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Rechtspolitische Folge der Maskenaffäre: Die "unzulässige Interessenwahrnehmung" steht nun unter Strafe.

Strafrecht verschärft : Bezahlte Einflussnahme kann ins Gefängnis führen

Abgeordnete können künftig für bezahlte Einflussnahme für Dritte ins Gefängnis kommen. Das vom Bundestag beschlossene Gesetz ist eine Folge der Maskenaffäre.

26.04.2024
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4 Min

Bundestagsabgeordnete, die das Prestige ihres Mandates nutzen, um sich etwa gegen eine üppige Provisionszahlung bei einem Ministerium dafür einzusetzen, dass ein bestimmtes Unternehmen einen Auftrag erhält, machen sich künftig strafbar. Ihnen und jenen, die sie dafür bezahlen, droht im Falle einer Verurteilung eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe. Das sieht der am Donnerstagabend vom Bundestag beschlossene Gesetzentwurf zur "Strafbarkeit der unzulässigen Interessenwahrnehmung" vor. Für die von den Koalitionsfraktionen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP eingebrachte und vom Rechtsausschuss leicht geänderte Vorlage stimmten die einbringenden Fraktionen sowie die AfD bei Enthaltung der CDU/CSU und der Gruppe Die Linke.

Die Maskenaffäre blieb ohne juristische Folgen

Damit zieht das Parlament rechtspolitische Konsequenzen aus der sogenannten Maskenaffäre der vergangenen Legislaturperiode und deren strafrechtlicher Aufarbeitung. Unter anderem einem ehemaligen Abgeordneten der CSU war vorgeworfen worden, sich gegen Provision bei einem Bundesministerium für einen Schutzausrüstungshersteller eingesetzt zu haben. Nach Bekanntwerden der Vorwürfe folgten ein öffentlicher Aufschrei, Rücktritte, Ermittlungen wegen des Verdachts der Bestechlichkeit von Mandatsträgern (Paragraf 108e Strafgesetzbuch) und Hausdurchsuchungen.

Strafbar hatte sich der Abgeordnete aber nicht gemacht, wie schließlich der Bundesgerichtshof feststellte. Der Tatbestand der Abgeordnetenbestechung ist laut dem Gericht nur dann erfüllt, wenn es um parlamentarische Tätigkeiten im engeren Sinne geht. Heißt: Ein Abgeordneter, der beispielsweise gegen Bezahlung eine Rede im Plenum hält, macht sich strafbar; ein Abgeordneter, der seine während des Mandates entstandenen Kontakte und Beziehungen in Ministerien nutzt, um gegen Bezahlungen Unternehmen Aufträge zu verschaffen, nicht.


Katrin Helling-Plahr (FDP)
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„Jedweder Verflechtung von monetären Interessen und Mandat muss Einhalt geboten werden.“
Katrin Helling-Plahr (FDP)

Dieser von der Fachwelt und im Bundestag als Strafbarkeitslücke gesehener Umstand ändert sich nun. Ein neuer Paragraf 108f im Strafgesetzbuch stellt die "unzulässige Interessenwahrnehmung" unter Strafe. Die Regelung gilt demnach für Bundestags- und Landtagsabgeordnete, Europaparlamentarier sowie Mitglieder der parlamentarischen Versammlung einer internationalen Organisation. Letzteres meint etwa die parlamentarische Versammlung des Europarates. Das Gremium hatte in den vergangenen Jahren auch mit einem größeren Korruptionsskandal ("Kaviargate") zu tun, bei dem auch deutsche Unionsabgeordnete im Fokus standen.

Ein "ungerechtfertigter Vermögensvorteil" ist strafbar

Strafbar macht sich ein Mandatsträger danach grundsätzlich, wenn er für sich oder einen Dritten einen "ungerechtfertigten Vermögensvorteil" fordert oder annimmt beziehungsweise versprechen lässt, "dass er während seines Mandats zur Wahrnehmung von Interessen des Vorteilsgebers oder eines Dritten eine Handlung vornehme oder unterlasse". Weitere Voraussetzung ist, dass die betroffene "entgeltliche Interessenwahrnehmung die für die Rechtsstellung des Mandatsträgers maßgeblichen Vorschriften verletzen würde". Für Bundestagsabgeordnete sind solche Vorschriften in Paragraf 44a Abgeordnetengesetz geregelt, die Ergänzung erfolgte nach der Maskenaffäre.

Abgeordnete wollen Vertrauen wiederherstellen

In der Debatte waren sich die Rednerinnen und Redner aller Fraktionen einig, dass die beschlossene Änderung grundsätzlich richtig und wichtig ist. "Jedweder Verflechtung von monetären Interessen und Mandat muss Einhalt geboten werden, wenn das Vertrauen in die parlamentarische Demokratie und ihre Mandatsträger nicht unterlaufen werden soll", sagte etwa Katrin Helling-Plahr (FDP).

Es sei eine "weitreichende Verschärfung", mit der eine "erhebliche Strafbarkeitslücke" geschlossen werden, führte Johannes Fechner (SPD) aus.

Manuela Rottmann (Bündnis 90/Die Grünen) ging die Union scharf für ihre angekündigte Enthaltung an. Mit Verweis auf diverse Skandale um Unionsabgeordnete sagte Rottmann, dass heute die letzte Gelegenheit sei, zu beweisen, "dass sie sich befreien können von der Amigo-Leitkultur der Union".

Union kristisiert: Ampel ignorierte viele Anregung aus der Anhörung

Ansgar Heveling (CDU) hatte zuvor kritisiert, dass die Koalition zahlreiche in der Anhörung aufgeworfene Aspekte nicht aufgegriffen habe. Eine deutlichere Formulierung, was mit "während des Mandats" gemeint ist, wäre nicht nur in der Gesetzesbegründung wünschenswert gewesen, diese war im parlamentarischen Verfahren noch ergänzt worden, sondern im Gesetzestext selbst. "Klarheit einer Norm ist gerade im Strafrecht der entscheidende Faktor. Es muss klar sein, was von der Strafbarkeit umfasst ist", kritisierte der Christdemokrat.

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Stephan Brandner (AfD) sagte, die Verschärfung müsse kommen, komme für die zahlreichen Skandale der Union aber zu spät. Die AfD hatte im Rechtsausschuss erfolglos gefordert, auch kommunale Mandatsträger einzubeziehen.

Das EU-Parlament hat ein Ethikgremium beschlossen

Mit der nun beschlossenen Strafrechtsverschärfung setzt die Koalition auch ein Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag um. Weiterer Anpassungsbedarf könnte sich demnächst aus europarechtlichen Regeln ergeben. Auf EU-Ebene wird weiterhin der Vorschlag der Kommission für eine EU-Antikorruptionsrichtlinie diskutiert. Darin sollen verbindliche Regeln für die Mitgliedsstaaten zur Korruptionsbekämpfung festgeschrieben werden. In der Bundespolitik hatte die darin vorgesehene Gleichstellung von Amts- und Mandatsträgern für Unruhe gesorgt, die das deutsche Recht in dieser Form nicht kennt. Wann - und in welcher Form - die Richtlinie kommt, ist aber noch unklar.

Derweil hat auch das Europäische Parlament Konsequenzen auf dem Korruptionsskandal um die ehemalige Vizepräsidentin des Parlaments, Eva Kaili, gezogen. Die Abgeordneten stimmten ebenfalls am Donnerstag der Einführung eines Ethikgremiums auf EU-Ebene zu. Es soll künftig die Einhaltung von Lobby- und Antikorruptionsregeln kontrollieren.