Regierungskrise in Frankreich : Linke und Rechte stürzen die Regierung
Nach einem Misstrauensvotum ist Premier Barnier zurückgetreten. Jetzt muss Präsident Emmanuel Macron im Eiltempo einen Nachfolger finden.
Die "Grande Nation" hat ein nicht gerade kleines Problem: Nach nur gut 90 Tagen im Amt hat am Mittwoch ein ungewöhnliches Bündnis aus Linken und Rechtsnationalen die Regierung von Premierminister Michel Barnier mit einem gemeinsamen Misstrauensvotum zu Fall gebracht. Es war das erste erfolgreiche Misstrauensvotum seit über 60 Jahren.
Griff nach der “Dicken Bertha”
Vor der Abstimmung in der Nationalversammlung hatte Barnier eindringlich vor den Folgen einer Regierungskrise gewarnt: "Alles wird schwieriger und ernster werden", so der Premier mit Blick auf die wirtschaftlichen Probleme des Landes. Frankreich ist hochverschuldet und steht unter Druck aus Brüssel, seine öffentlichen Finanzen zu sanieren.
Das Risiko eines Misstrauensvotums war Barnier jedoch bewusst eingegangen: Im Streit um einen Sparhaushalt, der Kürzungen in Höhe von 60 Milliarden Euro vorsah, griff der frühere EU-Brexit-Unterhändler zum umstrittenen Verfassungsartikel 49.3. - in Anspielung auf ein gleichnamiges deutsches Geschütz aus dem Ersten Weltkrieg auch "Dicke Bertha" genannt -, um einen Teil des den Etats ohne Abstimmung durchs Parlament zu bringen. Das wiederum ermöglichte es der Opposition, dem Linksbündnis und dem rechtsnationalen Rassemblement National (RN), Barnier per Misstrauensantrag zu stürzen.
Macron: Frankreich kann sich "Spaltung und Stillstand" nicht leisten
331 der 577 Abgeordneten stimmten für den Antrag. Es sei die einzige Möglichkeit, die Franzosen vor einem "gefährlichen, ungerechten Haushalt zu schützen", schieb RN-Fraktionschefin Marine Le Pen auf "X".
"Wir können uns Spaltung und Stillstand nicht leisten", so Präsident Emmanuel Macron in einer TV-Ansprache am Donnerstag. Einen neuen Premier will er schon in den nächsten Tagen ernennen.
Präsident Emmanuel Macron steht nun unter Druck, die Krise rasch zu lösen und einen Nachfolger für Barnier zu nominieren. Populisten am rechten und linken Rand des Parlaments fordern seinen Rücktritt - oder zumindest, den Termin der Präsidentschaftswahl vorzuziehen.
Solche Forderungen wies Macron am Donnerstagabend in einer TV-Ansprache zurück: Er werde das Mandat weiter wahrnehmen und bereits in den nächsten Tagen einen neuen Premier ernennen. "Spaltung und Stillstand" könne Frankreich sich nicht leisten.
Nominierung schon in den nächsten Tagen erwartet
Ob der Präsident tatsächlich schon bis zur Wiedereröffnung von Notre Dame an diesem Samstag mit zahlreichen Staatschefs einen neuen Premierminister präsentieren kann, wie in Medien spekuliert wird, ist allerdings unklar - ebenso, wie eine neue Regierung aussehen könnte. Die Mehrheitsverhältnisse im Parlament der "Grande Nation" bleiben kompliziert. (mit dpa)
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