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Parlamentarisches Profil : Der Nachdenkliche: Karsten Klein

Nur noch wenige Tage ist der Liberale Karsten Klein Bundestagsabgeordneter. Die von Union und SPD vorgelegten Schuldenpläne lehnt der Aschaffenburger entschieden ab.

14.03.2025
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3 Min

Aus einem schrumpfenden Büro heraus muss der Abgeordnete Karsten Klein Mammutprojekte parlamentarisch begleiten. "Das ist schon schwierig angesichts der Herausforderungen", sagt er. Es ist Donnerstag um zehn, gleich geht es ins Plenum: Union und SPD wollen noch im "alten" Bundestag Grundgesetzänderungen vorstellen, es geht um die Finanzierung der Bundeswehr und um ein Sondervermögen für Infrastruktur, sprich: mehr Schulden.

Foto: picture alliance / dts-Agentur

Der FDP-Abgeordnete Karsten Klein ist seit 2017 Mitglied des Bundestages. Er fordert, dass sich politische Entscheidungen rechnen und einen Mehrwert für die Gesellschaft haben.

Vom Fußballplatz zur FDP

Dazu hat Klein, 47, einiges zu sagen. Immerhin spielte er jahrelang als Vorstopper beim TuS 1883 Aschaffenburg-Leider e.V., da passt man auf, dass nichts anbrennt. Nur sind es für den FDP-Abgeordneten, der seit 2017 für die Liberalen im Bundestag sitzt, die letzten Tage als Volksvertreter auf Bundesebene; seine Partei verpasste bei der Wahl Ende Februar den Wiedereinzug

Seitdem wird die Infrastruktur in seinem Büro teilweise abgebaut, einige Mitarbeiter sind wegen Resturlaubs nicht mehr da. Ein wenig Wehmut schwingt in seiner Stimme mit. "Ich hatte nicht damit gerechnet, dass wir noch derart in Anspruch genommen werden." Und: "Der Wahlausgang ist bitter für uns, aber ich spüre auch Dankbarkeit, dass wir diesen Job verrichten durften. Volksvertretung ist ein Privileg." Doch der Unterfranke zeigt sich auch kritisch: "Wenn Friedrich Merz im Wahlkampf nur andeutungsweise das gesagt hätte, was er nun durchzieht, säßen wir auch im neuen Bundestag", gibt er sich mit Blick auf die avisierten neuen Schulden sicher.

Foto: Karsten Klein
Karsten Klein
Karsten Klein ist seit 1999 Mitglied in der FDP und sitzt seit 2017 für die Liberalen im Bundestag. Dort engagiert sich der Diplom-Kaufmann im Haushaltsausschuss. Der aus Aschaffenburg stammende Klein war von 2008 bis 2013 Mitglied des Bayerischen Landtags.
Foto: Karsten Klein

Sein politisches Engagement begann zur Schulzeit. Klein war an seinem Gymnasium Schülersprecher, Mitgründer der Schülervertretung. Vor allem die fehlende Durchlässigkeit des Schulsystems habe ihn damals gestört, sagt er, und das habe an durch die CSU zementierten Strukturen gelegen. "Bei meinen Kindern sehe ich heute, dass sich zum Glück in Bayern viel getan hat. Unser Engagement von damals hat Früchte getragen." Zur FDP sei er gekommen, weil sie die einzige Partei sei, die den einzelnen Menschen in den Vordergrund stelle, "nicht als Egoist, sondern als Teil der Gesellschaft".

Klein befürchtet eine Verdopplung der Staatsschulden und der Zinsbelastung

Ende des Monats wird Klein dann endgültig nach Aschaffenburg zurückkehren. Zum Stadtrat, in dem er seit 2008 sitzt, und zum Sportverein, dem er seit zwölf Jahren vorsteht. "Ich liebe meine Heimat", sagt er. "Sie gibt mir auch in der jetzigen Lage Halt." Dann ruft das Plenum.


„Es ist ein Negativ-Geschäft, bei dem am Ende für die Zukunft unserer Kinder nichts gewonnen wird.“
Karsten Klein (FDP)

Diplom-Kaufmann Klein wirbt auf seiner Website mit dem Motto "Politik, die rechnen kann". Was heißt das in diesen Tagen? "Dass man vom Ende her denkt", entgegnet er. Dass sich politische Entscheidungen rechnen, dass sie einen Mehrwert für die Gesellschaft haben. “Was Union und SPD planen, ist eine Verdopplung der Staatsschulden und auch der Zinsbelastung. Es ist ein Negativ-Geschäft, bei dem am Ende für die Zukunft unserer Kinder nichts gewonnen wird.”

Rückkehr in den Stadtrat von Aschaffenburg

Wie es persönlich für ihn weitergeht, wisse er noch nicht. Es sei zu viel los gewesen, auch nach der Wahl. "Ich konnte mir noch keine tiefgehenden Gedanken dazu machen." Nach seinem Studium der Betriebswirtschaftslehre hatte Klein als Marketing- und Vertriebsleiter einer Aschaffenburger Firma gearbeitet, dann als Geschäftsführer einer Forschungseinrichtung und schließlich als Forschungsreferent an der Hochschule Aschaffenburg; zwischen 2008 und 2013 vertrat er die FDP im Landtag. Seine Partei sieht er vor einer Zäsur: "Wir müssen uns personell und inhaltlich neu aufstellen. Aber der ganzheitliche Liberalismus als Ansatz sollte erhalten bleiben." Bürgerrechte sollten ebenso vertreten werden wie wirtschaftliche Vernunft. "Inhaltlich dürfen wir keine Verengung betreiben." 

Und, wie beurteilt er im Nachhinein den Bundestagswahlkampf? "Aufgrund der schwierigen Wirtschaftslage war eine Fokussierung auf Wirtschaft und Finanzen unumgänglich und geboten", sagt er. Hätte man sich diese Neuwahlen besser erspart? Er überlegt einen Moment. "Es gab den Punkt, ab dem wir in der Koalition keine Einigkeit mehr darüber hatten, wie das Land in die Zukunft geführt werden soll. Da war es auch richtig, das Regierungsbündnis zu beenden."

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