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Bei den Planern der "Polarstern II" : Ein Schiff der Superlative

Die neue "Polarstern" wird ein Schiff der Extreme – für Wissenschaft, Nachhaltigkeit und Zukunftsfragen. Ab 2030 soll sie zwischen Arktis und Antarktis pendeln.

11.04.2025
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3 Min

Ein Hauch von Seeluft liegt über Bremerhaven an diesem klaren Frühlingsmorgen. Vom Büro des Alfred-Wegener-Instituts (AWI) reicht der Blick bis zur Weser. Noch ist die "Polarstern II" in der Planung. Doch ab 2030 soll sie dort festmachen: ein Forschungsschiff der Superlative, geschaffen für die Extreme des Eises. Ein schwimmendes Labor und ein Zuhause auf Zeit für bis zu 120 Menschen.

Foto: Stefanie Arndt

Als Expeditionsschiff und Versorger der Neumayer-Station III in der Antarktis ist das Forschungsschiff "Polarstern" eine zentrale Säule der deutschen Polarforschung.

Derzeit ist ihre Vorgängerin im Einsatz - und das bereits seit 1982. In mehr als vier Jahrzehnten hat die "Polarstern" über zwei Millionen Seemeilen zurückgelegt, was nahezu 90 Erdumrundungen entspricht. "Die Polarstern pendelt regelmäßig zwischen Arktis und Antarktis", sagt Detlef Wilde, Projektdirektor am Alfred-Wegener-Institut und verantwortlich für den Neubau.

Und genau das soll auch in Zukunft so bleiben. Wenn die neue "Polarstern" voraussichtlich im Jahr 2030 ihren Dienst aufnimmt, wird ihre Vorgängerin fast 50 Jahre alt sein - ein bemerkenswertes Alter für ein Schiff, das über Jahrzehnte durch das Packeis manövriert wurde. "Das ist wirklich beachtlich, vor allem wenn man bedenkt, dass viele Containerschiffe nur für eine Lebensdauer von 20 bis 25 Jahren gebaut werden", sagt Projektleiter Wilde.

So innovativ wird die “Polarstern II”

Die "Polarstern II" wird als moderner Forschungseisbrecher konzipiert, der ganzjährig in den eisigen Gewässern der Arktis und Antarktis unterwegs sein soll. Das neue Schiff soll einmal die Anforderungen der Polarklasse 2 erfüllen. Das bedeutet, es kann selbst durch dichte, mehrjährige Meereisdecken sicher manövrieren. Auch hinsichtlich der Nachhaltigkeit soll die "Polarstern II" Maßstäbe setzen. So werde daran gearbeitet, den Antrieb nicht nur mit Diesel, sondern auch mit grünem Methanol zu ermöglichen. Für Projektleiter Wilde ein bedeutender Fortschritt: “Das reduziert die Emissionen und ist ein klares Zeichen für eine umweltbewusste Polarforschung.”


„Ein Foto nach Hause zu schicken war undenkbar.“
Meereisphysiker Christian Katlein über das Leben an Bord

Eine weitere Innovation an Bord wird der sogenannte Moonpool - ein senkrechter Schacht, der durch den Rumpf des Schiffs verläuft. Durch ihn können Messinstrumente und Unterwasserroboter selbst dann ins Meer gelassen werden, wenn das Schiff komplett von Eis eingeschlossen ist. "So lassen sich hochsensible Geräte geschützt vor Wind und Wetter einsetzen", erklärt der Meereisphysiker Christian Katlein. Er forscht seit über einem Jahrzehnt in den Polarregionen und ist maßgeblich an der Planung des Neubaus beteiligt.

Mehr als ein Eisbrecher: Die “Polarstern” ist eine schwimmende Forschungsstation

Wie schon ihre Vorgängerin soll auch die "Polarstern II" nicht nur als Forschungsplattform, sondern auch für logistische Aufgaben eingesetzt werden. In regelmäßigen Abständen soll sie die deutsche Antarktisstation "Neumayer III" versorgen - unter anderem mit Lebensmitteln, medizinischer Ausrüstung und technischen Komponenten, etwa für den Ausbau nachhaltiger Energieversorgung wie Windkraftanlagen.

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Doch was macht ein Schiff wie die "Polarstern II" nicht nur zu einem Eisbrecher, sondern auch zu einer vollwertigen Forschungsstation? An Bord sind modern ausgestattete Labore, eine Krankenstation, Besprechungsräume und sogar eine kleine Bibliothek geplant. Für den Ausgleich in der Freizeit steht der Besatzung ein Fitnessraum und ein kleines Schwimmbecken zur Verfügung. Was zunächst nach Komfort klingen mag, ist in Wahrheit funktionale Notwendigkeit - denn auf monatelangen Expeditionen unter extremen Bedingungen sind körperliche und mentale Ausgeglichenheit entscheidend.

Vom Satellitentelefon zur stabilen Internetverbindung in Extremregionen

Trotz aller Herausforderungen ist das Leben an Bord im Laufe der Jahre komfortabler geworden. Der Wissenschaftler Katlein erinnert sich an seine erste Expedition mit der "Polarstern" im Jahr 2011: Damals war lediglich eine E-Mail pro Tag mit maximal zehn Kilobyte erlaubt. "Ein Foto nach Hause zu schicken war undenkbar. Manchmal musste man sogar den letzten Teil der Nachricht löschen, damit sie verschickt werden konnte", erzählt er. Heute ist die digitale Infrastruktur deutlich besser: Stabiles WLAN ermöglicht nicht nur E-Mails, sondern auch Telefonate nach Deutschland - etwas, das vor zehn Jahren kaum denkbar war. "Damals kostete ein Anruf mit dem Satellitentelefon zwei bis drei Euro pro Minute", sagt Katlein.

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Wenn er von der "Polarstern" spricht, ist ihm die Begeisterung anzumerken. Für ihn ist es "eine wunderbare Erfahrung, mit dem Schiff in den Polarregionen unterwegs zu sein und zu forschen."

Und auch außerhalb der Wissenschaft weckt die "Polarstern" Begeisterung: Als das Schiff zuletzt in Bremerhaven einen Tag lang für Besucher geöffnet wurde, kamen mehr als 20.000 Menschen. Der enorme Andrang zeigt: Auch das öffentliche Interesse an der Polarforschung ist ungebrochen.