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Nachtragshaushalt 2021 : Das letzte Wort fällt in Karlsruhe

Der Haushaushaltsausschuss beschließt Nachtragshaushalt 2021. Der Bundesrechnungshof, AfD und Union zweifeln an Verfassungsmäßigkeit des Vorhabens.

17.01.2022
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3 Min

Der Haushaltsausschuss hat vergangenen Mittwoch den Zweiten Nachtragshaushalt für 2021 beschlossen. Der Bundestag wird die Vorlage (20/300) voraussichtlich in der nächsten Woche abschließend beraten - und wohl wie im Ausschuss mit Koalitionsmehrheit gegen die Stimmen der Opposition annehmen. Klar scheint aber schon jetzt: Das letzte Wort dürfte das Bundesverfassungsgericht haben. Die Union will Normenkontrollklage einreichen.

Die Bundesregierung will mit dem Nachtragshaushalt für das vergangene Jahr Kreditermächtigungen in Höhe von 60 Milliarden Euro, die aufgrund höherer Einnahmen und geringerer Ausgaben nicht wie geplant gebraucht werden, in den Energie- und Klimafonds (EKF) überführen. Mit diesen Mitteln sollen in den kommenden Jahren dann klima- und transformationspolitische Vorhaben finanziert werden.

Aus Sicht der Bundesregierung wird damit ein Beitrag zur Bekämpfung der Corona-Pandemie geleistet, indem Anreize für Investitionen gesetzt werden. Mit ihren Änderungen haben die Koalitionsfraktionen die Mittelverwendung mit sogenannten verbindlichen Erläuterungen präzisiert. Demnach sollen die Mittel kurz- und mittelfristig unter anderem zur "Stärkung von Investitionen in Maßnahmen der Energieeffizienz und erneuerbarer Energien im Gebäudebereich" und zur "Stärkung der Nachfrage privater Verbraucher und des gewerblichen Mittelstands durch Abschaffung der EEG-Umlage" genutzt werden. Änderungsanträge der Unionsfraktion fanden im Ausschuss bei Zustimmung von Union, AfD und Die Linke gegen die Stimmen der Koalitionsfraktionen hingegen keine Mehrheit. Die Fraktion hatte darin die Rückabwicklung der mit dem Nachtragshaushaltsgesetz vorgesehenen Änderungen "wegen verfassungsrechtlicher Bedenken" gefordert.

Hof fordert Verzicht auf Nachtrag

Konkret benannt worden waren diese Bedenken Anfang vergangener Woche in einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses. Dabei geht es um den Zusammenhang zwischen Pandemie-Bekämpfung und der geplanten Übertragung der Kreditermächtigungen an den EKF. Denn für die Aufnahme von Krediten in Höhe von bis zu 240 Milliarden Euro hatte die große Koalition seinerzeit eine Ausnahme von der Schuldenobergrenze des Grundgesetzes beantragt - und mit der Pandemiebekämpfung begründet.

Scharfe Kritik daran kam in der Anhörung vom Bundesrechnungshof. Die unabhängigen Rechnungsprüfer sehen den Nachtrag als "verfassungsrechtlich zweifelhaft" an. Für den Hof hat die Bundesregierung den aus seiner Sicht erforderlichen "unmittelbaren Veranlassungszusammenhang" zwischen Notsituation (Pandemie) und Zuweisung an den EKF nicht schlüssig begründet; die Argumentation, dass damit ein Beitrag zur Pandemie-Bekämpfung geleistet werde, überzeugt den Rechnungshof nicht. "Man sollte auf diesen zweiten Nachtragshaushalt verzichten", sagte Dieter Hugo vom Bundesrechnungshof in der Anhörung.

Ähnlich sahen das die Juristen Christoph Gröpl (Universität des Saarlandes) und Kyrill-Alexander Schwarz (Universität Würzburg). "Die Bekämpfung der Erderwärmung hat nichts mit der Bekämpfung der Corona-Pandemie zu tun", sagte Gröpl.

Alexander Thiele (Business & Law School - Hochschule für Management und Recht) zeigte sich hingegen zuversichtlich, dass der Entwurf vor dem Bundesverfassungsgericht Bestand haben werde. Die Bundesregierung habe dargelegt, dass es nicht nur darum gehe, in den Klimaschutz zu investieren, sondern darum, die Pandemie zu bekämpfen. Dabei spiele die gesamtwirtschaftliche Verantwortung des Bundes eine große Rolle. Das spreche für eine großzügige Auslegung der Normen der Schuldenregel, sagte Thiele. Ebenfalls keine verfassungsrechtlichen Probleme sah Joachim Wieland (Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer).

Investitionen thematisiert

Von Seiten der geladenen Wirtschaftswissenschaftler kam in der Anhörung überwiegend Unterstützung für die Pläne der Koalition. Jens Südekum (Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf) verwies beispielsweise auf den massiven Einbruch der Investitionen der Unternehmen während der Corona-Pandemie. Der Staat müsse handeln und Impulse für Investitionen setzen. Ähnlich äußerte sich Lena Dräger (Leibniz Universität Hannover). Mit der Förderung von klima- und transformationspolitischen Investitionen könne man der Wirtschaft einen "transformativen Schub" geben, damit die Volkswirtschaft gestärkt aus der Krise hervorgehen könne.

Philipp Bagus (Universidad Rey Juan Carlos, Madrid) bezweifelte hingegen, dass die Vorhaben der Bundesregierung Arbeitsplätze sichern und die Wirtschaft auf einen Wachstumspfad führen werden. Dazu bräuchten die Unternehmen "mehr Luft zum Atmen" durch beispielsweise Steuersenkungen, sagte Bagus.