Nach den Landtagswahlen : Schwierige Regierungsbildung in Sachsen und Thüringen
Nach den Wahlen in Sachsen und Thüringen stehen schwierige Regierungsbildungen an. Mit der starken AfD will niemand ein Bündnis eingehen.
Nach den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen ringen die Parteien in den Ländern um die Bildung stabiler Koalitionen. Wegen des starken Abschneidens von AfD und dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), das sich unlängst von der Linkspartei abgespalten hat, sowie dem schwachen Ergebnis von SPD, Grünen, FDP und Linken ist die Regierungsbildung in beiden ostdeutschen Ländern ausgesprochen kompliziert.
Keine Partei ist derzeit bereit, mit der AfD zusammen zu regieren, die in beiden Bundesländern vom Verfassungsschutz als "gesichert rechtsextremistisch" eingestuft wird. Auch das BSW wird unter anderem wegen seiner unterstellten Nähe zu Russland von anderen Parteien kritisch gesehen. Gleichwohl will die CDU in Sachsen und Thüringen, die in beiden Ländern vergleichsweise gute Ergebnisse erzielt hat, nun Gespräche zu einer möglichen Zusammenarbeit mit dem BSW aufnehmen.
BSW schließt Bündnis mit der AfD aus
Zuletzt sind allerdings in der Bundes-CDU Forderungen laut geworden, wonach ein Bündnis mit dem BSW auszuschließen sei. Für das BSW müsse wie für die Linke und die AfD ein Unvereinbarkeitsbeschluss gelten, hieß es aus Teilen der Partei. Dies führte zu der Warnung, dass in der Folge auch AfD und BSW eine Koalition bilden könnten. Wagenknecht selbst schloss ein solches Bündnis allerdings sofort aus. Derweil wirbt die AfD bei der CDU weiter für eine Zusammenarbeit.
Im Freistaat Sachsen hat die CDU die Landtagswahl am 1. September knapp mit 31,9 Prozent vor der AfD mit 30,6 Prozent gewonnen. Das BSW erreichte auf Anhieb 11,8 Prozent der Stimmen. Die SPD kam auf 7,3 Prozent, und auch die Grünen schafften mit 5,1 Prozent erneut den Sprung in den Dresdner Landtag.
Direktmandate der Linken in Sachsen
Die Linke scheiterte mit 4,5 Prozent (2019: 10,4 Prozent) zwar an der Fünf-Prozent-Hürde, zieht aber wegen der Grundmandatsklausel in der Landesverfassung trotzdem mit ihrem Zweitstimmenergebnis in den Landtag ein, weil sie zwei Direktmandate in Leipzig holte.
Die AfD gewann in Sachsen 28 Direktmandate, die CDU 27, Linke und Grüne je zwei und die Freien Wähler (FW) 1 Mandat. Die FDP blieb mit 0,9 Prozent der Zweitstimmen (2019: 4,5 Prozent) weit unterhalb der Sperrklausel.
Korrektur des Wahlergebnisses nach Softwarepanne
In Sachsen sah es zunächst so aus, als hätte die AfD eine sogenannte Sperrminorität erreicht, das Wahlergebnis wurde aber im Nachhinein korrigiert. Nach Angaben der Landeswahlleitung war ein Softwarefehler der Grund für die falsche Sitzverteilung.
Nach der Korrektur erhalten CDU und AfD nunmehr jeweils einen Sitz weniger, SPD und Grüne dafür jeweils einen Sitz mehr. Wenn eine Partei mehr als ein Drittel der Mandate erringt, kann sie Entscheidungen, die eine Zwei-Drittel-Mehrheit erfordern, verhindern, also solche mit Verfassungsrang. Die AfD behielt sich rechtliche Schritte vor, sollte es aus ihrer Sicht zu Unregelmäßigkeiten gekommen sein.
Kretschmer will keine Minderheitsregierung
Das bisherige Regierungsbündnis in Sachsen aus CDU, Grünen und SPD hat nach der Wahl keine Mehrheit mehr. Jedoch hätte ein Bündnis aus CDU, BSW und SPD oder Grünen eine Mehrheit. Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) stellte klar, dass eine Minderheitsregierung in Sachsen nicht infrage komme. Sollte es bis Anfang Februar 2025 nicht gelingen, eine stabile Landesregierung zu bilden, strebe er Neuwahlen an.
Der Regierungschef hat inzwischen mit Wagenknecht selbst gesprochen. Wie der sächsische CDU-Landesverband mitteilte, ging es bei dem Gespräch in Berlin darum, "Möglichkeiten einer konstruktiven politischen Zusammenarbeit auszuloten". In den nächsten Tagen sollen demnach Gespräche zwischen CDU und BSW beginnen.
Historischer Wahlsieg der AfD in Thüringen
In Thüringen schaffte die AfD einen historischen Wahlerfolg und wurde erstmals bei einer Landtagswahl stärkste politische Kraft. Die AfD erreichte mit ihrem Spitzenkandidaten Björn Höcke 32,8 Prozent der Zweitstimmen und damit im Landtag eine Sperrminorität. Die CDU kam auf 23,6 Prozent der Stimmen.
Das BSW erzielte auch in Thüringen auf Anhieb ein zweistelliges Ergebnis und mit 15,8 Prozent der Stimmen sogar ein noch besseres als in Sachsen. Die Linke stürzte hingegen um 17,9 Prozentpunkte auf 13,1 Prozent ab (2019: 31 Prozent). Die SPD kam auf 6,1 Prozent, Grüne und FDP blieben mit 3,2 beziehungsweise 1,1 Prozent klar unter der Fünf-Prozent-Hürde und sind im neuen Erfurter Landtag nicht mehr vertreten.
Mögliches Regierungsbündnis mit Tolerierung durch die Linke
In Thüringen ist die Koalitionsbildung noch komplizierter als in Sachsen. Das Land wurde in den vergangenen fünf Jahren bereits von einer rot-rot-grünen Minderheitsregierung geführt, die auf wechselnde Mehrheiten angewiesen war. Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) hatte wiederholt erklärt, diese Konstellation sei "erfolgreich, aber ein Kraftakt" gewesen. Er würde niemandem zu einer Minderheitsregierung raten.
Im Erfurter Landtag wäre eine Koalition mit Mandatsmehrheit unter Ausschluss der AfD nur möglich, wenn sich CDU, Linke und das BSW zusammenschlössen. Als mögliche Koalition gehandelt wird wegen der komplizierten Ausgangslage derzeit ein Bündnis aus CDU, BSW und SPD. Den drei Parteien würde jedoch ein Sitz für eine Mehrheit im Landesparlament fehlen. Denkbar wäre eine Tolerierung durch die Linke. Die Landesspitzen von Linke und BSW haben sich bereits getroffen, um die Ausgangslage nach der Wahl zu sondieren. Das Land habe politische Stabilität verdient, hieß es.