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Gastkommentare : Ist der Haushalt 2025 beratungsreif? Ein Pro und Contra

Reicht die Regierungsvorlage für den Haushalt 2025 als Grundlage für die Etatberatungen des Bundestages aus? Ulrike Herrmann und Manfred Schäfers im Pro und Contra.

12.09.2024
True 2024-09-13T17:33:38.7200Z
2 Min

Pro

Es ist eine schwierige Aufgabe für das Parlament

Foto: Herby Sachs/WDR
Ulrike Herrmann
arbeitet für "die tageszeitung" Berlin.
Foto: Herby Sachs/WDR

Zugegeben: Es ist ungewöhnlich, dass eine Regierung einen Haushaltsentwurf ans Parlament leitet, in dem es ungedeckte Lücken gibt. Aktuell fehlen noch mindestens 2,4 Milliarden Euro. Aber es ist kein Skandal, sondern nimmt den Bundestag ernst. Bekanntlich ist es das wichtigste Recht eines jeden Parlaments, über Finanzen und Steuern zu bestimmen. Nicht die Regierung entscheidet über Gesetze, sondern die Abgeordneten. Dies gilt auch für das Haushaltsgesetz. Also ist es die Aufgabe der Ampel-Fraktionen, die Milliarden-Lücke zu schließen. Natürlich wäre es für die Abgeordneten bequemer gewesen, wenn sich schon die Regierung geeinigt hätte, wie sie die Lücken stopfen will. Aber einen Anspruch auf diesen Service haben die Parlamentarier nicht.

Der einstige SPD-Fraktionsvorsitzende Peter Struck hat den schönen Satz geprägt: "Kein Gesetz verlässt den Bundestag so, wie es hereingekommen ist." Dieses Bonmot ging als "Strucksches Gesetz" in die Geschichte ein. Die Ampel-Regierung nutzt die Hoheit des Parlaments nun, um sich lästige Kürzungsdebatten zu ersparen - und den Abgeordneten zuzuschieben.

Allerdings dürfte es auch dem Parlament sehr schwer fallen, das Haushaltsloch zu schließen. Denn das eigentliche Problem heißt: Schuldenbremse. Deutschland müsste massiv in seine Infrastruktur, in die Verteidigung und in den Klimaschutz investieren. Doch Kredite sind kaum erlaubt, obwohl sich Investitionen nur durch Schulden finanzieren lassen. Deutschland stranguliert sich selbst. Der heftig andauernde Haushaltsstreit erst in der Regierung und demnächst im Parlament sind nur die Folge dieses sinnlosen Dogmatismus.

Contra

Zu viel ist zu viel: Die Koalition macht sich nochmals angreifbar

Foto: Matthias Lüdecke
Manfred Schäfers
arbeitet für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung".
Foto: Matthias Lüdecke

Die Regierung hat zum Haushalt Stückwerk abgeliefert. Sie hat es nicht geschafft, eine beratungsreife Vorlage vorzulegen. Der Befund ist schwer anzuzweifeln, wenn sich in diesem Punkt der Finanzminister von der FDP und der SPD-Fraktionsvorsitzende einmal einig sind. Sowohl Christian Lindner als auch Rolf Mützenich halten die Vorlage nicht für beschlussreif; beide halten Nacharbeiten für zwingend geboten. Worum geht es?

Nach dem Grundgesetz sind alle Ausgaben durch Einnahmen auszugleichen. In gewissem Umfang sind Kredite zulässig. Die Koalition hat diesen Rahmen nicht nur ausgereizt, sondern plant mit erheblichen globalen Minderausgaben und globalen Mehreinnahmen. Sie unterstellt damit, dass nicht alle Mittel gebraucht werden, die sie jetzt als notwendig veranschlagt. Und dass in die Kasse des Bundes mehr hereinkommt, als Konjunktur und Gesetzeslage derzeit erwarten lassen.

In einem gewissen Maß ist das gelebte Praxis und zu rechtfertigen. Aber was zu viel ist, ist zu viel. Das wissen die Beteiligten selbst. Ihr Tun widerspricht den Haushaltsgrundsätzen von Wahrheit und Klarheit. Erschwerend kommt hinzu, dass die Koalition mit Rückflüssen aus Notlagemaßnahmen arbeitet, was mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Nachtragshaushalt, den die Ampel kurz nach ihrem Start beschlossen hatte, nicht vereinbar sein dürfte. Die Koalition macht sich nochmals angreifbar. Weil die Regierungsspitze nicht in der Lage war, einen schlüssigen Entwurf vorzulegen, bei dem Ausgaben und Einnahmen so zueinander stehen, wie es das Grundgesetz vorsieht, müssen die Abgeordneten umso mehr nachbessern. Gutes Regieren sieht anders aus.

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