Letzte Sitzungswoche des Jahres : Was diese Woche im Bundestag wichtig wird
Die aktuelle Lage in Syrien, die Resilienz des Bundesverfassungsgerichts und die Zukunft des Deutschlandtickets. Das sind einige Themen, die der Bundestag berät.
Inhalt
Nachdem der Bundestag am Montag Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) das Vertrauen entzogen und den Weg für Neuwahlen geebnet hat, beginnt die Sitzungswoche am Mittwochmittag mit der Regierungsbefragung. In der letzten Sitzungswoche des Jahres stellen sich Verteidigungsminister Boris Pistorius und Bauministerin Klara Geywitz (beide SPD) den Fragen der Abgeordneten. In der an die Fragestunde anschließenden Aktuellen Stunde geht es um die Lage in Syrien nach dem Ende des Assad-Regimes. Abschließend beraten wird am Mittwoch der Regierungsentwurf für eine Finanzmarktdigitalisierungsgesetz. Außerdem steht ein FDP-Antrag, der eine bessere Unterstützung von Selbstständigen fordert, auf der Tagesordnung. Über die Abschaffung des Solidaritätszuschlags berät der Bundestag in dieser Woche gleich zweimal: am Mittwoch auf Basis von Anträgen der AfD-Fraktion und einen Tag später auf Grundlage eines Gesetzesentwurfes der FDP-Fraktion.
Am Donnerstagvormittag entscheidet das Parlament über zwei Gesetzentwürfe von Koalition und Union – sowie dem fraktionslosen Abgeordneten Stefan Seidler – die unter anderem darauf abzielen, die Wahl der Richter des Bundesverfassungsgerichts grundgesetzlich zu regeln. Korrekturen bei der Wirtschaftspolitik mahnen sowohl die Union als auch die AfD an: Über die Unionsforderung nach einer „Sozialen Marktwirtschaft statt grüner Planwirtschaft“ wird ebenso debattiert wie über den Antrag der AfD mit der Forderung nach einer sofortigen Wirtschaftswende für Deutschland. Auch stimmt der Bundestag über das Filmförderungsgesetz der Bundesregierung ab. Am Abend beraten die Abgeordneten über Änderungen des Mutterschutzgesetzes. Dazu gibt es eine Vorlage der Koalition – ebenso wie von der Union.
Am Freitagmorgen steht die Energiepolitik im Mittelpunkt. Zur Abstimmung steht der Regierungsentwurf zur geänderten Erhebung der Gasspeicherumlage. In der darauffolgenden Debatte wird über die Novelle des Regionalisierungsgesetzes abgestimmt – und damit über die Sicherung des Deutschlandtickets für das kommende Jahr. Die Unionsforderung nach einem Stopp der illegalen Migration steht ebenfalls auf der Tagesordnung, die derzeit insgesamt 22 Punkte umfasst.
Aktuelle Stunde zur Lage in Syrien am Mittwoch
Das Regime des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad ist Geschichte. Von islamistischen Rebellengruppen gestürzt, befindet sich der Diktator im Asyl in Russland. Wie geht es nun weiter in Syrien? Wird das Land zur Demokratie geführt? Oder droht ein islamistischer Gottesstaat?
Darüber diskutiert der Bundestag am Mittwoch während einer von SPD und Grünen geforderten Aktuellen Stunde. Die entscheidende Frage wird aber sicherlich lauten: Welche Folgen hat der Machtwechsel in Syrien für Deutschland? Während auf der einen Seite eine zeitnahe Rückkehr nach Deutschland geflüchteter Syrer gefordert wird, gibt es auf der anderen Seite Bedenken, dass sich möglicherweise untereinander bekriegende Rebellengruppen für eine neue Fluchtbewegung sorgen könnten.
Entscheidung über die Stärkung des Bundesverfassungsgerichts am Donnerstag
Die ehemalige Ampelkoalition und die Union wollen das Bundesverfassungsgericht besser vor möglichen Entmachtungsversuchen durch extreme Parteien schützen. Über zwei dazu vorgelegte Gesetzentwürfe entscheidet das Parlament am Donnerstag. Nötig für die Grundgesetzänderung ist eine Zweidrittelmehrheit.
Daher ist auch die Union an Bord. Deren Fraktionschef Friedrich Merz hat die Zustimmung seiner Fraktion signalisiert - trotz, oder gerade wegen des nahen Endes der Legislaturperiode. Findet sich die benötigte Mehrheit kann am Freitag der Bundesrat seine Zustimmung geben. Nicht beteiligt an der Ausarbeitung der Gesetzentwürfe war die AfD. Wenig verwunderlich, da aus Sicht aller anderen Parteien die AfD die Partei ist, die – im Falle einer vorhandenen einfachen Mehrheit im Bundestag – die Institution Bundesverfassungsgericht per Gesetz zu schwächen versuchen könnte. Derzeit nämlich können wichtige Eckdaten des Bundesverfassungsgerichts mit einfacher Mehrheit geändert werden. Das soll sich künftig ändern.
