Ortstermin : Warum der Wahlkampf in New York City etwas chamäleonartiges hat
In den Straßen New Yorks, einer Hochburg der Demokraten, ist der Wahlkampf wenig präsent – ein Streifzug durch die Weltstadt kurz vor Wahl.
Entspannter Wahlkampf für Harris-Unterstützer: New York ist eine Hochburg der Demokraten.
Nur noch wenige Tage, bis in den USA entschieden wird, wer der neue Präsident oder die neue Präsidentin wird - ein roter Republikaner oder eine blaue Demokratin? Als sicher gilt, dass die demokratische Kandidatin Kamala Harris die Electoral Votes aus New York gewinnen wird. Denn: Die Oststaatenmetropole, immerhin Geburtsort von Donald Trump, gilt als Demokraten-Hochburg. Bei so viel Zustimmung für die Demokratische Partei stellt sich die Frage: Wird in New York City überhaupt noch für die Wahl geworben?
Natürlich gibt es große Kundgebungen. Trump spricht eine Woche vor der Wahl im Madison Square Garden zu seinen Anhängern. In den Straßen ist der Wahlkampf aber weniger präsent. Wer genau hinschaut, findet sie aber, die kleinen Botschaften, Hinweise und Aufforderungen zur Präsidentschaftswahl 2024. Sie sind nicht laut, bunt und omnipräsent. Eher subtil, diskret. Chamäleonartig fügen sie sich ein in ein sich permanent wechselndes Stadtbild. "Taking Action, Taking A Stand - Vote Democracy", heißt es beispielsweise auf einem Sticker an einer Straßenlaterne in Soho, einem ehemals linken Künstlerviertel in Manhattan.
Queere Zeitung warnt vor Trump-Präsidentschaft
Ursprünglich bekannt als Brutstätte für talentierte Künstler und Designer, hat sich Soho (kurz für: South of Houston Street) in den letzten Jahren zu einem hochpreisigen Einkaufsviertel entwickelt. Doch trotz explodierender Wohn- und Galeriepreise ist Soho noch immer ein vibrierendes, schillerndes Stadtviertel - auch dank seiner queeren Nachbarschaft.
Es scheint also kein Zufall zu sein, dass in Soho für die Demokratische Partei geworben wird, schließlich gilt der republikanische Kandidat Donald Trump als queerfeindlich. Darüber informiert auch die kostenlose Lokalzeitung "Gay City News", die vielerorts in Soho ausliegt und analysiert, was eine Rückkehr Trumps für die LGBTQ-Rechte bedeuten würde. Spoiler: Nichts Gutes.
Verlässt man die Lower East Side in Richtung Midtown, wird es schwieriger, Hinweise auf die bevorstehende Wahl zu finden. Wahlplakate sucht man vergeblich, und auch sonstige parteipolitische Werbung existiert nicht. Kaum zu übersehen ist dafür ein gigantisch großes Banner am Eingang der Public Library. Mit seinem weißen Schriftzug "vote" schreit es dem Betrachter fast schon entgegen, wählen zu gehen. Wie das geht, erklären einem die unzähligen Informationsmaterialien in der Eingangshalle der Bibliothek, übersetzt in neun verschiedene Sprachen.
Harlem: Verändertes Stadtbild, unverändertes Wahlverhalten der Bewohner
Weiter geht es mit dem meistgenutzten New Yorker Fortbewegungsmittel, der Subway. Der Express-Zug Richtung Uptown kommt quietschend zum Stehen. Die Türen öffnen sich und geben freie Sicht auf den plakatierten Zug. Zwischen Werbung für Anwaltskanzleien, dem neuen iPhone und Online-Dating-Plattformen finden sich vereinzelt Wahlplakate. Doch auch hier: Maximale Parteineutralität, lediglich zur Wahl wird aufgerufen.
Nicht einmal eine halbe Stunde dauert die Fahrt nach Harlem, in ein Stadtviertel, das für viele noch immer nach Gospel und Jazz klingt. Die Zeiten, in denen Harlem als sozialer Brennpunkt galt, sind vorbei - das Viertel der wohl bekanntesten Black Community der Welt lebt seit einigen Jahren wieder auf. Doch auch wenn sich das Stadtbild verändert hat, so ist das Wahlverhalten der Bewohner unverändert. Seit Jahrzehnten wird in Harlem die Demokratische Partei gewählt, bei der letzten Präsidentschaftswahl mit rund 85 Prozent. Zwar gibt es auch hier keine Wahlplakate, doch wer länger sucht, findet bei dem ein oder anderen Straßenhändler wahlweise ein Poster, eine Tasse oder eine Cap mit dem Konterfei von Kamala Harris - dargestellt als schwarzer Popstar.
In der Bronx fällt die Wahlbeteiligung gering aus
Dann geht es in das nördlichste Borough der Stadt, in die Bronx. In den 1970ern war sie Sinnbild städtischen Verfalls und zugleich Geburtsort des Hip-Hops. Bis heute sind Teile bitterarm und die Kriminalitätsrate im Vergleich zu den anderen Stadtteilen noch immer hoch. Gering hingegen ist die Wahlbeteiligung; bei der letzten Präsidentschaftswahl 2020 haben in der Bronx nur knapp über der Hälfte (56,5 Prozent) der Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben; und dennoch verhält es sich hier wie in ganz New York City: Man muss sie nur suchen, die versteckten Hinweise auf die bevorstehende Wahl.
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