Vor 50 Jahren : Als erstmals NS-Kunst ausgestellt wurde
Die Ausstellung „Kunst im 3. Reich“ sorgte im Herbst 1974 für Proteste. Kritiker warnten vor Verharmlosung, die Macher setzten auf eine kritische Auseinandersetzung.
"Die Kunst im Dritten Reich hatte die Aufgabe, Wirklichkeit zu verstellen und jedes Bewusstsein von ihr zu zerstören." So blickte Georg Bussmann auf das Werk der Nazis. Dennoch oder gerade deshalb kuratierte Bussmann als Direktor des Frankfurter Kunstvereins eine Wanderausstellung unter dem Titel "Kunst im 3. Reich - Dokumente der Unterwerfung". Sie startete am 15. Oktober 1974.
Nach dem Zweiten Weltkrieg galt Nazi-Kunst als gefährlich. Die amerikanische Militärverwaltung ordnete die Abschließung der Machwerke an. Entsprechend heftig wurde die Ausstellung schon in ihrem Planungsstadium diskutiert. Es gab Proteste und Petitionen. Kritiker befürchteten, es gebe junge Leute, die nicht mehr wüssten, was Auschwitz war und könnten so die Ausstellung völlig unbefangen genießen.
Eine Bürgerinitiative sah in der Veranstaltung eine "Verharmlosung des Faschismus" und forderte ein Verbot. Die Macher und Befürworter verteidigten die Ausstellung; sie sei eine Reaktion "auf eine gegenwärtig verbreitete Verharmlosung und nostalgische Rezeption des Nationalsozialismus". Ziel sei es, "die politische Funktion der Kunstproduktion des Dritten Reiches zu analysieren". Erstmals wurden dazu, zunächst in Frankfurt, später in Hamburg und Stuttgart, Malerei, Bildhauerei und Architekturmodelle aus der Zeit des NS-Regimes ausgestellt. Wandtexte kommentierten die Werke.
Als die Ausstellung lief, beruhigte sich die mediale Debatte. "Politisch weitgehend ungefährlich", urteilte "Die Zeit". Das "Hamburger Abendblatt" glaubte, dass "heute niemand mehr durch diese Art von Kunst verführt werde. Es handelt sich durchweg um höchst miserable Bilder, die entweder schlecht gemalt oder allzu verlogen sind".
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