Abschaffung des Solidaritätszuschlags : "Sozial ungerecht und schlecht für das Land"
FDP, Union und AfD wollen den Solidaritätszuschlag vollständig abschaffen. SPD und Grüne warnen vor einem Loch im Staatshaushalt.
Im Bundestag gibt es eine Mehrheit für die vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags. Neben der Union und der AfD, deren Antrag am Mittwoch beraten, aber nicht abgestimmt wurde, bekennt sich nach dem Ampel-Aus auch die FDP dazu. Die 1991 zur Finanzierung der deutschen Einheit erhobene Ergänzungsabgabe fällt zwar seit einer deutlichen Anhebung der Freigrenze im Jahr 2021 für rund 90 Prozent der Lohn- und Einkommenssteuerzahler weg. Das am Donnerstag erstmals beratene "Solidaritätszuschlagbefreiungsgesetz" der FDP fordert aber die vollständige Abschaffung in zwei Stufen bis 2027.
FDP: Soli hat sich historisch, politisch und wirtschaftlich überlebt
Der Soli habe sich historisch und politisch, aber auch wirtschaftlich überlebt, sagte FDP-Fraktionschef Christian Dürr während der Debatte. Er sei inzwischen eine Strafsteuer und ein Beleg dafür, dass Leistungsbereitschaft in Deutschland "systematisch durch den Staat bestraft wird".
Ähnlich sah das Olav Gutting (CDU). Der Soli sei eine Sondersteuer auf Qualifikation, auf die Bereitschaft zum unternehmerischen Risiko, auf die Innovationsfähigkeit, "aber auch eine Sondersteuer auf die Vorsorge für das Alter", sagte Gutting. Er treffe Selbstständige, Freiberufler und Leistungsträger im Angestelltenbereich. "Das sind nicht alles die Superreichen", betonte Gutting. Es seien auch die kleinen Handwerksbetriebe, die Körperschaftssteuer "und damit auch Solidaritätszuschlag" zahlten.
SPD fürchtet Umverteilung zugunsten der Reichsten
Michael Schrodi (SPD) warf wiederum FDP und Union vor, eine "knallharte Umverteilung von der Mitte der Gesellschaft zu den Reichsten in diesem Land" zu planen und damit ein riesiges Loch in den Staatshaushalt zu reißen. "Das ist eine völlig unseriöse Finanzpolitik, die sozial ungerecht und schlecht für diesen Land ist", befand der SPD-Abgeordnete. Seiner Partei gehe es darum, 95 Prozent der Menschen zu entlasten. Die höchsten Einkommen, "vor allem das eine Prozent", wolle man zur Gegenfinanzierung heranziehen.
Die FDP drücke sich vor der Aussage, wie man die mit dem Wegfall des Soli verbundenen Mindereinnahmen kompensieren will, bemängelte Sascha Müller (Grüne). Er räumte ein, dass auch Unternehmen durch den Solidaritätszuschlag belastet und durch den Wegfall entlastet würden. Glaubwürdiger wäre das Eintreten der FDP für die Unternehmen aus seiner Sicht aber, "wenn sie dabei wäre, die schon länger bestehende strukturelle Schwäche unserer Volkswirtschaft anzugehen".
Vorschläge zur Gegenfinanzierung machte Kay Gottschalk (AfD). Nehme man von den 31 Milliarden Euro für den EU-Haushalt zehn Prozent weg, habe man schon drei Milliarden. Bringe man 500.000 arbeitsfähige Menschen aus dem Bürgergeld in Arbeit, schaffe das 15 Milliarden Euro. Zumindest eine Milliarde Euro könne man bei "ziemlich unnützen Projekten in der Entwicklungshilfe" einsparen, wie etwa den Fahrradwegen in Peru. "Das würde Deutschland wieder auf die Beine bringen", sagte Gottschalk.
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