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Startup-Förderung : "UP" in die Zukunft

Mit dem Zukunftsfinanzierungsgesetz will die Bundesregierung Gründern unter die Arme greifen. In der Debatte im Bundestag zeigt sich die Opposition skeptisch.

23.09.2023
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4 Min
Foto: Isar Aerospace (Illustration)

Zukunftstechnik aus Deutschland: Isar Aerospace will bald in den Weltraum.

Wenn deutsche Unternehmen Kapital benötigen, zieht sie die New Yorker Börse an wie ein Magnet. Der Impfstoffhersteller BioNTech ist dort notiert, der Sandalen-Fabrikant Birkenstock ist auf dem Weg in die Neue Welt. Der nach Börsenwert größte deutsche Industriekonzern und Experte für Wasserstofftechnologie, der Gasehersteller Linde, hat den Deutschen Aktienindex (DAX) verlassen und ist nur noch in den USA notiert.

Doch jetzt macht Deutschland, einst geprägt von Kohle und Stahl, Automobil- und Maschinenbau, mobil: "Wir sollten unser Land nicht schlecht reden. Wir haben Know-how, wir haben Kapital, wir haben großartige Unternehmen. Und wenn die zueinanderfinden, heißt es in Zukunft immer häufiger nicht Zukunft made in California, sondern Zukunft made in Germany", sagte Justizminister Marco Buschmann (FDP) am Donnerstag im Bundestag, wo der von der Bundesregierung eingebrachte Gesetzentwurf "zur Finanzierung von zukunftssichernden Investitionen" in erster Lesung beraten wurde. Der Entwurf wurde an die zuständigen Ausschüsse überwiesen.

Börsenzugang soll leichter werden

Buschmann erklärte, damit Gründer Innovationen realisieren könnten, werde Kapital gebraucht. "Damit Innovationen und Kapital schneller, besser und leichter zueinander finden, dafür legen wir das Zukunftsfinanzierungsgesetz vor", so Buschmann. Seit vielen Jahren würden vielversprechende Gründungen, die ihre Wurzeln in Deutschland hätten, ausländische Märkte zur Kapitalbeschaffung nutzen, um ihre Visionen zu realisieren. Die Regierung will daher den Kapitalmarktzugang für Startups und Wachstumsunternehmen erleichtern. So wird die Mindestmarktkapitalisierung für Börsengänge von 1,25 Millionen Euro auf eine Million Euro gesenkt, Kapitalerhöhungen werden erleichtert, und es werden Mehrstimmrechtsaktien eingeführt.

Eineinviertel Jahre habe es von den Eckpunkten bis zur ersten Beratung des Zukunftsfinanzierungsgesetzes gedauert. Da gewinne der Begriff Deutschland-Tempo eine neue Bedeutung, spottete Stefan Müller (CSU). Zu den Inhalten sagte Müller, der Kapitalmarkt sei die bessere Alternative gegenüber dem Staat. Bei der Transformation, bei Wachstum und Beschäftigung spiele der Kapitalmarkt eine Schlüsselrolle, weil er zu Innovationen motiviere. Dazu seien Maßnahmen wie erleichterte Börsengänge und eine bessere Mitarbeiterbeteiligung notwendig. Viele vorgeschlagene Maßnahmen entsprächen Forderungen der CDU/CSU. Die Zahl der Börsengänge sei in Deutschland rückläufig. Müller kritisierte aber, dass der Gesetzentwurf für private Anleger nichts enthalte. Die private Vermögensbildung werde nicht gefördert.

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Michael Schrodi (SPD) betonte, dass wirtschaftliche Stärke und soziale Sicherheit kein Gegensatz seien. 70 Prozent der Unternehmen wollten in Deutschland investieren, sagte Schrodi unter Bezug auf eine Umfrage der Deutschen Bank. Das "Zerrbild der Opposition" von der Deindustrialisierung habe nichts mit der Realität zu tun. Der Gesetzentwurf sei der Startschuss für zahlreiche finanzpolitische Weichenstellungen für mehr Innovation und mehr Arbeitsplätze, "damit wir auch in Zukunft wirtschaftlich stark aufgestellt sind". Laut Schrodi soll Deutschland zu einem "führenden "Startup-Land" werden.

Klaus Stöber (AfD) sagte mit Blick auf den Titel des Entwurfs, wenn es darum gehe, Namen für Gesetze zu finden, sei die Ampel sehr kreativ. Er widersprach Schrodi, dass mehrheitlich in Deutschland investiert werde. Die Erhöhung der Mitarbeiterbeteiligung sei jedoch ein positives Signal. Insgesamt reichten die Maßnahmen jedoch nicht aus. "Was nutzt es einem Startup, wenn es einen Investor findet, aber keine Facharbeiter", kritisierte Stöber und sagte: "Die Fachkräfte werden Sie nicht in Lampedusa finden".

Katharina Beck (Grüne) sprach von einem "tollen Gesetz". Es gehe um Zukunftsstärkung und einen besseren Startup-Standort. "Wir führen den Finanzplatz Deutschland endlich ins 21. Jahrhundert", lobte Beck, die besonders die Verbesserung der Mitarbeiterkapitalbeteiligung hervorhob. Hierzu wird der Steuerfreibetrag von derzeit 1.440 Euro pro Jahr auf 5.000 Euro erhöht. Beck erwartet, dass die Zahl der Beschäftigten bei Startups von 415.000 auf eine Million bis 2030 steigen könnte.

Linke: An den Bedürfnissen der Menschen vorbei

Das Gesetz gehe an den Bedürfnissen der meisten Menschen vollkommen vorbei, beklagte dagegen Janine Wissler (Linke). Von der verbesserten Mitarbeiterbeteiligung habe die Mehrheit der Beschäftigten nichts. "Dieser Gesetzentwurf mag die Zukunft einiger FDP-Wähler sichern, aber in der Breite bewirkt er nichts", kritisierte Wissler. Höhere Gewinne von Unternehmen würden nicht für Investitionen eingesetzt, sondern um Dividenden auszuschütten und Aktien zurückzukaufen. Für eine sichere Zukunft seien mehr öffentliche Investitionen notwendig. Und es müsse dafür gesorgt werden, dass die Leute von ihrer Arbeit leben könnten.

Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, Florian Toncar (FDP) wies die Kritik von Wissler zurück. Investiert werde von der öffentlichen Hand genug. Der Entwurf sei kein Strohfeuer, sondern ein grundlegender Beitrag zur Stärkung des Standorts Deutschland. Thorsten Lieb (FDP) betonte: "Wir wollen den Weg freimachen, damit die Startups dieser Welt an die deutschen Börsen strömen."