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Nach dem Machtwort zum Gebäudeenergiegesetz : Aufgeheizte Stimmung im Heizungsstreit

Nach Wochen des Streits berät der Bundestag über den Gesetzentwurf für mehr Klimaschutz beim Heizen.

19.06.2023
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4 Min

Es bedurfte des Eingriffs von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), um die Ampelfraktionen nach monatelangem Hin und Her auf einen Kompromiss im koalitionsinternen Heizungsstreit zu verpflichten. Das Machtwort war nötig, um den Entwurf des Gebäudeenergiegesetzes GEG doch noch so rechtzeitig zur Beratung in den Bundestag einzubringen, damit das Gesetz vor der parlamentarischen Sommerpause verabschiedet werden kann - der letzte Sitzungstag ist am 7. Juli.

Das Ziel des Gesetzes: mehr Klimaschutz beim Heizen durch die Dekarbonisierung der Wärme. Funktionierende Heizungen müssen aber nicht ausgetauscht werden und defekte können repariert werden.

Kommunale Wärmeplanung als Voraussetzung

Der Kompromiss, der als "Leitplanken für die weitere Beratung" bekannt wurde, sieht vor, dass die Verpflichtungen des GEG erst greifen, wenn eine kommunale Wärmeplanung vorliegt. Diese soll "der zentrale Bezugspunkt für verpflichtende Maßnahmen im Bestand mit entsprechenden Übergangsfristen sein". Länder und Kommunen werden verpflichtet, bis 2028 konkrete Pläne vorzulegen, wie sie ihre Heizinfrastruktur klimaneutral umbauen wollen. Bis dahin sind Wohnungs- und Hauseigentümer nicht gezwungen, eine Heizung mit 65 Prozent Anteil erneuerbarer Energien einzubauen. Das Gesetz soll zwar wie geplant am 1. Januar 2024 in Kraft treten. Diese Verpflichtung gilt aber zunächst nur für Neubauten.

Zum strittigen Thema "Technologieoffenheit" heißt es in den "Leitplanken": Beim Umstieg auf klimaneutrale Heizungssysteme sollen die verschiedenen Optionen gleichwertig behandelt werden, um den regionalen Unterschieden Rechnung zu tragen. Das bedeutet beispielsweise: Heizungen, die mit Holz und Pellets betrieben werden, erfüllen die 65-Prozent-Vorgabe "ausnahmslos". Neu dabei ist: Der Verkauf von Heizungen darf nur stattfinden, wenn eine Beratung erfolgt, die auf mögliche Auswirkungen der kommunalen Wärmeplanung und die mögliche Unwirtschaftlichkeit hinweist.

Koalition noch uneinig über Förderung

Zu den Förderprogrammen heißt es, Haushalte dürften im Rahmen notwendiger Neuinvestitionen nicht überfordert werden. Hier scheint man sich in der Koalition im Konkreten noch uneins zu sein. Grundsätzlich soll es von Seiten des Bundes eine Förderung geben, die aus dem Klima- und Transformationsfonds finanziert wird und die "möglichst passgenau die einzelnen Bedürfnislagen und sozialen Härten bis in die Mitte der Gesellschaft berücksichtigen soll". Mieter sollen "nicht über Gebühr belastet werden". Vermieter sollen aber auch Anreize haben, in moderne Heizungssysteme zu investieren. Daher werde "die bestehende Förderkulisse unter Berücksichtigung der Modernisierungsumlage weiterentwickelt."

Am vergangenen Donnerstag dann befasste sich der Bundestag erstmals mit dem GEG. Zu Beginn der Debatte erklärte Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) mit den "Leitplanken" und der angestrebten Verzahnung der kommunalen Wärmeplanung mit dem Gebäudeenergiegesetz werde es jetzt einen "gestuften Einstieg" in die neue Art des Heizens geben. Dabei sei es nicht so, "dass bis 2028 gar nichts passiert, sondern es geht jetzt allmählich los". Viele Städte, gerade große Städte, hätten schon Wärmepläne, viele Bundesländer bereits Wärmeplangesetze und viele seien "schon auf dem Weg und werden 2024, vielleicht 2025 fertig sein.". Jetzt gehe es in die Beratung des Gesetzentwurfs, den er für "zumindest debattierreif"; aus seiner Sicht "auch entscheidungsreif" halte. Damit würden dann auch die Fragen geklärt, "ob genug Handwerker da sind oder der Hochlauf von Technik mithält", so Habeck.


„Was Sie hier heute machen, ist und bleibt eine Farce.“
Jens Spahn (CDU)

Jens Spahn (CDU) hielt dem Minister entgegen: "Was Sie hier heute machen, ist und bleibt eine Farce." Der Gesetzentwurf sei nach dem, was in den Leitplanken stehe, das Papier nicht mehr wert, auf dem er geschrieben sei: "Es ist ein Gesetz für die Tonne." Keiner wisse, was jetzt komme. "Dieses ganze Verfahren ist eine Zumutung und der Würde des Deutschen Bundestages nicht angemessen."

"Aus Gründen des Klimaschutzes" forderte Wohnungs-und Bauministerin Klara Geywitz (SPD) mehr Tempo beim Heizungstausch. "Wir müssen handeln, und die Zeit drängt erheblich. 2045 ist für den Gebäudesektor quasi übermorgen, und für einen Austausch dieser riesigen Heizungsflotte ist es eigentlich viel zu spät."

AfD: Heizungshammer kommt "mit voller Wucht"

"Was hat sich denn jetzt im Vergleich zu Ihrem bisherigen Heizungshammer Wesentliches verändert?", fragte Marc Bernhardt (AfD) und gab sich selbst die Antwort: "In der Praxis absolut gar nichts". Der "Heizungshammer" sei nicht verschoben. Er komme, und "zwar mit voller Wucht, in sechs Monaten."

"Der Fokus des Gesetzentwurfs war bisher falsch", weil er nur auf die Heiztechnologie gerichtet gewesen sei, sagte Lukas Köhler (FDP). Jetzt müsse erst der Staat mit Wärmeplänen vorlegen, wie es mit dem Heizsystem vor Ort weitergehen soll. Und dann könne der Bürger, darauf abgestimmt, frei entscheiden, was er bei sich einbaue. "Das ist es, was wir jetzt neu schaffen."


„Es handelt sich bei Holz und Wasserstoff um begrenzte und auch teure Rohstoffe.“
Kassem Taher Saleh (Bündnis 90/Die Grünen)

Kassem Taher Saleh (Grüne) sagte, Verbraucherinnen und Verbraucher können "aus dem Vollen schöpfen und sich für die beste technologische Lösung entscheiden." Aber hier sei Vorsicht geboten: "Es handelt sich bei Holz und Wasserstoff um begrenzte und auch teure Rohstoffe."

"Wäre ich religiös, würde ich beten, dass Sie die Wärmewende nicht an die Wand fahren", sagte Ralph Lenkert (Linke). Wie die Regierung kommuniziere, wie sie Vertrauen zerstöre, wie sie "mit halbgaren Ideen Akzeptanz vernichte und Angst auslöse", das sei "unterirdisch". Der Schaden werde "weit über Ihre Regierungszeit hinaus wirken".

In dieser Woche sind Sachverständigen an der Reihe. Der Energieausschuss hat für Mittwoch eine öffentliche Anhörung zu dem Entwurf angesetzt.