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Editorial : Israels Motiv ist das Überleben

Der Bundestag bekräftigt Israels Recht, seine Existenz zu verteidigen. Warum eine Debatte zum Jahrestag des Hamas-Terrors die richtige Wahl zum Gedenken war.

11.10.2024
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2 Min

Es hätte im Deutschen Bundestag einige Möglichkeiten zum Gedenken an den 7. Oktober 2023 gegeben, den Tag mit den meisten ermordeten jüdischen Opfern seit dem Holocaust. Eine Gedenkstunde zum Beispiel. Ein Parlament zeichnet sich aber durch die Debatte aus. Es ist deshalb gut, dass die Wahl auf eine Debatte gefallen ist. Und sie beschränkte sich nicht auf das würde- und pietätvolle Gedenken, sondern drehte sich auch um konkrete politische Streitpunkte.

Die Grundlage für einen offenen Diskurs hatte zu Beginn Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) gelegt. In Deutschland habe sich Antisemitismus hemmungslos Bahn gebrochen, stellte sie schonungslos fest und ergänzte erschüttert: "In einem neuen Ausmaß, das ich mir nicht hätte vorstellen können!" Die Debatte zog dann ehrlich Bilanz, auch in den strittigen Fragen wie beispielsweise der nach dem Grund für den zunehmenden Antisemitismus in Deutschland.

Eine Debatte mit Nachrichtenwert

Der anwesende israelische Botschafter Ron Prosor konnte neben fraktionsübergreifenden Solidaritätsbekundungen mit seinem angegriffenen Land auch einen Moment mit neuem Nachrichtenwert erleben. Nach einem Disput zwischen SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich und Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU) über die militärische und materielle Unterstützung Israels, ergriff Kanzler Olaf Scholz (SPD) überraschend das Wort und kündigte demnächst die Genehmigung weiterer Lieferungen an Israel an. Er tat dies als Abgeordneter und verließ dafür sogar kurz die Regierungsbank.

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Leid aller Seiten anerkennen

Damit wird auch klar, dass Deutschland weiter solidarisch mit Israel bleibt. Es kämpft seit der Gründung um seine Existenz, Überleben ist sein Motiv. Solidarität schließt dabei eine kritische Begleitung nicht aus. Die gibt es in der einzigen rechtsstaatlichen Demokratie im Nahen Osten auch im Land selbst, im Dossier zur Frankfurter Buchmesse stellen wir einige aktuelle Innensichten vor. 

Die Debatte hat ein weiteres klares Signal gesendet: Der Bundestag geht den Mördern von Hamas und Hisbollah nicht auf den Leim, Israel ist Opfer und nicht Täter. „Der Ausgangspunkt für die Not, das Leid und den Krieg in der Region sind die permanenten Angriffe auf Israel“, fasste die Bundestagspräsidentin zusammen; es sei dabei ein Gebot der Menschlichkeit, das Leid aller Seiten anzuerkennen.