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Finanzierung der Zukunft : Parteien wollen Reform des Gesundheitssystems

Um einen weiteren Anstieg der Beiträge zu vermeiden, wollen einige Parteien eine Bürgerversicherung einführen. Andere lehnen das strikt ab.

13.02.2025
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3 Min

Die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) und die soziale Pflegeversicherung (SPV) stehen finanziell stark unter Druck. Versicherte und Arbeitgeber haben das zum Jahreswechsel erneut an den höheren Beiträgen bemerkt. So stiegen die Zusatzbeiträge in der GKV im Schnitt um 0,8 Prozentpunkte auf 2,5 Prozent, der durchschnittliche Beitragssatz in der GKV erhöhte sich damit von 16,3 auf 17,1 Prozent. In der Pflegeversicherung stieg der Beitrag mit Beginn des Jahres 2025 um 0,2 Prozentpunkte auf 3,6 Prozent. Getragen werden die Beiträge paritätisch von Arbeitnehmern und Arbeitgebern.

Krankenkassen fordern die Politik zum sofortigen Handeln auf

Die Krankenkassen warnen vor weiter stark steigenden Kosten und damit auch vor höheren Beiträgen. Die Politik sei gefordert, wirksame Strukturreformen anzugehen und etwa die Finanzierung versicherungsfremder Leistungen vollständig zu übernehmen, mahnte der Ersatzkassenverband (vdek) Ende 2024. Die Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, Doris Pfeiffer, warnte, die Beitragsspirale werde sich weiter drehen, wenn die Politik nicht sofort gegensteuere. Jährliche Beitragssatzanhebungen zur Finanzierung der medizinischen und pflegerischen Versorgung dürften kein selbstverständliches Instrument der Gesundheitspolitik sein. "Immer neue Gesetze, die die gesundheitliche Versorgung kaum besser, dafür aber deutlich teurer machen, lösen die strukturellen Probleme der GKV nicht", mahnte Pfeiffer 2024. Die Kassen fordern unter anderem ausreichende Beitragspauschalen für Bürgergeldbezieher. Laut GKV zahlt der Bund für Bezieher von Bürgergeld im Jahr rund zehn Milliarden Euro weniger, als die Kassen für diese Leistungen im Auftrag des Staates ausgeben.

Foto: picture alliance / Zoonar

Die Parteien wollen die Gesundheitsversorgung preiswerter machen, um ständig steigende Beiträge zu verhindern. Die Konzepte sind aber sehr unterschiedlich.

Die akuten Finanzprobleme von GKV und SPV sind den Parteien natürlich nicht verborgen geblieben. Die Ampel-Koalition hatte sich auch vorgenommen, Finanzierungsfragen langfristig zu lösen, was aber nicht gelungen ist. So blieb eine angekündigte Reform zur nachhaltigen Pflegefinanzierung in der Schublade.

Mit der vorgezogenen Neuwahl kommen viele Vorschläge wieder zur Abstimmung, darunter einige, die schon seit Jahren kontrovers diskutiert werden. Der "Klassiker" unter den Reformvorschlägen ist die sogenannte Bürgerversicherung, die in unterschiedlicher Ausgestaltung von SPD, Grünen und Linken als ultimative Lösung der Finanzprobleme im Gesundheitssystem beworben wird. Das duale System mit dem Nebeneinander von GKV und privater Krankenversicherung (PKV) ist im internationalen Vergleich tatsächlich ein Exot und wird von Kritikern nicht nur für die hohen Beiträge verantwortlich gemacht, sondern auch für lange Wartezeiten auf Facharzttermine.

In den Wahlprogrammen spielt die Systemfrage eine Rolle

In den Wahlprogrammen der Parteien spielt die Systemfrage jeweils eine Rolle und bildet die ganze Bandbreite an politischen Vorstellungen ab. Bei der SPD heißt es: "Wir setzen auf ein solidarisches System einer Bürgerversicherung, das allen Menschen gleichen Zugang zu Gesundheitsleistungen in gleicher Qualität ermöglicht." Und weiter: "Versicherungsfremde Aufgaben im Gesundheitswesen wollen wir zukünftig ausreichend aus Steuermitteln finanzieren." 

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Bei den Grünen steht: "Unser Ziel ist die Bürgerversicherung, die neben den gesetzlich Krankenversicherten auch die Privatversicherten in den solidarischen Finanzausgleich des Gesundheitssystems einbezieht." Rentenbeiträge für pflegende Angehörige und Beiträge für Bürgergeldempfänger sollen "angemessener über den Staat finanziert werden". 

Ähnlich klingt es bei der Linkspartei: "Wir setzen uns für eine solidarische Gesundheits- und Pflegeversicherung ein. Alle zahlen ein, Beiträge werden auf alle Einkommen erhoben." Und: "Privatversicherte werden in die gesetzliche Krankenversicherung übernommen." Das BSW ist ebenfalls mit im Boot und hält fest: "Wir fordern die Abschaffung der Zusatzbeiträge und die Einführung einer Bürgerversicherung, in die alle Bürger nach ihrem Einkommen einzahlen und grundsätzlich gleiche Leistungen auf dem Niveau der höchsten medizinischen Standards erhalten."

Die FDP setzt hingegen auf "Wechsel- und Wahlfreiheit der Versicherten". Im Wahlprogramm heißt es: "Wir bekennen uns zum dualen System aus gesetzlicher und privater Krankenversicherung. Daher lehnen wir eine Einheitskasse ab." Auch die Union konstatiert: "Wir stehen (...) zur Dualität von gesetzlicher und privater Krankenversicherung." Und: "Dazu streben wir mehr Effizienz beim Einsatz von Beitragsgeldern an und stärken den Wettbewerb der Krankenkassen." Kosten senken will auch die AfD und dazu künftig die Beitragsmittel für Bürgergeldbezieher "vollständig aus dem Bundeshaushalt" aufbringen". Um Verwaltungskosten einzusparen, sollen ferner die Kranken- und Pflegeversicherung zusammengeführt werden.

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