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Versorgung mit Trinkwasser : So kommt das Trinkwasser in den Hahn

Hinter der täglichen Versorgung der rund 67.000 Menschen in Görlitz mit Trinkwasser steckt ein aufwendiger Prozess. Die dazu nötige Infrastruktur ist gewaltig.

06.08.2024
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5 Min

Egal ob zum Trinken, Kochen, Wäschewaschen, Putzen oder im Bad: Wir brauchen und nutzen Wasser in vielen Alltagssituationen. Um den lebenswichtigen Rohstoff jederzeit verfügbar zu machen, läuft im Hintergrund ein aufwendiger Prozess ab. Die wichtigste Ressource für die öffentliche Wasserversorgung ist das Grundwasser. Es speist sich aus versickerndem Regenwasser und ist durch die natürliche Filterwirkung des Bodens meist sehr gut geschützt. Vor allem entlang größerer Flüsse wird Grundwasser auch gezielt mit Oberflächenwasser angereichert, indem Fließgewässer angezapft werden. Das entnommene Wasser wird in spezielle Becken oder Gräben geleitet, um es versickern zu lassen. Teilweise bereits vorgereinigt, speist es als sogenanntes Uferfiltrat das Grundwasser.

Im sächsischen Görlitz etwa wird Uferfiltrat aus dem deutsch-polnischen Grenzfluss Neiße gewonnen. Das natürliche und künstlich angereicherte Grundwasser wird mit Hilfe von Pumpen in zahlreichen Brunnen aus der Tiefe geholt, um es danach in das Wasserwerk zu transportieren. Dieses befindet sich im Görlitzer Stadtteil Weinhübel, unweit der Neiße.

Das passiert bis das Wasser zur Versorgung ins Netz eingespeist werden kann

Bei der Aufbereitung wird das Wasser belüftet. Durch die Zugabe von Sauerstoff wird Kohlenstoffdioxid aus dem Wasser entfernt und der pH-Wert erhöht. Im zweiten Schritt fließt das Wasser durch einen Sandfilter, um Partikel wie Eisen- und Manganverbindungen zu eliminieren. Zum Schluss wird das Wasser chemisch entsäuert und desinfiziert, sodass es danach zur Versorgung der Bevölkerung ins Netz eingespeist werden kann.

Foto: picture alliance/chromorange/Michael Bihlmayer

Seit der Novellierung des Wasserhaushaltsgesetzes Ende 2022 sind Kommunen verpflichtet, zur Hitzevorsorge mehr Trinkwasserbrunnen etwa in Parks, Fußgängerzonen und Einkaufspassagen aufzustellen.

Die Stadtwerke Görlitz können im Wasserwerk Weinhübel täglich bis zu 14.000 Kubikmeter Trinkwasser aufbereiten. Es kommt jedoch nicht auf direktem Weg bei den Verbrauchern an, sondern wird zunächst in verschiedene Speicher gepumpt, damit es jederzeit und mit ausreichendem Druck zur Verfügung steht. Bis zu 400 Kubikmeter fasst der 30 Meter hohe Wasserturm, der seit 1892 in Görlitz in Betrieb ist. Im Gebäude gleich daneben befindet sich ein weiterer Wasserspeicher mit rund 4.000 Kubikmetern Fassungsvermögen. In mehreren Hochbehältern an der Landeskrone, dem Hausberg der Stadt, können insgesamt rund 15.000 Kubikmeter Wasser gespeichert werden.

Leitungsnetz in Görlitz misst rund 700 Kilometer

Für den erforderlichen Wasserdruck im gesamten Leitungsnetz von Görlitz sorgen Pumpen in sechs Druckerhöhungsanlagen. Insgesamt rund 700 Kilometer misst das Leitungsnetz, über das rund 67.000 Menschen mit Trinkwasser versorgt werden, darunter auch etwa 10.000 Einwohner der Umlandgemeinden. Neben Privathaushalten beliefern die Stadtwerke Görlitz freilich auch Industrieunternehmen und Gewerbekunden mit Trinkwasser.

Die Landskron Braumanufaktur etwa ist sowohl zum Brauen als auch zum Reinigen von Flaschen und Anlagen auf frisches Wasser angewiesen. Das Neißebad als kommunale Schwimmhalle benötigt pro Jahr etwa 30.000 Kubikmeter Wasser. Über 1.600 Hydranten, die ober- oder unteririsch im Stadtgebiet verteilt sind, wird das im Notfall erforderliche Löschwasser für die Feuerwehr bereitgestellt. Alle Abnehmer von Görlitzer Trinkwasser zusammen verbrauchen insgesamt bis zu 12 Millionen Liter an einem einzigen Tag.

Je nach Tages- oder Jahreszeit kann der Wasserbedarf stark schwanken. Wird beispielsweise in den Morgenstunden eine besonders große Menge gebraucht, kommen Wasserspeicher zum Einsatz. Sie dienen im Leitungsnetz als Puffer, um die Verbrauchsspitzen abzudecken und Schwankungen auszugleichen. Wenn weniger Wasser abgenommen wird, was meist über Nacht der Fall ist, werden die Wasserspeicher wieder aufgefüllt.

Bestens kontrolliert: Tests von Geruch, Geschmack, Aussehen und Zusammensetzung

Zur Kontrolle der Trinkwasserqualität werden jährlich etwa 400 Proben am Ausgang des Görlitzer Wasserwerks und im Leitungsnetz genommen, um sie im akkreditierten Labor der Stadtwerke zu untersuchen. Nach den gesetzlichen Vorschriften werden unter anderem Geruch, Geschmack, Aussehen sowie chemische und mikrobiologische Zusammensetzung des Trinkwassers getestet. Somit ist es eines der am besten kontrollierten Lebensmittel in Deutschland.