Debatten über Soziale Marktwirtschaft und eine Wirtschaftswende
Auch wenn die Union offenbar einer künftigen schwarz-grünen Regierung offen gegenübersteht: Mit „grüner Planwirtschaft“ will man nichts zu tun haben, wie im Antrag der Fraktion mit dem Titel „Politikwechsel für Deutschland – Soziale Marktwirtschaft statt grüner Planwirtschaft“ deutlich wird.
In der Debatte darüber werden alle Fraktionen die Gelegenheit bekommen, ihre wirtschaftspolitischen Ideen für die nächste Legislaturperiode vorzustellen. Wer in dieser Zeit nicht alles unterbekommen hat, kann das wenig später nachholen. Die ebenfalls für Donnerstag angesetzte Debatte zum AfD-Antrag „Sofortige Wirtschaftswende für Deutschland einleiten“ liegt zeitlich und thematisch nicht weit weg.
„Weckruf“ von Top-Regisseuren: Zukunft der Filmförderung in Deutschland
Wim Wenders, Volker Schlöndorff und Tom Tykwer sind drei der namhaftesten Filmregisseure Deutschlands. Sie haben unlängst in einem offenen Brief vor dem Auslaufen der Filmförderung gewarnt. Der deutsche Film sei in höchster Gefahr, schreiben sie in ihrem „Weckruf“ an den Bundestag mit Verweis auf das Auslaufen des Filmförderungsgesetz in seiner aktuellen Fassung zum Ende des Jahres. Daher müsse die Novelle des Filmförderungsgesetzes von Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) noch in 2024 beschlossen werden.
Die Gesetzesnovelle, über die das Parlament voraussichtlich am Donnerstagabend beraten wird, sieht neben der Verlängerung der Filmabgabe, die Kinos, Videowirtschaft, TV-Sender und Programmvermarkter an die Filmförderungsanstalt (FFA) abführen müssen, eine weitgehende Automatisierung der Produktions- und Verleihförderung über ein Referenzmodell vor, das auch die wirtschaftlichen und kulturellen Erfolge früherer Filmproduktionen berücksichtigt.
Kommt der Mutterschutz auch bei Fehlgeburten nach der 20. Schwangerschaftswoche?
Aktuell steht Frauen nach Fehlgeburten vor der 24. Schwangerschaftswoche kein Mutterschutz zu. Das wollen SPD und Grüne ändern, weshalb sie einen gestaffelten Mutterschutz einführen wollen, der bereits für Fehlgeburten nach der 20. Schwangerschaftswoche greift. Unterstützung für dieses Vorhaben gibt es vom Sozialminister Nordrhein-Westfalens, Karl-Josef Laumann (CDU). Und auch den Petitionsausschuss des Bundestages wissen die Initiatoren hinter sich. In seiner Sitzung Anfang November hatte der Ausschuss einstimmig seine Unterstützung für eine darauf abzielende öffentliche Petition (ID 136221) bekundet.
Wie sich die Union im Bundestag zu dem Thema positioniert, wird sich bei der Debatte am Donnerstagabend zeigen. CDU und CSU haben einen eigenen Gesetzentwurf „zur Anpassung des Mutterschutzgesetzes und weiterer Gesetze – Anspruch auf Mutterschutzfristen nach einer Fehlgeburt“ angekündigt.
Novelle des Regionalisierungsgesetzes: Am Freitag geht es um das Deutschlandticket
Die Zukunft des Deutschlandtickets galt eigentlich als gesichert - zumindest für 2025. Aus dem 49-Euro-Ticket wird ab dem 1. Januar 2025 ein 58-Euro Ticket.
Auf diese Preiserhöhung hatte sich die Verkehrsministerkonferenz verständigt, nachdem der Bund klar gemacht hatte, lediglich die vereinbarten 1,5 Milliarden Euro zur Verfügung zu stellen. Die Länder sind dabei jedoch davon ausgegangen, dass nicht abgerufene Mittel in die Folgejahre übernommen werden können, wie es die bislang noch nicht verabschiedete Novelle des Regionalisierungsgesetzes vorsieht. Bei der Abstimmung am Freitag, für die aus den Reihen der CDU/CSU-Fraktion Zustimmung signalisiert wird, geht es also um nicht weniger als die Fortführung des Deutschlandtickets in dem kurz bevorstehenden Jahr 2025. Wie es in den Folgejahren mit dem Ticket weitergeht, ist derzeit völlig offen.
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