsbereich des Grundgesetzes mit Wirkung vom 3. Oktober.
24. August: Das "Gesetz über die Sicherung und Nutzung der personenbezogenen Daten des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit / Amtes für Nationale Sicherheit" wird von der Volkskammer mit nur einer Gegenstimme verabschiedet. Danach sollen die Stasi-Unterlagen in Sonderarchive der fünf künftigen Länder und einem Zentralen Sonderarchiv überstellt werden.

Im April 1990 besetzten 30 Personen die ehemalige Stasi-Zentrale. Liedermacher Wolf Biermann (m.) und Joachim Gauck (l.) zeigen sich solidarisch mit den Protesten.
Fast einstimmig fordert das Parlament am 30. August die DDR-Regierung auf, sicherzustellen, dass das Gesetz "unverzichtbarer Bestandteil der dem Einigungsvertrag beigefügten Liste 'Fortgeltungsrecht der DDR' wird". Es bildet später die Grundlage für das sogenannte "Stasi-Unterlagen-Gesetz", das der gesamtdeutsche Bundestag 1991 beschließt.
September
20. September: Mit der notwendigen Zweidrittelmehrheit (299 Ja-Stimmen, 80 Nein-Stimmen, eine Enthaltung) ratifiziert die Volkskammer den Ende August unterzeichneten Einigungsvertrag mit der Bundesrepublik.

In Ostberlin unterzeichnen die beiden Verhandlungsführer DDR-Staatssekretär Günther Krause (r.) und Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (l.) den Einigungsvertrag.
28. September: Das Parlament stimmt einem Antrag zu, den Abgeordneten und späteren Bundespräsidenten Joachim Gauck als Sonderbeauftragten der Bundesregierung für die Unterlagen des DDR-Staatssicherheitsdienstes vorzuschlagen.
Mehr zur Volkskammer

Vor 35 Jahren trat die erste frei gewählte DDR-Volkskammer zusammen. Innerhalb von sechs Monaten entschieden die Volksvertreter über die deutsche Vereinigung.

Die Treuhand sollte nach der Wende die volkseigenen Betriebe der DDR privatisieren. Ihre Entscheidungen wirken bis heute nach.