Auch die Versorgung in Notfällen gehört zum Kundenservice. Alle wasserwirtschaftlichen Anlagen sind mit einem Anschluss versehen, um mit einem externen Notstromaggregat betrieben werden zu können. Bei Rohrbrüchen oder Umweltkatastrophen wie einem Hochwasser etwa halten die Stadtwerke Görlitz eine gewisse Menge an Fünf-Liter-Kanistern mit Trinkwasser bereit, die bei Bedarf verteilt werden können. Bei größeren Versorgungsausfällen können Wasserwagen aufgestellt werden, an denen sich die Menschen in Kanistern, Flaschen oder Eimern selbst Wasser abfüllen können.

Pro-Kopf-Verbrauch liegt bei 90 Liter

Etwa 90 Liter beträgt der tägliche Pro-Kopf-Verbrauch an Wasser in Görlitz. Damit liegt er mehr als 30 Liter unter dem bundesweiten Durchschnitt. Etwa ein Drittel der Menge wird zum Trinken oder zur Nahrungszubereitung verwendet. Der Rest entfällt auf Körperhygiene, Toilettenspülung oder Waschmaschine. In vielen Industriezweigen kommt Wasser in unterschiedlichsten Produktionsschritten zum Einsatz - vom Kühlmittel bis zum Produktbestandteil.

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Nach Angaben des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches (DVGW) gewährleisten in Deutschland etwa 6 000 Betriebe und Unternehmen mit etwa 38.000 Mitarbeitern die öffentliche Wasserversorgung, indem sie jährlich mehr als fünf Milliarden Kubikmeter Trinkwasser zu den Verbrauchern transportieren. Zu etwa 70 Prozent speisen dabei Grund- und Quellwasser die Aufbereitungsanlagen. Etwa 12 Prozent des Trinkwassers in Deutschland stammt aus Talsperren, die Flüsse und Bäche zu enormen Wasserspeichern aufstauen.

Riesiges Leitungsnetz: bundesweit rund 530.000 Kilometer

Die Infrastruktur für die öffentliche Trinkwasserversorgung wurde ab den 1840er Jahren kontinuierlich ausgebaut. Heute weist das Leitungsnetz bundesweit eine Länge von rund 530.000 Kilometern auf. Statistiken zeigen, dass den Verbrauchern im Schnitt nur zwei bis drei Minuten pro Jahr kein fließendes Wasser zur Verfügung steht. Im Mittel kommen etwa acht Schäden auf je 100 Kilometer Leitungslänge.

Ein Teil des Trinkwassers geht durch undichte und reparaturbedürftige Rohrleitungen verloren. Ein Grund dafür ist das Alter des Versorgungssystems, dass in Westdeutschland zum überwiegenden Teil in den 1950er und 1960er Jahren zuletzt erneuert wurde. In den ostdeutschen Bundesländern sind ab den 1990er Jahren weite Teile der Anlagen und Netze modernisiert worden - mit dem Ergebnis, dass die bis dato sehr hohen Wasserverluste deutlich reduziert werden konnten.

18.700 Wasserschutzgebiete in Deutschland

Um Verunreinigungen bereits im Vorfeld zu verhindern, sind zum Schutz der kostbaren Ressource rund 18.700 Wasserschutzgebiete in Deutschland ausgewiesen, was etwa 18 Prozent der Landesfläche entspricht. Wasserschutzgebiete sind meist in drei Zonen mit unterschiedlich strengen Vorgaben eingeteilt, die etwa die Lagerung wassergefährdender Stoffe, Beschränkungen für die Landwirtschaft oder die Ausweisung von Industriegebieten betreffen. In Schutzzone I, die sich unmittelbar um Brunnen oder Talsperren befindet, sind die Sicherheitsauflagen so hoch, dass der Zutritt für Unbefugte komplett verboten ist.

Der Klimawandel und andere Umweltfaktoren fordern die Wasserversorger zunehmend heraus. Die Stadtwerke Görlitz haben deshalb ein "Multibarrieren-Konzept" entwickelt, das sich in drei Stufen gliedert. Im ersten Schritt geht es um die nachhaltige Gewinnung von Trinkwasser. 2018 wurde dazu ein Horizontalfilterbrunnen errichtet, der 30 alte Brunnen ersetzt und ausreichende Wassermengen sichert.

Schutz gegen Verunreinigungen nach Hochwasser 

Die zweite Stufe zielt darauf ab, Verunreinigungen effektiver aus dem Grundwasser zu entfernen. Das Görlitzer Wasserwerk wird dazu mit neuer Technik zur Vorbehandlung ausgerüstet. Zur Anwendung kommt ein speziell entwickeltes Verfahren, das Schutz gegen Verunreinigungen nach Hochwasser bietet und die Filterleistung verbessert.

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In den kommenden Jahren soll teilweise eine dritte Stufe umgesetzt werden, um sogenannte Spurenstoffe, also etwa Rückstände von Arzneimitteln oder Pflanzenschutzmitteln, bei der Wasseraufbereitung effektiver herausfiltern zu können. Das geschieht durch den Einsatz von Aktivkohlefiltern und Membranfiltration. Auf diese Weise wollen die Görlitzer Stadtwerke garantieren, dass auch künftigen Generationen qualitativ hochwertiges Trinkwasser zur Verfügung steht.