Übergewinne : Von der Leyen hofft auf 40 Milliarden in der Steuertrommel
In Brüssel und Berlin gibt es Pläne für Einschnitte bei den Gewinnen für Energiekonzerne. Ein Antrag der Linken für eine Übergewinnsteuer lehnt der Bundestag ab.
Mit Energielieferungen lässt sich viel Geld verdienen, sehr viel Geld sogar. Das ruft die Politik auf den Plan. Auf allen Ebenen wird darüber nachgedacht, wie von sogenannten Übergewinnen etwas für die Staatskasse abgezweigt werden kann. Am eifrigsten rührt EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen die Steuertrommel: 140 Milliarden Euro Mehreinnahmen seien möglich, so die Kommissionspräsidentin.
Auch in Berlin läuft die Debatte. Eine von der Fraktion Die Linke vorgeschlagene Übergewinnsteuer nach italienischem Vorbild stieß aber bei den anderen Fraktionen auf Ablehnung. In der Debatte des Bundestages am Donnerstag über einen entsprechenden Antrag der Fraktion Die Linke sprach Markus Herbrand (FDP) von einer "Schnapsidee". Es gebe keine objektiv anwendbaren Abgrenzungskriterien, welche Unternehmen überhaupt in Frage kämen und welche Teile des Gewinns der Unternehmen über Übergewinne versteuert werden sollen. "Diese Schwierigkeiten alleine führen schon dazu, dass die Übergewinnsteuer rechtlich kaum durchsetzbar ausgestaltet werden kann, denn nicht zu Unrecht stößt eine solche Willkürmaßnahme auf massive verfassungsrechtliche Bedenken." In Italien scheitere eine auf Umsätze basierende Übergewinnsteuer gerade "krachend".
FDP räumt ein: Der Markt funktioniert nicht
Allerdings räumte Herbrand ein, dass es keinen funktionierenden Markt im Energiebereich gebe. Daher müsse es Maßnahmen zur Begrenzung von Gewinnen geben, die ohne eigens unternehmerisches Handeln derzeit geradezu explodierten. Den Menschen müsse ein Signal gegeben werden, dass sie mit ihren Sorgen wegen der hohen Preise nicht allein gelassen würden. Daher solle es eine Strompreisbremse geben, die nicht über das Steuerrecht, sondern über einen Eingriff in das Strommarktdesign geregelt werde. Mit festgelegten Erlösobergrenzen sollten Gewinne definiert werden, die keine operative Ursache hätten. Die Mehrerlöse sollten zu Energiepreissenkungen für den Mittelstand genutzt werden.
Das Problem liege nicht im Steuerrecht, sondern in der Findung der Strompreise. Die Strompreise müssten "ehrlich und fair" ermittelt werden: "Dann hätten wir das Problem gar nicht, dass die Linken hier adressieren", sagte Fritz Güntzler (CDU). Höhere Gewinne würden doch bereits heute besteuert. Und die Befürworter der Steuer sollten sich die Frage stellen, ob man bei ausländischen Konzernen überhaupt an diese Gewinne herankommen könne. Außerdem habe zum Beispiel in Großbritannien die "Übergewinnsteuer" dazu geführt, dass die Konzerne ihre Investitionen in erneuerbare Energien zurückfahren wollten. Daher sei diese Steuer das falsche Instrument.
Parsa Marvi (SPD) sagte, Unternehmen in einer sozialen Marktwirtschaft sollten mit Leistung, Anstrengung, Pioniergeist und Innovation Gewinne machen - wie zum Beispiel Biontech. "Was wir aber in dieser Lage gar nicht gebrauchen können, sind Energiekonzerne, die nicht wegen außerordentlicher Innovation und Leistung, sondern aus dem Zufall dieser Krise heraus die Taschen vollmachen auf Kosten der Allgemeinheit." Was hier zu erleben sei, lasse Anstand vermissen, sei unsolidarisch und breche mit den Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft. Daher habe die Ampelkoalition eine gemeinsame Linie gefunden, Zufallsgewinne über die Strompreisbremse abzuschöpfen.
AfD: Hohe Energiepreise sind Ergebnis einer verkorksten Politik
Albrecht Glaser (AfD), nannte das Abschöpfen von Gewinnen das "Steckenpferd der Linken". Es gebe inzwischen eine Staatsquote von über 50 Prozent. Man könne den Privatsektor so schmal machen, dass er den Staatssektor nicht mehr ernähren könne. In sozialistischen Systemen sei das Standard. Die Folgen seien bekannt. Dass die Energiepreise explodiert seien, liege an einer verkorksten Energiepolitik. Glaser warb für die Atomkraft zur Energiesicherheit und für niedrigere Strompreise: “Diese Regierung wird nicht umhin kommen, den grünen Elefanten durch das Nadelöhr der Kernkraft zu schieben, wenn sie dieses Land nicht vollends in den Ruin treiben will.”
Katharina Beck (Grüne) erklärte, Gewinne gehörten zur Marktwirtschaft, denn sie seien ein Motor für Ideengenerierung, Experimentierfreude und Innovation für die Zukunftssicherung des Landes. Wichtig sei jedoch, dass diese Gewinne auf funktionierenden Märkten erzielt würden. Was passiere, wenn Märkte dysfunktional seien, habe man schmerzlich an den Energiemärkten sehen können. Zu Lösung der Zufallsgewinnproblemaktik im Strommarkt sei die Strompreisbremse der richtige Schritt. Angesichts der hohen Gewinne der Mineralölkonzerne müsse das Kartellrecht verschärft werden. Man habe es mit einem Oligopol und mangelndem Wettbewerb zu tun.
Linke begrüßt EU-Kommissionsvorschlag
Christian Görke (Linke) sah einen Sinneswandel in der Koalition im dritten Entlastungspaket, in dem eine "Fake-Übergewinnsteuer" anmoderiert werde. Für den Sinneswandel habe offenbar die EU-Kommission mit dem Vorschlag der Solidarabgabe zur Abschöpfung von Übergewinnen gesorgt. Die Linksfraktion begrüße die EU-Pläne ausdrücklich.
Der Bundestag stimmt in namentlicher Abstimmung mit 621 Stimmen gegen 38 Stimmen bei einer Enthaltung einer Beschlussempfehlung des Finanzausschusses zu, in der von den Fraktionen von SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und AfD eine Ablehnung des Antrags Fraktion Die Linke, empfohlen wird. Mit dem Vorschlag sollte der Teil der Unternehmensgewinne von Energiekonzernen im Geschäftsjahr 2022, der die Gewinne des Vorjahres um mehr als zehn Millionen Euro übersteigt, zusätzlich einer Übergewinnsteuer von 25 Prozent unterworfen werden.