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Die Zahl 184 : Die magische Zahl der Opposition

Zur Kontrolle der Regierung stehen dem Bundestag unterschiedliche Rechte zur Verfügung. Manche von ihnen sind jedoch mit einem Quorum bewehrt.

01.11.2021
True 2024-08-21T16:18:54.7200Z
3 Min

369 Stimmen braucht es, um einen Bundeskanzler im neuen Bundestag mit absoluter Mehrheit zu wählen. Bei 369 liegt die sogenannte Kanzlermehrheit im 736 Abgeordnete umfassenden Parlament. Für die Opposition hingegen lautet die magische Zahl 184. Denn 184 Stimmen sind nötig, um einen Untersuchungsausschuss nach Artikel 44 Grundgesetz oder eine Enquete-Kommission gemäß Paragraf 56 der Geschäftsordnung des Bundestages einzurichten, eine abstrakte Normenkontrollklage vor dem Bundesverfassungsgericht (Artikel 93 Grundgesetz) oder eine Subsidiaritätsklage vor dem Europäischen Gerichtshof (Artikel 23 Grundgesetz) einzureichen. Auch um eine Abstimmung über ein konstruktives Misstrauensvotum nach Artikel 67 Grundgesetz gegen den Bundeskanzler zu beantragen, bedarf es gemäß Paragraf 97 der Geschäftsordnung des Bundestages derzeit 184 Stimmen.

Foto: picture alliance/dpa/Michael Kappeler

Im Amt bestätigt: Die wiedergewählten Vorsitzenden der Linksfraktion, Amira Mohamed Ali und Dietmar Bartsch.

Dieses Quorum von 25 Prozent aller Mitglieder des Bundestages muss auch erreicht werden, um einen Antrag auf eine Anklage des Bundespräsidenten vor dem Bundesverfassungsgerichts (Artikel 61 Grundgesetz) wegen Verletzung des Grundgesetzes oder eines Bundesgesetzes im Bundestag einzubringen. Um in einem Fachausschuss des Bundestages eine öffentliche Anhörung zu erzwingen, muss ebenfalls ein Quorum von einem Viertel der Ausschussmitglieder erreicht werden.

An kein Quorum gebunden sind hingegen die Klagen von Abgeordneten und Fraktionen vor dem Bundesverfassungsgericht in sogenannten Organstreitverfahren, in den es beispielsweise über die Rechtsstellung von Fraktionen und Abgeordneten, die Parteienfinanzierung oder die Zulässigkeit von Sperrklauseln geht.

Regierung muss sich unangenehmen Fragen der Abgeordneten stellen

All diese parlamentarischen Rechte und Kontrollmöglichkeiten sind nicht der Opposition vorbehalten, sondern gelten für alle Fraktionen beziehungsweise Bundestagsabgeordneten gleichermaßen. Die Kontrolle der Regierung ist ebenso wie die Gesetzgebung, die Verabschiedung des Haushaltes und die Wahl eines Bundeskanzlers Aufgabe des gesamten Parlaments. In der gelebten politischen Praxis der Bundesrepublik wird jedoch die Kontrollfunktion des Parlaments gegenüber der Regierung vor allem bei der Opposition verortet. Zumindest dann, wenn diese Kontrolle medien- und öffentlichkeitswirksam ausgeübt wird. Abgeordnete der Regierungsfraktionen mögen mitunter ebenfalls unangenehme Fragen an Regierungsmitglieder stellen. Aber in der Regel werden sie dies nicht vor laufender Kamera tun.

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Die mit dem 25-Prozent-Quorum bewehrten Kontrollrechte des Parlaments wie die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gehören zu den schärferen Waffen der Opposition. Von der CDU/CSU-, der AfD- und der Linksfraktion, die bei erfolgreicher Bildung der angestrebten Regierung aus SPD, Grünen und FDP die Opposition bilden werden, erreicht aus eigener Stärke lediglich die Unionsfraktion mit ihren 197 Abgeordneten das Quorum, um von diesen Rechten Gebrauch machen zu können.

Abgesehen von ihren unüberbrückbaren politischen Differenzen wären die AfD- und die Linksfraktion mit ihren 82 beziehungsweise 39 Abgeordneten nicht einmal rechnerisch in der Lage, die Einsetzung einen Untersuchungsausschusses durchzusetzen. Die CDU/CSU-Fraktion wiederum hat in den vergangenen Legislaturperiode jegliche gemeinsamen parlamentarischen Initiativen mit beiden Fraktionen ausgeschlossen und diesen Kurs will sie auch beibehalten.

Keine Fraktion ist allein stark genug

Ein Quorum erreicht derzeit allerdings keine Fraktion im Bundestag: So muss der Bundestagspräsident nach Artikel 39 Grundgesetz den Bundestag außerhalb der verabredeten Sitzungswochen nur dann einberufen, wenn dies mindestens von einem Drittel aller Abgeordneten verlangt wird. In der Vergangenheit kam dieser Regelung zwar keine Bedeutung zu, weil sich die Fraktionen mehrheitlich immer einig waren über die Notwendigkeit einer Sondersitzung. Bemerkenswert ist aber, dass mit Ausnahme der ersten Legislaturperiode bislang immer mindestens eine Fraktion ein Drittel aller Abgeordneten stellte.

Im Alltagsgeschäft eines Oppositionspolitikers stellt aber vor allem das Fragerecht gegenüber der Bundesregierung das wichtigste Kontrollrecht dar. So können Fraktionen oder mindestens fünf Prozent der Abgeordneten Kleine und Große Anfragen an die Bundesregierung richten. Die Antworten erfolgen schriftlich und werden veröffentlicht. Über die Antworten zu Großen Anfragen wird zudem im Plenum debattiert.

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Hinzu kommen die in Sitzungswochen mittwochs anberaumte Befragung der Bundesregierung, in der die Abgeordneten nach den in der Kabinettssetzung zuvor besprochenen Vorhaben fragen können sowie die sich anschließende Fragestunde, für die jeder Abgeordnete zuvor zwei schriftliche Fragen an die Regierung stellen kann und die dann von Vertretern der Regierung beantwortet werden.

Zu den in der Fragestunde gegebenen Antworten der Regierung können die Fraktionen oder fünf Prozent der Abgeordneten zudem eine Aussprache im Plenum in Form einer sogenannten Aktuellen Stunde erzwingen. Solche Aktuelle Stunden können aber auch jederzeit während einer Sitzungswoche eingefordert werden.