Vor 65 Jahren : Bundestag beschließt Entschädigungen für NS-Unrecht
1960 beschließt der Bundestag Entschädigungszahlungen für NS-Verfolgte aus Norwegen und Dänemark – ein wichtiger Schritt in der deutschen Wiedergutmachungspolitik.
„Ich glaube, es ist gerade in der gegenwärtigen Zeit notwendig, immer wieder daran zu erinnern, weil ja allzu leicht vergessen wird, was in dieser unglücklichen Zeit geschehen ist“, sagte Alfred Frenzel (SPD) am 11. März 1960 zu Beginn seiner Rede vor dem Bundestag. Der Nationalsozialismus habe „seine Gewalttaten“ nicht nur innerhalb des Deutschen Reiches verübt, sondern „dieselben Gewaltmaßnahmen“ auf besetzte Länder ausgedehnt, fuhr er fort. „Die Menschen aus den besetzten Gebieten, die nicht mit dem Nationalsozialismus einverstanden waren, kamen ebenso wie die Gegner des Nationalsozialismus im Altreich in die Gefängnisse, in die Kerker, in die KZs.“
Entschädigung Einzelner im Fokus
Um deren Leid und das erlittene Unrecht zumindest materiell zu entschädigen, schloss die Bundesrepublik als Nachfolgestaat des Deutschen Reiches mit betroffenen Staaten Verträge, die der Bundestag verabschieden musste. Am jenem 11. März beschloss das Parlament Wiedergutmachungszahlungen für norwegische und dänische Staatsbürger.
Dabei ging es nicht um Reparationszahlungen, die zwischen Ländern ausgehandelt werden, um für Kriegsschäden, etwa durch Zerstörung, zu entschädigen. Bei Wiedergutmachungszahlungen stand vielmehr die Entschädigung einzelner für NS-Unrecht im Vordergrund. Also Zahlungen, die Deutschland Menschen zahlte, die vom NS-Regime verfolgt worden waren. Darunter fielen auch Rückerstattungen von Vermögen, die vor allem Juden zwischen 1933 und 1945 unrechtmäßig entzogen worden waren.
Globalabkommen: Deutschland zahlte Millionen an NS-Verfolgte im Ausland
Während solche Rückerstattungen bis Ende der 1950er Jahre zunächst abgeschlossen waren, wandten sich Norwegen und Dänemark mit neun weiteren Staaten an die Bundesrepublik, um Wiedergutmachungsleistungen für ihre Staatsbürger zu erwirken, die bisher nicht berücksichtigt worden werden. Bislang hatten nach dem Bundesentschädigungsgesetz nämlich nur solche Opfer des Nationalsozialismus Ansprüche, die in der Bundesrepublik oder in den Grenzen des Deutschen Reiches von 1937 lebten. Dass ausländische NS-Verfolgte nicht in die bundesdeutsche Entschädigungspraxis einbezogen wurden, wurde zu einem zentralen Punkt in den Beziehungen der Bundesrepublik zu seinen westlichen Nachbarstaaten.

Jahrzehntelang blieben sie unsichtbar: Menschen, die von den Nazis als "Asoziale" oder "Berufsverbrecher" verfolgt wurden. Eine Ausstellung erzählt ihre Geschichten.

In den 1920er-Jahren war Berlin für viele queere Menschen ein Sehnsuchtsort. Doch ab 1933 bestimmten Denunziationen und Verhaftungen den Alltag unter den Nazis.
Der Bundesregierung gelang es zwischen 1959 und 1964 mit zahlreichen westeuropäischen Ländern Pauschalzahlungen in sogenannten Globalabkommen zu vereinbaren. Die jeweiligen Regierungen verteilten die Gelder dann selbst. Insgesamt wurde eine knappe Milliarde D-Mark zur Verfügung gestellt. Die höchste Summe bekam Frankreich mit 400 Millionen D-Mark, gefolgt von den Niederlanden (125 Millionen) und Griechenland (115 Millionen).
Norwegen und Dänemark, mit denen die ersten Abkommen geschlossen wurden, bekamen 60 beziehungsweise 16 Millionen D-Mark. Der Bundestagsausschuss für Wiedergutmachung, der sich mit Fragen der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts befasste, billigte die entsprechenden Gesetzentwürfe im März 1960 einstimmig. Auch der Bundestag nahm die Gesetze mit großer Mehrheit bei einigen Enthaltungen an. Vor dem Hintergrund des Ost-West-Konflikts traf man mit osteuropäischen Ländern andere Vereinbarungen, etwa zinsgünstige Darlehen zum Aufbau der Infrastruktur.