Nancy Pelosi : Von den Kämpfen einer streitbaren Parlamentarierin
Seit 1987 kämpft Nancy Pelosi im Repräsentantenhaus für die Sache ihrer Demokraten. Nun meldet sie sich mitten im Wahlkampf mit ihren politischen Memoiren zu Wort.
Nancy Pelosi zerreißt nach Donald Trumps Rede zur Lage der Nation am 4. Februar 2020 demonstrativ ihre Kopie seines Redemanuskripts.
Sie war die wohl prominenteste Gegenspielerin von Donald Trump während dessen Präsidentschaft. Und es ist sicherlich kein Zufall, dass sich die demokratische Kongressabgeordnete und ehemalige Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, just in jenem Jahr, in dem Trump erneut an die Tür des Weißen Hauses klopft, mit einem Buch zu Wort meldet.
Als Trump am 4. Februar 2020 seine Rede zur Lage der Nation vor dem Kongress hielt, da zerriss Pelosi auf dem Präsidium hinter Trump vor laufenden Kameras demonstrativ das ihr vorliegende Redemanuskript des Präsidenten. Am folgenden Tag scheiterte das erste von Pelosi eingeleitete Amtsenthebungsverfahren gegen Trump im republikanisch dominierten Senat. Ein Jahr später sollte auch das zweite von ihr initiierte Impeachment wegen Trumps unverhohlenem Aufruf zum Sturm auf das Kapitol scheitern.
Pelosi war die erste Frau auf dem Posten des Sprechers des Repräsentantenhauses
Nun ist es mit Büchern von Politikern so eine Sache: Wo der Leser nach Einblicken hinter die Kulissen des politischen Apparats und kritischer Selbstreflexion sucht, findet er allzu oft eine Menge Politprosa und Eigenlob. Das ist auch bei Nancy Pelosi leider an etlichen Stellen nicht viel anders. Wobei sie durchaus Grund für Stolz hat. Als erste Frau auf dem im amerikanischen Verfassungsgefüge so wichtigen Posten des Sprechers des Repräsentantenhauses von 2007 bis 2011 und dann erneut von 2019 bis 2023 hat sie Geschichte geschrieben.
Nancy Pelosi:
Woman of Power.
Goldmann,
München 2024;
384 S., 24,00 €
Vor allem vermittelt die Lektüre ihres Buches - es ist keine Autobiografie, sondern eher eine Auswahl ihrer politischen Kämpfe und Überzeugungen - ein recht gutes Bild des Menschen und der Politikerin Pelosi. Da ist die typische Amerikanerin, die fest in den Werten ihres Landes verwurzelt ist: Familie, Glaube, Patriotismus. Ergänzt wird dies durch jenen pathosgeschwängerten Exzeptionalismus, der den USA eine herausragende Rolle als Hort der Freiheit zuspricht. In Pelosis Ausführungen über ihr Eintreten für Menschenrechte in China und für die Eigenständigkeit Taiwans wird dies besonders deutlich. Und sie ist eine Vertreterin des schier unerschütterlichen Optimismus, der so viele Amerikaner auszeichnet.
Pelosis Buch zeigt aber auch jene überzeugte Parlamentarierin, die dem Kongress seit 1987 angehört. Zum Beispiel, wenn sie sämtlichen US-Präsidenten einen Hang zur Selbstüberschätzung attestiert. In der Belüftungsanlage des Weißen Hauses müsse wohl ein berauschender Stoff stecken. Auch Barack Obama sagt sie auf den Kopf zu, dass er seine Gesundheitsreform dem Kongress zu verdanken habe, der das Gesetz geschrieben habe. Von "Obamacare" ist bei Pelosi nicht die Rede.
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