Piwik Webtracking Image

Anhörung zur Krankenhausreform : Krankenhausreform wird von Experten teils skeptisch gesehen

Experten haben die Krankenhausreform im Gesundheitsausschuss grundsätzlich befürwortet. Die Kritik bezieht sich vor allem auf Fragen der Finanzierung.

26.09.2024
True 2024-09-26T14:56:20.7200Z
2 Min

Große Anhörungen zu opulenten Gesetzentwürfen mit Dutzenden Sachverständigen sind im Gesundheitsausschuss nicht eben selten. Als am Mittwoch die Krankenhausreform auf der Tagesordnung stand, fühlte sich die Ausschussvorsitzende Kirsten Kappert-Gonther (Grüne) gleichwohl zu der Bemerkung veranlasst, dass dies "eine große und elementar wichtige Anhörung" sei. Tatsächlich sind die Erwartungen an die Reform ebenso groß wie die Sorgen, es könnte zu einer Unterversorgung gerade in ländlichen Regionen kommen.

In der Anhörung machten die Experten deutlich, dass die Reform grundsätzlich sinnvoll ist. Allerdings werden insbesondere die Finanzierungs- und Qualitätsvorgaben skeptisch gesehen. Die Sachverständigen äußerten sich in der Anhörung sowie in schriftlichen Stellungnahmen.

Vorhaltepauschalen sollen Fallpauschalen ergänzen

Die Allianz kommunaler Großkrankenhäuser (AKG), der Deutsche Evangelische Krankenhausverband, der AOK-Bundesverband, die DAK und die Deutsche Krebsgesellschaft meldeten sich in einer gemeinsamen Stellungnahme zu Wort und forderten eine konsequente Umsetzung der Reform, um eine zukunftsfähige Krankenhausstruktur zu schaffen. Dazu bedürfe es einer fallzahlunabhängigen und bedarfsorientiert ausgestalteten Vorhaltefinanzierung.


„Wir haben eine dicke Mauer zwischen den Sektoren.“
Ferdinand Gerlach, Einzelsachverständiger

Mit der jährlichen Anpassung der Vorhaltefinanzierung auf Basis der Ist-Fallzahlen würde keine wesentliche Änderung geschaffen. Denn Mengenanreize blieben bestehen und die Ambulantisierung von Leistungen werde gebremst. Auch der Spitzenverband der Fachärztinnen und Fachärzte Deutschlands (Spifa) beklagte, die Reform vernachlässige die ambulante Seite. 

Krankenhausgesellschaft fordert Inflationsausgleich

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) erklärte, vor allem die nicht refinanzierten Kostensteigerungen der Jahre 2022 und 2023 hätten die wirtschaftliche Lage der Krankenhäuser verschärft. Zwingend nötig sei ein Inflationsausgleich für die beiden Jahre und die vollständige Refinanzierung der Personalkostensteigerungen. DKG-Vorstandschef Gerald Gaß warnte vor einer "kalten Marktbereinigung". Der Deutsche Städtetag sprach sich dafür aus, nicht finanzierte Kostensteigerungen aus 2022 und 2023 über eine Zwischenfinanzierung auszugleichen.

GKV-Mittel für Transformationsfonds in der Kritik

Der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) kritisierte, dass Struktur- und Finanzierungsreform voneinander entkoppelt würden. Auch führten die Regelungen zu erheblichen Mehrausgaben zulasten der Beitragszahler, erklärte der Verband mit Blick auf den Transformationsfonds in Höhe von 50 Milliarden Euro, der zur Hälfte von der GKV getragen werden soll. Der Umbau der Kliniklandschaft sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Die Finanzierungsverantwortung liege bei Bund und Ländern.

Mehr zur Krankenhausreform

Blick in einen OP-Saal, viele Tische mit OP-Besteck und Menschen in grünen Roben
Vorhalte- statt Fallpauschalen: Was die Finanzreform für die Zukunft der Kliniken bedeutet
Krankenhäuser sollen vom ökonomischen Druck entlastet werden und mehr Qualität bieten. Die Länder befürchten eine diktierte Strukturbereinigung und Kompetenzverlust.
Paula Piechotta im Porträt
Interview zur Krankenhausreform: "Zeit ist gleich Gehirnmasse"
In Bundesländern mit vielen kleinen Kliniken werden Schlaganfall-Patienten nicht schnell genug versorgt. Die Reform soll das ändern, sagt Paula Piechotta (Grüne).
Tauziehen - zwei Paar Hände ziehen an den beiden Enden eines Seils
Gastkommentare: Braucht es Ausnahmen für Kliniken auf dem Land? Ein Pro und Contra
Braucht es bei der Krankenhausreform Ausnahmen für Kliniken im ländlichen Raum? Timot Szent-Iványi ist dafür, Kerstin Münstermann findet, das ist der falsche Weg.

In der Anhörung spielten die geplanten 65 Leistungsgruppen eine wichtige Rolle. Verschiedene Experten machten deutlich, dass die Idee dahinter gut ist, allerdings werde die Reform damit auch sehr komplex. Der Einzelsachverständige Ferdinand Gerlach brachte eine Leistungsgruppe hausärztliche Versorgung ins Spiel, um die Sektorengrenzen zu überwinden. Gerlach beklagte “Wir haben eine dicke Mauer zwischen den Sektoren.”