Parlamentarisches Profil : Der Selbstständige: Kay-Uwe Ziegler
An der Krankenhausreform der Ampel sei nicht alles schlecht, sagt der AfD-Gesundheitspolitiker Kay-Uwe Ziegler - nur sei vieles noch nicht zu Ende gedacht.
Vielleicht lag es an einem Abendessen, weswegen er in die Politik ging. Manche Politiker haben Erweckungserlebnisse, und Kay-Uwe Ziegler widerfuhr es vor ein paar Jahren.
Der damals parteilose Einzelhändler hatte vor einem Stadtausschuss in Bitterfeld seine Ideen zur Gestaltung der Innenstadt vortragen wollen, da hob ein FDP-Mann die Hand. "Der stellte den Antrag, dass meine Redezeit verkürzt wird", erinnert sich Ziegler, "weil zuhause das Abendessen warte".
Kay-Uwe Ziegler ist seit 2021 Mitglied des Deutschen Bundestages. Er ist Obmann im Gesundheitsausschuss.
Kandidatur als Oberbürgermeister in Bitterfeld-Wolfen
In der sich anschließenden Diskussion hörte er sich an, "dass ich mich ja selbst aufstellen lassen könne, wenn mir das nicht passt". Ziegler, heute 60, passte es nicht. Später, im Jahr 2016, trat er in die AfD ein, "die CDU-Leute fand ich zu unsympathisch", und kandidierte sogleich als Oberbürgermeister in Bitterfeld-Wolfen, erhielt aus dem Stand heraus 20,9 Prozent der Stimmen. Der Geschäftsführer in der Textilbranche landete schließlich 2021 im Bundestag, direkt gewählt, und im Gesundheitsausschuss, aus dem er gerade kommt.
Es ist Mittwochmittag, im Paul-Löbe-Haus suchen die Leute Schatten. "Wir reden im Ausschuss viel zu wenig über Themen wie die Krankenhausreform", sagt Ziegler. Die Bundesregierung plant letztere, und nicht alles daran findet der Oppositionspolitiker schlecht. "Wir brauchen eine Krankenhausreform, nur ist vieles noch nicht zu Ende gedacht."
Fokus auf Versorgungsqualität komme nicht zum Tragen
Auch Ziegler fordert eine gestärkte Versorgungsqualität. "Ich hab' mich umgeschaut: Ja, eine Spezialisierung ist extrem wichtig", er verweist auf Dänemark mit seinem Modell von "Super-Krankenhäusern". Dass geplant ist, Krankenhäusern durch eine Vorhaltevergütung einigen ökonomischen Druck zu nehmen, begrüßt er. Nur: "Ich fürchte, dass durch Lobbying einiges verwässert wird."
Überhaupt sehe er gerade nicht, dass ein Fokus auf Versorgungsqualität zum Tragen komme. "Die Krankenhäuser aber müssen wissen, wohin ihr Weg geht, allein wegen der Planungssicherheit." Er schaut kurz auf sein Handy. Heute Nachmittag muss er mit dem ICE kurz nach Bitterfeld, dem kommunalen Krankenhaus drohe plötzlich die Insolvenz, Banken würden Darlehen verweigern. Bei Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach und seiner geplanten Reform äußert der AfD-Abgeordnete einen Verdacht: "Früher äußerte er mal den Wunsch, dass in Deutschland auf 600 Krankenhäuser verzichtet wird. Diese Entscheidung will er heute nicht treffen, aber es fühlt sich so an, dass nun entsprechende Fakten geschaffen werden."
Im Osten war Ziegler Veterinär-Ingenieur
In Gesprächen mit AfD-Politikern landet man schnell bei Gefühlen. Auch Ziegler, blaues Hemd, dunkelblaues Jackett und Jeans (aus dem eigenen Laden? "Natürlich!"), verweist beim Gespräch über den Klimawandel auf die Erdgeschichte der vergangenen Jahrtausende und dass sich damals aus hohem CO2-Anteil heraus eine Eiszeit entwickelt habe - erwähnt aber nicht, dass es damals keine Industrialisierung mit den hohen Emissionen gab. Und zu Corona überzeugten ihn Masken und Impfung nicht, er beklagt, dass man genötigt worden sei.
Braucht es bei der Krankenhausreform Ausnahmen für Kliniken im ländlichen Raum? Timot Szent-Iványi ist dafür, Kerstin Münstermann findet, das ist der falsche Weg.
Krankenhäuser sollen vom ökonomischen Druck entlastet werden und mehr Qualität bieten. Die Länder befürchten eine diktierte Strukturbereinigung und Kompetenzverlust.
In Bundesländern mit vielen kleinen Kliniken werden Schlaganfall-Patienten nicht schnell genug versorgt. Die Reform soll das ändern, sagt Paula Piechotta (Grüne).
In einem früheren Leben hatte Ziegler als Veterinär-Ingenieur gearbeitet, aber der Fall der Mauer bescherte ihm das Berufs-Aus, da es diesen Job im Westen nicht gab. "Dabei haben wir alles gemacht, technisch war das Umfeld draußen weitgehend identisch." Es habe ihm wehgetan, sagt er, dass er das nicht mehr machen konnte. Ein Tierarztstudium habe er beginnen können, "aber alles noch einmal von vorn - ich war 26 und dachte daran, wie ich mein Einkommen bestreiten konnte."
Ziegler sattelte um, ein Großcousin aus dem Westen suchte jemanden, der Stoffe im Osten verkauft, "meine erste Negativerfahrung mit Westdeutschen", lächelt er ein wenig grimmig, "er verkaufte mir Stoffreste zu überteuerten Preisen". Irgendwann die Umorientierung und der Aufbau eines eigenen Ladens, er besteht bis heute. Und die Politik: Bei der AfD gilt Ziegler als eigen, er gehört keinen Netzwerken an, was ihm gute Landeslistenplätze 2017 und 2021 verwehrte. Aber es kam ja anders. Ziegler steht auf, er muss zum Bahnhof.