Piwik Webtracking Image

Editorial : Kein Schlusspunkt

Die nationale Sicherheitsstrategie war überfällig. In der konkreten Ausgestaltung wird jetzt das Parlament stark gefordert sein - und auf die Umsetzung schauen.

19.06.2023
True 2024-10-23T14:29:20.7200Z
2 Min

Wer einmal für etwas Verantwortung übernommen hat, dürfte das Gefühl kennen: Am Ende hat man es nie allen recht gemacht. Da hat die Bundesregierung nun zum ersten Mal in der Geschichte eine Nationale Sicherheitsstrategie erarbeitet, deren Analysen, Zustandsbeschreibungen und Schlussfolgerungen im Wesentlichen unstrittig sind, und doch gibt es Kritik. Sie sei zu abstrakt, es fehle ein Sicherheitsrat, Bundesländer und Bundestag seien bei der Erarbeitung nicht gut eingebunden.

Fehlende Einbindung der Länder

Letzteres ist zumindest unglücklich, es soll immerhin nicht nur eine Strategie der Bundesregierung sein, sondern eine nationale Sicherheitsstrategie der Bundesrepublik. Sie soll das Zusammenwirken aller staatlichen Ebenen für die Sicherheit des Landes befördern. Für die Gefahrenabwehr im Innern, egal ob bei innerer Sicherheit, beim Katastrophen- und Zivilschutz oder der Cybersicherheit sind aber vor allem die Länder zuständig. Es gibt zu denken, wenn beispielsweise die Vorsitzende der Innenministerkonferenz der Länder, Iris Spranger (SPD), kritisiert, dass die Expertise der Länder bei dieser Frage von der Bundesregierung nicht ausreichend gesucht wurde.

Auch im Bundestag gibt es Kritik an der Einbindung. Der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jürgen Hardt, forderte vergeblich, am Ende wenigstens die Sitzung des Auswärtigen Ausschusses zu unterbrechen, damit die Abgeordneten die Pressekonferenz verfolgen können, auf der zeitgleich zur Sitzung die Außenministerin die Strategie vorstellte. Gemeinsam mit dem Bundeskanzler, dem Finanzminister, dem Verteidigungsminister und der Innenministerin. Soviel Regierungsgewalt steht dem Bundestag bei der Regierungsbefragung nie Rede und Antwort.

Mehr zum Thema

Zwei Personen mit Warnweste, ein Mann mit Kamera, dazwischen zwei Airbus A400M
Nationale Sicherheit: Abc der Zeitenwende
Die Ampelkoalition hat die erste Nationalen Sicherheitsstrategie vorgelegt. Das Ziel: Deutschland soll weniger abhängig von autoritären Staaten werden.
Ein Abbild eines hochgehaltenen und eines herunterzeigenden Daumens
Gastkommentare: Pro und Contra: Ist ein Nationaler Sicherheitsrat nötig?
Ein nationales Gremium für die Sicherheit - unabdingbar oder überflüssig? Eva Quadbeck und Anja Wehler-Schöck im Pro und Contra.
Christian Lindner, Kanzler Olaf Scholz, Annalena Baerbock, Nancy Faser und Boris Pistorius laufen gemeinsam zur Vorstellung der Nationalen Sicherheitsstrategie.
Nationale Sicherheit: Ampel stellt neuen strategischen Instrumentenkasten vor
Die Bundesregierung legt Deutschlands erste Nationale Sicherheitsstrategie vor. Strukturelle Änderungen und neue Zuständigkeiten wird es danach nicht geben.

In Sachen Beteiligung geht es wohl immer noch besser. Der Schutz der Bevölkerung, die Gefahrenabwehr, ist aber eine Kernaufgabe der Exekutive. Für eine nationale Strategie hierzu ist daher in erster Linie die Bundesregierung berufen. Zudem war sie für eine der größten Volkswirtschaften überfällig. Im Vorwort der Sicherheitsstrategie kann man lesen: "Dieser Text ist kein Schlusspunkt, sondern ein Anfang." Vor allem in der Ausgestaltung wird jetzt auch das Parlament stark gefordert sein und es wird auf die Umsetzung schauen. Der Auswärtige Ausschuss hat schon für die neue Sitzungswoche eine öffentliche Anhörung zur Nationalen Sicherheitsstrategie angesetzt.