Parlamentarisches Profil : Überzeugte Ehrenamtliche: Andrea Lindholz
Andrea Lindholz (CSU) ist Vizepräsidentin der THW-Bundesvereinigung. Sie wünscht sich optimierte Strukturen, bessere Abstimmung und zuverlässigere Warnungen.
Andrea Lindholz' erster Einsatz als Vize-Landrätin im Kreis Aschaffenburg begann mit einem morgendlichen Anruf: Ein Großbrand bei einem Batteriehersteller, sie fuhr sofort hin. Das war 2008. Heute engagiert sie sich nicht nur im Bundestag für Bevölkerungs- und Katastrophenschutz und ist seit 2021 Vizepräsidentin des Vereins THW-Bundesvereinigung. "Damals stand ich vorm Feuer", erinnert sie sich, "und sah das perfekte Zusammenspiel zwischen Feuerwehr und Rotem Kreuz". Die Bedeutung gut organisierter Einsatzkräfte, des Bevölkerungsschutzes an sich sei ihr schon bewusst gewesen, "aber vor Ort machte es nochmal Klick".
Andrea Lindholz ist stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für Recht, Innen, Vertriebene, Aussiedler und deutsche Minderheiten.
Engagement beim Bayerischen Roten Kreuz Aschaffenburg
Es ist Freitagmittag, Lindholz ruft aus ihrem Bundestagsbüro an und hat gleich Verbesserungsvorschläge für Arbeitsweisen im Bundestag. Es ist der letzte Tag der letzten Sitzungswoche vor der Sommerpause; gestern verließ sie den Plenarsaal erst um 00:40 Uhr. "Entweder wir straffen die Tagesordnungen oder verschaffen uns mehr Sitzungswochen", schlägt die 50-jährige Anwältin vor.
Auf ihrer Website preist die CSU-Politikerin ehrenamtliches Engagement und auf Facebook schreibt sie über die 30 Millionen Menschen im Ehrenamt: "Ohne sie geht es oft nicht." Ihr eigenes Engagement als Schülersprecherin und als Kassiererin im Reiterverein begleiteten sie durch die Jugend, seit 2013 ist sie stellvertretende Vorsitzende des Bayerischen Roten Kreuzes Aschaffenburg.
Konsequenzen nach länderübergreifenden Großschadenslagen fehlen
Dass Bevölkerungsschutz sie umtreibt, merkt man rasch. Verzweifelt sie manchmal am Föderalismus in Deutschland, erschwert er zuweilen gute Krisenreaktion? "Am Föderalismus nicht, aber an der Katastrophendemenz schon." Ihr Eindruck sei: Sobald eine Krise halbwegs im Griff sei, setze diese Demenz ein, dann würden Vertreter auf allen politischen Ebenen sagen, unterm Strich sei es doch gar nicht so schlecht gelaufen. "Das ist es aber nicht, schauen wir doch auf Corona oder das Ahrtal. Das ist doch keinem zu vermitteln: Nach den Elbhochwassern von 2002 und 2006 wusste man, wo die Abstimmung nicht richtig funktioniert. Aber die entsprechenden Konsequenzen bei länderübergreifenden Großschadenslagen wurden nicht gezogen." Sie wünsche sich einen großen Ruck.
Das Gemeinsame Kompetenzzentrum von Bund und Ländern indes hält sie für "enorm wichtig", erhofft eine Optimierung der Strukturen, bessere Abstimmung und zuverlässigere Warnungen. Und sieht im Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) die Behörde, die nun Anstöße geben solle, "damit man sich auf freiwilliger Basis einigt". Ihr schweben zum Beispiel Fortbildungen von Bürgermeistern und Landräten zum Bevölkerungsschutz vor, der Aufbau einer zivilen Reserve und Kampagnen zur Sensibilisierung der Bevölkerung. Einer Grundgesetzänderung steht Lindholz skeptisch gegenüber. "Gegen den Willen der Länder können wir nichts unternehmen, sonst droht nur Stillstand."
Der Bevölkerungs- und Katastrophenschutz wird in den kommenden Jahren ein Riesenthema. Jetzt eingeleitete Maßnahmen sind erst der Anfang.
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Als Tochter von Rheinländern in Bonn geboren, zog Lindholz als Kind nach Aschaffenburg, wo ihr Vater als Arzt eine Stelle gefunden hatte. Seitdem ist sie Bayerin. War früh politisch interessiert, schaute sich auch die Grünen an, weil die Schülerin sich für FCKW-freie Sprays einsetzte. "Aber die waren mir zu einseitig." Die FDP sei gar nicht in Frage gekommen, "deren einseitige wirtschaftliche Betrachtungsweise steht zu sehr im Fokus". Ein Jahr vor ihrem zweiten juristischen Staatsexamen trat sie in die CSU ein, wurde drei Jahre später Gemeinderätin in Goldbach und zog in den Aschaffenburger Kreistag ein - bis heute.
Den Wahlkreis Stadt und Land Aschaffenburg gewann sie stets direkt.