Parlamentarisches Profil : Die Vielseitige: Daniela Ludwig
Die CSU-Politikerin wünscht sich mehr Geld für die Bildung. Das Startchancen-Programm adressiere nur ein Bruchteil der Schüler, sagt sie.
Daniela Ludwig (CSU) sitzt seit 2002 im Bundestag. Sie ist Vorsitzende des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung sowie Mitglied im Bildungsausschuss.
Das Büro der Schatzmeisterin des FC Bayern Fanclubs im Bundestag ist nicht vollends in den Vereinsfarben eingerichtet, auf dem Boden ein entsprechender Fußabtreter und auf dem Regal hinterm Schreibtisch ein Trikot - aber eigentlich verrichtet Daniela Ludwig im vierten Stock des Paul-Löbe-Hauses andere Aufgaben. Zum Beispiel muss sie sich als Mitglied des Bildungsausschusses das geplante Startchancen-Programm vornehmen, immerhin hat es die zuständige Bundesministerin Bettina Stark-Watzinger als "größtes und langfristiges Bildungsprojekt der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland" bezeichnet. Und Ludwig? Sie lehnt sich auf dem Sofa zurück. Verschränkt die Arme. Holt tief Luft. Dann beugt sie sich vor: "Da hat jemand zu laut auf die Werbetrommel gehauen." Außerdem habe es zu lange gedauert. Warum? "Gute Frage, nächste Frage."
Ludwig fordert Schulterschluss zwischen Bund und Ländern
Das Startchancen-Programm, welches Bund und Länder nun verabschiedet haben, soll binnen zehn Jahren rund 20 Milliarden Euro Schulen zugutekommen lassen. Damit will sich die Politik gegen die schwindende Kompetenzen bei Schülerinnen und Schülern stemmen. Es startet am 1. August und berücksichtigt soziale Rahmenbedingungen; vor allem sogenannte Brennpunktschulen sollen avisiert werden. "Das ist richtig und wichtig", bewertet Ludwig den Schwerpunkt, "aber so wird nur ein Bruchteil der Schüler adressiert". Ludwig, 48, Abgeordnete der CSU aus dem Wahlkreis Rosenheim, würde sich mehr Geld für die Bildung wünschen. "Wir haben ein Bildungsproblem in diesem Land", kommentiert sie das schlechte Abschneiden deutscher Schüler in internationalen Bildungsmonitorings. Aber halt, ist das nicht in erster Linie Ländersache? "Es braucht mehr Schulterschluss zwischen Bund und Ländern. Ich spüre schon eine große Gesprächsbereitschaft."
Ludwig ist Oppositionspolitikerin, da muss sie Kontra geben. Aber dass ihr der Hang zum Konstruktiven nicht abgeht, schimmert stets durch. Zwar bemängelt Ludwig, dass im Programm erstmal viel gebaut werden solle ("Davon wird kein Kind schlauer"), unterstreicht aber positiv, dass etwa die Schulsozialarbeit gestärkt wird. Tatsächlich ist Ludwig neu auf diesem Gebiet, obwohl sie seit 2002 im Bundestag sitzt. Sie schaut auf einen bewegten Parlamentarierweg zurück: Sie war Obfrau im Rechtsausschuss, arbeitete viel zu Verkehr, agierte als tourismuspolitische Sprecherin der Fraktion und firmierte als Drogenbeauftragte der Bundesregierung. Und sie steht, nicht zu vergessen, dem Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung vor.
Seit 2002 für die CSU im Bundestag
Für 48 Jahre ist das eine Menge. In den Bundestag kam sie 2002, obwohl man bei ihrer ersten Kandidatur versicherte: "'Nein, nein, auf keinen Fall kommst du rein. Soweit hinten zieht die Landesliste bestimmt nicht.'" Ludwig stand auf Platz 32, und als man sie in der Wahlnacht anrief und sagte, sie sei gewählt und solle zwei Tage später nach Berlin, dachte sie zuerst an einen Fake. Doch der damalige Spitzenkandidat Edmund Stoiber von der CSU hatte mehr Zweitstimmen als erwartet geholt - und Ludwig ihr Berufsleben neu zu planen.
Gerade hatte sie das Erste Staatsexamen in Rechtswissenschaften absolviert. Aber da fügte sich etwas: Mit zwölf hatte sie begonnen die Zeitung zu lesen, ihre Eltern mit Fragen gelöchert, dann mit 13 wollte sie unbedingt zum Sarg des verstorbenen CSU-Granden Franz Josef Strauß ("Er war sehr authentisch, ich mochte seine klare Aussprache") und noch als Schülerin schrieb sie mit Leserbriefen in der Lokalzeitung gegen den Aufstieg der rechtsorientierten "Republikaner" an; mit 18 wurde sie CSU-Mitglied. Und dann der Bundestag.
Mehr zum Thema Bildungsgerechtigkeit
Bildung ist eigentlich Ländersache. Doch immer wieder werden Rufe laut, ob der Bund nicht mehr tun könnte. Uwe Jahn und Ursula Weidenfeld im Pro und Contra.
Die Ampelkoalition verspricht sich vom Startchancenprogramm einen Paradigmenwechsel. Die Opposition bleibt skeptisch. Die AfD fordert einen Investitionsfonds.
Ein ehrgeiziges Bildungsvorhaben von Bund und Ländern soll im Sommer an den Start gehen - das Startchancenprogramm. Das Ziel: Bildung soll gerechter werden.
Ludwig scheint am richtigen Ort angekommen zu sein. Kandidierte 2005 für den Wahlkreis und gewann ihn seitdem. Den Vater, der sie 2002 zum ersten Flug nach Berlin zum Flughafen fuhr, machte das stolz. "Meine Eltern waren meine größten Stützen." Ihre Kindheit habe sie halb zwischen Büro und Werkstatt der Firma für Lüftungs- und Klimaanlagen verbracht, vom Vater aus dem Nichts heraus aufgebaut und mit der Mutter in Buchhaltung und Büro. Vom Arbeitsethos scheint einiges auf die Tochter übergegangen: Der nächste Termin wartet bereits.