Parlamentarisches Profil : Der Gelassene: Armin Laschet
Im Stile eines Elder Statesman hat Ex-Kanzlerkandidat Armin Laschet seine Rolle als Außenpolitiker im Bundestag gefunden.
Witziges und Ernstes nah beieinander und dennoch authentisch zu halten, gehört zu Armin Laschets Eigenschaften. "Das muss von draußen kommen", sagt er über den Hauch von Zigarillo im Büro. Es klingt nach Schalk. "Gut, ab und zu rauche ich einen auf dem Balkon", schiebt er nach. Und wendet sich dem Thema des Tages zu, zu dem er mit einem komischen Magengefühl aufgewacht ist, in der Früh auch im "Morgenmagazin" interviewt wurde: das Gedenken an die Reichspogromnacht. "In den letzten Jahren beging man den Tag mehr mit Blick auf die Maueröffnung, jetzt aber ist es ganz klar", sagt er, "jetzt ist alles wieder da". An Wohnhäuser gesprühte Davidsterne zur Markierung, Ladeninhaber in Angst.
Armin Laschet war schon CDU-Parteivorsitzender, Ministerpräsident in NRW und Kanzlerkandidat. Heute sitzt der Aachener im Auswärtigen Ausschuss des Bundestages.
Armin Lachet, Bundestagsabgeordneter für die CDU aus Aachen, schüttelt sich. Die Bundesregierung hatte er vor ein paar Tagen kritisiert, weil sie sich bei einer UN-Resolution, welche die Massaker der Hamas an Israelis nicht erwähnte, enthielt. "Man muss die Leute an ihren eigenen Maßstäben messen", sagt Laschet, "und da wurde die Chance zur Solidarität mittels einer Neinstimme nicht genutzt. Wir sind nicht Mittler. Es ist doch ganz klar, dass wir Partei sind. An der Seite Israels".
Nicht mehr in der ersten Reihe
Eine klare Haltung, und dann mit allen reden - so fasst Laschet, 62, seine Auffassung von Außenpolitik zusammen. Seit 2021 sitzt er im Bundestag, im Auswärtigen Ausschuss. Aber da wiegt noch mehr. Bis dahin war er CDU-Parteivorsitzender, Ministerpräsident in NRW und Kanzlerkandidat. Bei letzterem hatte er klargemacht, nach Berlin zu gehen, auch im Falle einer Niederlage, wie es dann kam. Ihm indes Wehmut zu entlocken, fällt schwer. "Ich schaue gern zurück", sagt er, als Landeschef eines Bundeslandes sei man auf Landesebene eine Mischung aus Bundespräsident und Kanzler, das habe ihm gefallen: Leute zusammenbringen, repräsentieren, Verantwortung zeigen. Im Wahlkampf mit Olaf Scholz von der SPD und Annalena Baerbock von den Grünen habe die drei etwas zusammengeschweißt, "wir wollten, dass es fair zugeht und die Gesellschaft nicht gespaltet wird - wie in den USA". In den Sozialen Medien kriegte Laschet von den Dreien indes die meiste "Hatespeech" ab, "das kam von allen Seiten". Er war angreifbarer. Brachte Emotion und Menschelndes in die Politik. Und bezahlte dafür in einer Zeit, in der Politiker jede Sekunde beobachtet werden.
Nun also nicht mehr erste Reihe. 1981 sei er erstmals in Israel gewesen, erzählt er, "das war meine erste große Auslandsreise überhaupt", eine Pilgerfahrt der Freundesgruppe seiner Eltern. Da war die Wüste, der See Genezareth, das Osterfest in Jerusalem, das Beieinander der drei monotheistischen Religionen; die Ergriffenheit blieb Laschet erhalten.
In seiner Schulzeit schon war er "aktiv", aber nicht im Parteisinne. Engagierte sich in der Schülerzeitung, gründete eine Nord-Süd-Gruppe mit Spendenaktionen für Entwicklungshilfe, war Betreuer in der katholischen Jugendarbeit; in seinem Büro steht ein Kreuz. Jemand in der CDU umwarb ihn, dreimal habe der das Anmeldeformular in seinen Briefkasten geworfen, "dann trat ich halt ein". Die christliche Prägung habe ihn dazu gebracht, "die Grünen waren mir damals in ihrer Gründungszeit zu linksradikal".
"Europäisch macht Scholz zu wenig"
Laschet studierte Jura, absolvierte nach dem Ersten Staatsexamen ein Volontariat bei einem Radiosender, arbeitete fürs Fernsehen und wechselte halbtags als Redenschreiber ins Team von Bundestagspräsident Philipp Jenninger. Ein Jahr später wurde er Ratsherr im Aachener Stadtrat. 1994 dann der Bundestag, 1999 das Europäische Parlament, 2005 Landesminister, 2010 Landtagsabgeordneter und 2017 Ministerpräsident - die Stationen wirken atemlos. Laschets Hemd strahlt im Büro irgendwie weißer als weiß.
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Nun, im Bundestag, schließt sich ein Kreis. Eines aber blieb: Hinterm Schreibtisch ein Gemälde, "Rheinisches Wolkenbild"; es hing schon in seinem Regierungsbüro in Düsseldorf. Er würde außenpolitisch vieles so machen wie nun Kanzler Scholz, sagt er, ganz Elder Statesman. "Aber deutsch-französisch, europäisch macht er zu wenig." Der Rhein auf dem Bild funkelt graublau.