Innere Sicherheit : Debatte über Befugnisse zur Terrorabwehr
Die Unionsfraktion fordert eine Vorratsdatenspeicherung von IP-Adressen. Die Regierungsfraktionen verweisen auf schon bestehende Alternativen.
"Die Gefährdung durch den islamistischen Terrorismus in Deutschland besteht fort", heißt es im jüngsten Verfassungsschutzbericht. Bei dessen Vorstellung erinnerte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) vergangene Woche daran, dass die Sicherheitsbehörden in diesem Jahr bereits zwei mögliche islamistische Anschläge verhinderten. Zwei Tage nach der Vorstellung des Berichts debattierte der Bundestag am Donnerstag erstmals über einen CDU/CSU-Antrag zur Bekämpfung des islamistischen Terrorismus.
Darin dringt die Unionsfraktion auf eine Vorratsspeicherung von IP-Adressen und plädiert dafür, dem Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) die Befugnis zur Online-Durchsuchung einzuräumen. Ferner spricht sie sich für eine nachträgliche Sicherungsverwahrung für Straftäter aus, bei denen eine psychische Störung vorliegt und deren Radikalisierung in der Haft zutage tritt. Zudem fordert sie unter anderem, die Prävention zur Verhinderung von Radikalisierung zu stärken und eine zentrale Untersuchung von Radikalisierungsprozessen im Strafvollzug einzuführen.
In der Debatte warf Alexander Throm (CDU) der Koalition vor, nichts unternommen zu haben, um die vom Islamismus ausgehenden Gefahren zu verringern. Insbesondere die FDP stelle sich gegen eine Mindestspeicherfrist für IP-Adressen sowie die BfV-Befugnis zur Onlinedurchsuchung und werde so ihrer Verantwortung nicht gerecht.
Verweis auf verfassungskonforme Lösungen
Vertreter der Koalition wie der Linken hielten im Gegenzug der CDU/CSU vor, sich in dem Antrag auf den islamistischen Terrorismus zu beschränken, statt alle Extremismusformen und insbesondere auch den Rechtsextremismus und -terrorismus als derzeit größte Gefahr in den Blick zu nehmen. Dabei betonte Uli Grötsch (SPD) zugleich, wie Faeser der Meinung zu sein, dass man so schnell wie möglich eine längere Speicherung von IP-Adressen bei den Providern ermöglichen müsse. Richtig sei auch, "dass wir bei extremistischen Straftätern in Haftanstalten mehr tun müssen".
Lamya Kaddor (Grüne) ergänzte, dass Gefängnisse ein "potenzieller Ort der Radikalisierung" seien und dringend bessere Präventions- und Deradikalisierungsarbeit gebraucht werde, nicht aber eine pauschale nachträgliche Sicherheitsverwahrung. Zugleich betonte sie, dass mit dem "Quick-Freeze-Verfahren" eine gute Alternative zur Vorratsdatenspeicherung vorliege, das nicht auf eine Überwachung aller Bürger setze.
Manuel Höferlin (FDP) monierte, die Union präsentierte bei vielen Sicherheitsproblemen stets "die verfassungswidrige Vorratsdatenspeicherung", obwohl es etwa mit dem Quick-Freeze-Verfahren verfassungsfeste Möglichkeiten für Strafverfolgungsbehörden gebe. Daran arbeite die Koalition.
Martina Renner (Linke) monierte, die Union wolle für Sicherheitsbehörden mehr Befugnisse, "die tief in Grund- und Bürgerrechte eingreifen", ohne dass damit "der NSU-Terror oder der Anschlag auf dem Breitscheidplatz hätte verhindert werden können".
Christian Wirth (AfD) stellte in Frage, dass die größte Gefahr in Deutschland vom Rechtsextremismus und -terrorismus ausgehe. So habe der Generalbundesanwalt 2022 in diesem Bereich 19 Verfahren eingeleitet, im Bereich des "islamistisch motivierten Extremismus/Terrorismus" dagegen 236 Verfahren.