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Parlamentarisches Profil : Die Zugewandte: Katrin Zschau

Katrin Zschau ist die neue Vorsitzende des Ausschusses für Klimaschutz und Energie. Die Debatten in der Ampel seien herausfordernd, man komme aber zu Ergebnissen.

26.04.2024
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3 Min

In ihrem Büro knirscht und zischt es, als zerrte ein kräftiger Winterwind an den Fenstern des Abgeordnetenbüros - aber im April? Ist das auch der Klimawandel? Katrin Zschau lacht. "Die Deckenplatten des Gebäudes bewegen sich", sagt sie, "das scheint ein Zusammenspiel aus Bahn und Bauarbeiten nebenan zu sein". Es ist Donnerstag, 9:30 Uhr, in dieser Woche dreht sich für die neu gewählte Vorsitzende des Ausschusses für Klimaschutz und Energie alles um das von den Regierungskoalitionen geplante neue Klimaschutzgesetz (KSG) und um das Solarpaket.

Foto: photothek.net

Katrin Zschau (SPD) sitzt seit 2021 im Bundestag. Seit dem 13. März 2024 ist sie Vorsitzende des Ausschusses für Klimaschutz und Energie.

"Durch die Reform des KSG wird nicht eine Tonne mehr CO2 ausgestoßen als nach dem bisherigen Gesetz", sagt Katrin Zschau, 46, aus dem Wahlkreis Rostock sofort. "Die Gesamtemissionsmenge bleibt unverändert." Die Betrachtung einer sektorübergreifenden Gesamtverantwortung sei gut, führt die Sozialdemokratin fort. "Aber der richtige Ansatz, dass Sektoren einander aushelfen, darf nicht zu einer unfairen Lastenverteilung führen. Es wäre problematisch zu denken, dass die Übererfüllung der einen die Trägheit der anderen Sektoren automatisch und längerfristig ausgleichen soll."

Zschau will keine Abhängigkeit vom asiatischen Markt

Seit Monaten ringt die Ampelkoalition um das Gesetz. Während sich SPD und Grüne dafür stark machten, dass CO2-Einsparziele sektorenscharf ausgewiesen werden, engagierte sich die FDP für mehr Flexibilität - nun einigte sich die Koalition darauf, dass das Erreichen der Ziele sektorenübergreifend berechnet werden soll; was vor allem FDP-Bundesverkehrsminister Volker Wissing beruhigen wird, verfehlt sein Ressort doch die bisherigen Ziele besonders stark. "Wir sind drei Partner mit unterschiedlichen Perspektiven", sagt Zschau. Dieses Auskämpfen sei herausfordernd, "aber wir kommen zu Ergebnissen". Das klingt salomonisch und entspricht ihrer moderierenden Rolle als Ausschussvorsitzende.

Ein bisschen gibt sie aber doch der FDP mit auf den Weg: "Durch Technologievorsprung allein wird sich das nicht alles regeln", sagt Zschau mit Blick auf die Debatte um Subventionen für Solar-Hersteller. "Wir wollen nicht von Produkten aus dem asiatischen Markt abhängen. Das ist übrigens auch eine Frage von Arbeitsplätzen."


„Es ist normal, dass die Leute von uns in der Politik fordern: 'Kriegt das bitte technisch in den Griff.'“
Katrin Zschau (SPD)

Erst seit 2021 sitzt Zschau im Bundestag, deren Nachname in der alphabetischen Auflistung ganz hinten auftaucht. Ihren Wahlkreis aber hatte sie mit 27 Prozent der Erststimmen gewonnen - eine Verbesserung des SPD-Ergebnisses um neun Prozentpunkte. Dann musste der Ausschussvorsitzende Klaus Ernst sein Amt aufgeben, weil er aus der Linksfraktion austrat und sich dem Bündnis um Sahra Wagenknecht beigesellte; oft kommt es nicht vor, dass "Parlamentsneulinge" Ausschüsse übernehmen. Diese Veränderung nimmt Zschau indes scheinbar gelassen hin. "Der Ausschuss behandelt Fragen, die nur im Team zu lösen sind. Das Amt soll den Parlamentarismus ernst nehmen." Sie wolle dafür einstehen, dass etwas gegen den menschengemachten Klimawandel unternommen wird. "Es ist normal, dass die Leute von uns in der Politik fordern: 'Kriegt das bitte technisch in den Griff.' Da müssen wir auch alles versuchen und geben, aber auch schauen, ob es reicht. Und dann ehrlich damit umgehen."

Seit 2008 Mitglied der SPD

Auf eine lange Parteikarriere schaut die Rostockerin nicht zurück. Schon als Teenager sei sie politisch interessiert gewesen, ja. Studierte Politik- und Verwaltungswissenschaften sowie Deutsche Sprache und Literatur. Erst 2008 trat sie der SPD bei, hatte vorher beim Deutschen Gewerkschaftsbund als Jugendbildungsreferentin gearbeitet, dann beim Landesverband für populäre Musik- und Kreativwirtschaft; seit 2010 ist sie Landesgeschäftsführerin der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft.

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So hätte es weitergehen können. Aber da war noch etwas wegen ihrer Kinder. "Ich wollte nicht später sagen, dass ich keine Verantwortung übernommen habe. Der sozial-ökologische Umbau ist schlicht notwendig." Am Ende dieses Gesprächs wird es plötzlich hektisch. Ein Telefon klingelt, der Computer piepst, und das Knirschen der Platten im Haus nimmt ein Crescendo.


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