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Stasi-Spitzel in Bonn : "Ein hochgeschätzter Freund der DDR"

Heribert Schwan erzählt die spannende Geschichte der Ausspähung der Bundespräsidenten durch das Ministerium für Staatssicherheit der DDR.

13.06.2024
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2 Min

Es war kein Zufall, dass Helmut Kohl den Journalisten Heribert Schwan zum Ghostwriter seiner Erinnerungen machte, auch wenn diese Zusammenarbeit unschön endete. Schwan gehört zu den besten Kennern unserer Zeitgeschichte. Sein neues Buch über die Ausspähung der Bundespräsidenten durch das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) der DDR belegt seine überragende Expertise.

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Auf den ersten Blick kommt das Buch wenig spektakulär daher: Nach etwas langatmigen Berichten über die Amtszeiten der sechs Bundespräsidenten zwischen 1949 und 1994 - Theodor Heuss, Heinrich Lübke, Gustav Heinemann, Walter Scheel, Karl Carstens und Richard von Weizsäcker - erfährt der Leser Wissenswertes über die Methoden der Informationsbeschaffung der Stasi und ihre Interna. Die Analyse der Archivunterlagen gelingt Schwan so spannend, dass sie sich wie ein politischer Roman liest.

Einblicke in Lebensläufe von Stasi-Spitzeln

Neben den Biografien der sechs Bundespräsidenten enthält das Buch die Lebensläufe ausgewählter Stasi-Spitzel: Ihre Decknamen lauteten "Olaf", "Flöt", "Friedrich", "Karstädt", "Max", "Komet", Brede", "Iris" oder "Krüge". Die sogenannten "Kundschafter des Friedens" unter der Leitung von Markus Wolf durchleuchteten das politische Bonn, berichteten aus dem Bundeskanzleramt, den Ministerien und aus dem Präsidialamt. Die dritte Reihe von Schwans "Romanhelden" bilden die Stasi-Offiziere, die Spitzel anwarben, betreuten und deren Berichte über den jeweiligen Bundespräsidenten analysierten. Ursprünglich arbeiteten sie als Mechaniker, Handwerker oder Landwirt, bevor sie die Karriereleiter erklommen und zum Offizier oder General des MfS aufstiegen.


Heribert Schwan:
"Heuss weiß es und billigt es."
Die erstaunliche Geschichte der Bundespräsidenten und ihrer Ausspähung durch die DDR-Staatssicherheit.
Heyne,
München 2024;
368 Seiten, 25,00 €


Neben Tausenden Seiten Stasi-Akten, darunter Agentenberichte, Observationsprotokolle und Abschriften abgehörter Gespräche, sichtete Schwan die Erinnerungen der beteiligten Akteure und die entsprechende Sekundärliteratur. Dabei stützt er sich auch auf die umfangreichen Veröffentlichungen deutscher Historiker, die die Lebensläufe und das politische Schaffen der Bundespräsidenten bereits detailliert erforschten, unter anderen das im vergangenen Jahr erschienene Standardwerk von Norbert Frei "Im Namen der Deutschen" über die NS-Vergangenheit der Bundespräsidenten.

Propaganda und gezielte Verleumdung westdeutscher Akteure

Schwan zeichnet nach, welchen Wissensstand die DDR-Führung über die politischen Machtverhältnisse in Bonn hatte, unter besonderer Berücksichtigung der Außen- und Sicherheitspolitik einschließlich der Staatsbesuche der Bundespräsidenten. Das erworbene Wissen wurde nicht nur nutzbringend von der DDR-Außenpolitik verwendet, sondern es diente der Desinformation, Propaganda und gezielten Verleumdung westdeutscher Akteure in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft.

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Bemerkenswert ist die Schlussfolgerung Heribert Schwans, warum Ost-Berlin bei der Ausspähung der sechs Bundespräsidenten unterschiedliche "aktive Maßnahmen" einsetzte. So ignorierte die Stasi "ambivalente Haltung" von Heuss zum Nationalsozialismus, während sie gegen Lübke mit einer massiven Diffamierungskampagne vorging. Besonders beliebt war Richard von Weizsäcker: Er galt den Genossen "als hoch geschätzter Freund der DDR".