Zuschnitt von Wahlkreisen : So funktioniert "Gerrymandering"
Nur wenige Rennen um das Repräsentantenhaus sind wirklich offen. Das liegt auch am „Gerrymandering“, dem parteiischen Zuschnitt von Wahlkreisen.
Nur wenige der 435 Sitze im US-Repräsentantenhaus sind tatsächlich zwischen den Parteien umkämpft. Laut Cook Report gelten zum Beispiel 174 Wahlbezirke als sehr sicher und 17 als sehr wahrscheinlich sicher für die Demokraten; bei den Republikanern sind es sogar 191 sehr sichere und weitere 10 sehr wahrscheinlich sichere. Neben wenigen Wahlkreisen, die in Richtung einer Partei tendieren, aber umkämpft sind (Demokraten: 11, Republikaner: 5), gelten 27 Wahlbezirke tatsächlich als unentschieden. Sie entscheiden am Ende über die Mehrheit im Repräsentantenhaus.
Es gibt dafür im Wesentlichen zwei Gründe: Zum einen gibt es politische und soziokulturelle Trends. Die Wählerinnen und Wähler in dicht besiedelten, urbanen Gebieten tendieren seit geraumer Zeit zu den links-liberalen Demokraten, Wählerinnen und Wähler in dünn besiedelten, ländlichen Gegenden halten es mit den konservativen Republikanern.
Das war nicht immer so. Bis weit in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts dominierten in den Südstaaten die (konservativen) Demokraten, schließlich waren die Republikaner im Bürgerkrieg die Partei des verhassten Nordens.
Gerrymandering: Was nicht passt, wird passend gemacht
Der zweite Grund ist Gerrymandering. Damit ist die politische Praxis gemeint, einen Wahlkreis so zuzuschneiden, dass die Kandidierenden einer Partei bevorteilt werden. Zwei wesentliche Strategien gibt es dafür: Beim "Packing" werden die wahrscheinlichen Wählerinnen und Wähler einer Partei so konzentriert, dass sie den Wahlbezirk zwar dominieren, in anderen Wahlbezirken aber deutlich in der Minderheit sind.
Beim "Cracking" wiederum geht es um das Gegenteil: Wahrscheinliche Wählerinnen und Wähler einer Partei werden durch geschickte Aufteilung auf mehrere Bezirke verteilt, in denen sie keine Mehrheit erreichen können. In beiden Fällen haben die dadurch entstehenden Wahlbezirke wenig mit gewachsenen Strukturen und Sozialräumen vor Ort zu tun.
Rassistische Ausgrenzung durch "Gerrymandering"
Beim "Gerrymandering" ging es dabei nicht immer um rein parteitaktische Erwägungen. Insbesondere in den Südstaaten wurde der Zuschnitt von Wahlkreisen von der weißen Mehrheit genutzt, um die Repräsentation schwarzer Bürgerinnen und Bürger systematisch zu torpedieren.
In den 1960ern wurde mit dem "Voting Rights Act" daher ein Verbot dieser Praxis bundesgesetzlich festgeschrieben, das vor Gerichten auch durchgesetzt wurde. In den letzten Jahren hat der konservative Supreme Court aber zunehmend Abstand von einer restriktiven Auslegung dieser Regeln genommen.
Überparteilich gegen "Gerrymandering"
"Gerrymandering" ist ein Politikum. Entsprechend strittig wird es seit Jahren diskutiert, und auf den Ebenen der Staaten werden die unterschiedlichsten Versuche unternommen, die Praxis zu ändern. Etliche Verfahren auf Staats- und Bundesebene wurden in den vergangenen Jahrzehnten vor Gerichten ausgefochten.
"The Gerry-Mander": Diese zeitgenössische Karikatur von 1812 in der Bostoner "Gazette" gab der umstrittenen Praxis ihren Namen.
Zudem wird versucht, den Prozess der Wahlkreisfestlegung zu entpolitisieren. In einigen Bundesstaaten gibt es etwa überparteiliche Kommissionen, die über das Verfahren wachen. Durchgesetzt hat sich dieses Verfahren aber bislang nicht.
Ein Wahlkreis wie ein Salamander
Historisch geht der Begriff "Gerrymandering" auf eine Wahlkreisreform im Jahr 1812 unter dem Gouverneur von Massachusetts, Elbridge Gerry, zurück. Der Neuzuschnitt der Wahlkreise für die Senatswahlen in dem Staat begünstigte seine Partei.
Einer der Bezirke hatte eine so verzerrte Form, dass er laut einer Karikatur einem Salamander ähnelte. Diese Karikatur ("The Gerry-Mander") prägte den Begriff "Gerrymandering" als Zusammensetzung von Gerrys Namen und dem Wort "Salamander".