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Gesetz beschlossen : SED-Opfer können auf deutliche Verbesserungen hoffen

Höhere Opferrente, Vermutungsregelung, Härtefallfonds: Einstimmig bringt der Bundestag Verbesserungen für Opfer der SED-Diktatur auf den Weg.

31.01.2025
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3 Min

Der Bundestag hat am Donnerstagabend erhebliche Verbesserungen für SED-Opfer auf den Weg gebracht. Die einstimmig beschlossenen Änderungen rehabilitierungsrechtlicher Vorschriften gehen deutlich über das hinaus, was noch von Ex-Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) im Regierungsentwurf vorgesehen war. CDU/CSU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP hatten im Rechtsausschuss noch entsprechende Anpassungen vorgenommen und damit viele Anregungen und Kritikpunkte der SED-Opferbeauftragten beim Deutschen Bundestag, Evelyn Zupke, sowie von Opferverbänden aufgenommen. Zupke sprach im Vorfeld der Debatte davon, dass der Bundestag "die Unterstützung der Opfer der SED-Diktatur auf ein neues Fundament" stelle. Die spürbaren Verbesserungen würden den Opfern ganz konkret in ihrem Alltag helfen, teilte Zupke mit.

Foto: picture alliance / CHROMORANGE

An politisch Verfolgte aus der DDR wird nicht nur erinnert, wie hier im thüringischen Blankenberg an der früheren innerdeutschen Grenze, sie werden künftig auch besser finanziell abgesichert.

Lange geforderte Vermutungsregelung kommt

So wird nun eine Vermutungsregelung für die Anerkennung verfolgungsbedingter Gesundheitsschäden von SED-Opfern eingeführt. Seit Jahren beklagen Betroffene, dass Behörden ihre Anträge auf die Anerkennung von Gesundheitsschäden ablehnen, weil es ihnen nicht gelingt, den kausalen Zusammenhang zwischen beispielsweise einer Inhaftierung zu DDR-Zeiten und einer posttraumatischen Belastungsstörung nachzuweisen. Nun soll die Beweislast umgekehrt werden. 

Die Bundesregierung hatte im Regierungsentwurf noch ausführlich dargelegt, dass sie eine rechtliche Anpassung nicht für erforderlich halte, da das Soziale Entschädigungsrecht ausreichend geändert worden sei. Dieser Annahme hatte in der Anhörung zu dem Entwurf nicht nur SED-Opferbeauftragte Zupke nachdrücklich widersprochen.

SED-Opferrente wird 2025 erhöht und ab 2026 dynamisiert

Weitere Änderungen gibt es auch bei der sogenannten SED-Opferrente. Diese soll ab dem Jahr 2026 an die allgemeine Rentenentwicklung gekoppelt werden, also dynamisiert werden. Vorher wird sie aber noch erhöht. Ab dem 1. Juli 2025 soll sie 400 Euro statt 330 Euro betragen. Zudem wird künftig auf eine Bedürftigkeitsprüfung verzichtet. Der Regierungsentwurf hatte nur die Dynamisierung vorgesehen. 

Analog soll auch die Ausgleichsleistung für beruflich Verfolgte erhöht werden. Die Ausgleichsleistung soll demnach zum 1. Juli von 240 auf 291 Euro angehoben werden, ab dem Jahr 2026 ist ebenfalls eine Dynamisierung vorgesehen.

Geregelt wird nun auch das Zweitantragsrecht

Neu - und ebenfalls vielfach gefordert - ist ein sogenanntes Zweitantragsrecht. "Dieses ermöglicht es Personen, deren Antrag auf strafrechtliche Rehabilitierung unter der Geltung einer früheren (für den Betroffenen ungünstigeren) Rechtslage rechtskräftig abgelehnt wurde, bei späteren gesetzlichen Änderungen im StrRehaG zugunsten des Betroffenen erneut einen Antrag auf strafrechtliche Rehabilitierung zu stellen", heißt es in der Begründung des Änderungsantrags.

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Angepasst wird auch die neue Einmalzahlung für Opfer von Zwangsaussiedlungen. Sie soll 7.500 Euro betragen, im Regierungsentwurf waren 1.500 Euro vorgesehen. Außerdem ist nun vorgesehen, dass auch Opfer von Zersetzungsmaßnahmen außerhalb des Beitrittsgebiets eine Einmalzahlung in Höhe von 1.500 Euro erhalten können.

Das Kernstück des Regierungsentwurfs, der bundesweite Härtefallfonds, bleibt weitestgehend unverändert. Änderungen diesbezüglich betreffen vor allem die Wahl des Stiftungsrats der Stiftung für ehemalige politische Verfolgte sowie eine Klarstellung, dass von Dritten dem Fonds zur Verfügung gestellte Mittel für die Gewährung von Leistungen aus dem Fonds genutzt werden dürfen. Hintergrund ist die Ankündigung von IKEA, den Fonds mit sechs Millionen Euro zu unterstützen. Das schwedische Möbelunternehmen hatte in der Vergangenheit von der Zwangsarbeit in DDR-Gefängnissen profitiert.

Opfer des DDR-Zwangsdopings in den Blick genommen

In der Debatte freuten sich die Rednerinnen und Redner aller Fraktionen über die erreichten Veränderungen an dem Gesetzentwurf. Gelobt wurde auch der Einsatz der Opferverbände und der SED-Opferbeauftragten Zupke. Katrin Budde (SPD), die ihre letzte Rede als Abgeordnete hielt, machte für den Durchbruch den Bruch der Ampel verantwortlich: "Wir hätten das Gesetz wahrscheinlich nicht so umfänglich ändern können, wenn die Koalition gehalten hätte", sagte die Sozialdemokratin, “bitten machen Sie es aber trotzdem nicht nach, es ist immer besser, wenn Koalitionen bis zum Ende halten.”

Die Abgeordneten thematisierten in der Debatte zudem den Umgang mit den Opfern des DDR-Zwangsdopings und beschlossen einen entsprechenden Antrag. Die SED-Opferbeauftragte wird darin aufgefordert, dem Bundestag einen Bericht vorzulegen, der speziell aktuelle Ergebnisse der Forschung zu den gesundheitlichen Langzeitfolgen darstellt. Er müsse zudem Handlungsempfehlungen aufzeigen und solle als Grundlage für eine Entscheidung zur besseren Unterstützung der Opfer des DDR-Zwangsdopings in der 21. Wahlperiode dienen.

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