Parlamentarisches Profil : Die Macherin: Gabriele Katzmarek
Die Sozialdemokratin Gabriele Katzmarek stammt aus einer Bergarbeiterfamilie im Ruhrgebiet. Im Bundestag tritt sie für die Belange von Beschäftigten ein.
Wenn es im Bundestag einen virtuellen Maschinenraum gibt, der den parlamentarischen Betrieb am Laufen erhält, dann wird Gabriele Katzmarek nicht weit davon weg sein. Abgeordnete verfügen in der Regel nicht über schmale Terminkalender, doch ihrer ist noch ein wenig dicker: Nicht nur ist Katzmarek, Mitglied der SPD-Fraktion aus dem Wahlkreis Rastatt, im Wirtschaftsausschuss und stellvertretend in zwei weiteren - die 64-Jährige ist auch Parlamentarische Geschäftsführerin und damit für die Betriebstemperatur der Fraktion zuständig.
Gabriele Katzmarek ist seit 2013 Mitglied des Deutschen Bundestages. Sie sitzt für die SPD im Wirtschaftsausschuss und dem Ältestenrat.
Sie sitzt deshalb auch in Kommissionen, die dem Ältestenrat des Bundestags untergeordnet sind, "heute arbeiteten wir an einer Änderung der Hausordnung", berichtet sie, es geht um eine verschärfte Überprüfung von Mitarbeitern, um zu vermeiden, dass Personen, die extremistisches Gedankengut pflegen und ihre Beschäftigung hier im Hause nutzen, um demokratiefeindlich zu agieren, überhaupt Zutritt bekommen. "Anfangs hatte ich meine Zweifel, bei solchen Abfragen nicht nur Polizeiinformationen, sondern auch welche vom Verfassungsschutz hinzuzuziehen", sagt sie, "aber zum Schutz des Parlaments ist dies leider notwendig". Und morgen um acht tagt eine weitere Kommission, die sich unter anderem um die Arbeitsverträge der bei Abgeordneten Beschäftigten kümmert.
Es ist Mittwoch, 17 Uhr. In einer Stunde hat sie Plenardienst, open end. Was bei diesem Pensum indes überrascht, ist ihre Gelassenheit. Katzmarek lädt in ihr Büro, das mit Souvenirs heimelig bestückt ist, wie zu einem Plausch ins Wohnzimmer. Vielleicht hat das zwei Gründe.
Die gelernte Chemielaborantin trug in ihrer Jugend Zeitungen aus
Zum einen hat sie beschlossen, dass mit dieser Legislatur für sie Schluss ist. "Es ist dann Zeit für neue Schritte in meinem Leben, für mehr liegengebliebene Beziehungspflege, mehr Ehrenamt" zählt sie auf. "Ich bin zwar hin- und hergerissen, weil das Gestalten hier mir große Freude bereitet. Aber es ist wichtig, auch auf jüngere Nachfolgen zu achten." Und zum anderen kennt Katzmarek, was malochen ist. Sie stammt aus einer Bergarbeiterfamilie im Ruhrgebiet und schloss nach der Schule eine Ausbildung zur Chemielaborantin ab. "Abi stand gar nicht zur Debatte, das machten die Wenigsten aus meiner Grundschule."
Ihre Mutter hatte sich scheiden lassen, und weil die Zeit damals so war, wie sie war, erhielt sie wegen "böswilligen Verlassens" keinen Unterhalt. Sie als Tochter trug vor der Schule Zeitungen aus und half danach bei Kartoffel- und Rübenernte. Es blieb ein Ungerechtigkeitsgefühl, wegen der ausbleibenden Zahlungen, wegen der Blicke, wenn sie mit einem Gutschein zur sozialen Sicherung Butter einkaufte und wenn das Sozialamt zur Kontrolle vorbeikam, ob der beantragte Wintermantel tatsächlich notwendig war und keiner im Schrank hing.
Die Chemielaborantin Katzmarek engagierte sich in der Gewerkschaft, wurde dann von der IG Bergbau, Chemie, Energie angestellt und wirkte schließlich als Bezirksleiterin. Kein Wunder, dass sie seit ihrem Einzug in den Bundestag im Jahr 2013 industriepolitische Themen bearbeitete. "Es gibt in der Wirtschaft Probleme", sagt sie. "Aber man kann durch Schlechtreden eine Situation auch verschlechtern".
Soziale Sicherheit ist ein Hauptziel ihrer politischen Arbeit
Jetzt brauche es Investitionen. Natürlich, gewisse Entwicklungen seien verschlafen worden, wie neue Technologien in der Automobilwirtschaft. "Aber es geht nicht nur in eine Richtung: Zum Beispiel holt die industrielle Gesundheitswirtschaft gerade in Deutschland unheimlich auf und schafft viele neue Industriearbeitsplätze." Diese sei mittlerweile größer als die Automobilbranche.
Für Katzmarek war soziale Sicherheit ein Hauptziel ihres politischen Engagements. "Unser Einschreiten für die Belange der in der Industrie und im Handwerk Beschäftigten wird ein Hauptschwerpunkt im kommenden Wahlkampf sein", kündigt sie an. In den Bundestag kam sie, weil sie den Wahlkreis Rastatt aus ihrer Gewerkschaftsarbeit kannte, sie mehrere Betriebsschließungen begleitet hatte. Man habe sie gefragt, sagt sie. Da kommt die Mitarbeiterin rein, der Plenardienst ruft. Katzmarek zieht sich ihre Jacke ein und eilt hinaus.
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