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Foto: picture alliance / dts-Agentur
Die Debatte über den Etat des Bundesministers für Ernährung und Landwirtschaft hat im Plenum viel Kritik hervorgebracht.

Özdemir muss weiter sparen : Regierung verteidigt Umbau, Opposition fordert Neuausrichtung

Minister Özdemir (Grüne) macht im Bundestag deutlich: Die Sparanforderungen an den Agraretat dürfen keine Auswirkungen auf den Umbau der Landwirtschaft haben.

12.09.2024
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4 Min

Möglicherweise haben die Bauernproteste von Anfang des Jahres dazu beigetragen, dass der Haushalt 2025 des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) nicht noch mehr sparen musste, nun fällt er 68 Millionen Euro geringer aus als 2024. Dies sieht der von der Bundesregierung vorgelegte Entwurf für den Etat von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) vor, über den der Bundestag am Dienstag in erster Lesung beraten hat. Die Debatte war durch heftige Kritik geprägt. Die Opposition, aber auch Parlamentarier aus den Ampel-Fraktionen meldeten Änderungsbedarf für die nun folgenden Beratungen an.


„Wer sich nicht bewegt, hat vieles im Sinn, aber ganz bestimmt nicht das Wohl unserer Landwirtschaft.“
Cem Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen)

Der größte Haushaltsposten betrifft die Ausgaben für die landwirtschaftliche Sozialpolitik, er soll rund 4,1 Milliarden Euro betragen. Der Zuschuss zur Landwirtschaftlichen Unfallversicherung bleibt mit 100 Millionen Euro gleich hoch wie 2024. Auch bei der Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" (GAK) gibt es keine Veränderungen, das BMEL plant erneut mit 907 Millionen Euro.

EU stellt Pläne zur Agrarpolitik vor

Die Ausgaben für Marktordnung und Maßnahmen der Notfallvorsorge werden mit 268,95 Millionen Euro beziffert, für "Nachhaltigkeit, Forschung und Innovation" 374,91 Millionen Euro und für den gesundheitlicher Verbraucherschutz und Ernährung sind 193,33 Millionen Euro. Für die Förderung des Umbaus der Tierhaltung sind 200 Millionen Euro vorgesehen.

Landwirtschaftsminister Cem Özdemir unterstrich die Notwendigkeit für die Fortsetzung des Umbaus der Agrarpolitik. Er verwies auf die in der vergangenen Woche vorgestellten Pläne der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU), mit denen das umweltfreundliche Handeln und mehr Tierwohl belohnt werden sollen. "Wer sich nicht bewegt, hat vieles im Sinn, aber ganz bestimmt nicht das Wohl unserer Landwirtschaft", sagte Özdemir. Tierwohl und eine Verbesserung der Lage im ländlichen Raum gebe es nicht zum Nulltarif. Die Bundesregierung sorge dafür, für Verlässlichkeit für die Landwirte und für die Menschen im ländlichen Raum. 

Dafür bekam Özdemir Unterstützung von Sebastian Schäfer (Grüne), auch er verwies auf die Pläne von EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen, wie die Zukunft der Landwirtschaft in Europa aussehen solle. Das Expertengremium habe in den vergangenen Monaten beraten und sich auf eine grundlegende Neuausrichtung der EU-Agrarpolitik geeinigt. Dabei stünden finanzielle Anreize zum Schutz von Klima, Umwelt und Tierwohl sowie gezielte Hilfen für Landwirte.

Union kritisiert Prioritäten der Regierung

Albert Stegemann (CDU) kritisierte den Ansatz der Agrarpolitik der Bundesregierung. "Ein Bundeslandwirtschaftsminister sollte ein Wirtschaftsminister des ländlichen Raums sein", sagte Stegemann. Die aktuellen Zahlen der Landwirtschaft würden jedoch das Gegenteil beweisen. Im ländlichen Raum käme ein Großteil der Investitionen aus der Landwirtschaft. Der Agrar-Haushalt 2025 schrumpfe erneut, während der Etat der Umweltministerin um zehn Prozent gewachsen sei. "Das zeigt, welche Prioritäten die Bundesregierung setzt." Stegemann warnte vor dem Versuch, den Mindestlohn auf 15 Euro pro Stunde anzuheben, wie es Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) vorgeschlagen hat. Beim Obst- und Gemüsebau lägen die Personalkosten teilweise bei 70 Prozent, das sei "inkonsequent".


Peter Felser im Portrait
Foto: DBT / Stella von Saldern
„Dieser Haushaltsentwurf ist nichts anderes als ein Ausdruck von Hilflosigkeit und Überforderung.“
Peter Felser (AfD)

Auch Max Straubinger (CSU) übte heftige Kritik und sprach von "einem Etat ohne Ambitionen und ohne großartige Zuversicht für die Landwirtschaft". Der Etat setze keine Impulse für die Wirtschaftsbetriebe. Es gehe nur noch um Biolandwirtschaft, aber nicht mehr um konventionelle Betriebe, die für die Ernährungssicherheit notwendig seien. Das Umbauprogramm für mehr Tierwohl werde von den Landwirten nicht angenommen, weil es keine "langfristige Perspektive liefert". Die Bundesregierung und der Minister seien "ideologisch festgelegt", mit dem Ziel, "die Nutztierhaltung in Deutschland zu minimieren beziehungsweise abzubauen". Das werde im Agrarhaushalt deutlich.

Gero Hocker (FDP) wehrte sich gegen diese Kritik. In seiner letzten Rede als agrarpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion, er wird Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Digitales und Verkehr, betonte er "das unterschiedliche Staatsverständnis", das CDU/CSU und FDP hätten. Das, was die Union in den vergangenen Jahrzehnten in der Agrarpolitik getan habe, sei "fachlich und sachlich häufig genug falsch".

SPD: Ampel reagiert auf Bauernproteste

Sylvia Lehmann (SPD) verwies auf die Bauern-Demos zu Jahresbeginn. "Die Proteste haben uns vor Augen geführt, wie dringend notwendig es ist, die politischen Rahmenbedingungen für eine zukunftsfähige Landwirtschaft zu schaffen", sagte sie. Die Regierung habe verstanden und sich mit dem "Agrarpaket auf den Weg gemacht".

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Dem widersprach Peter Felser (AfD). "Dieser Haushaltsentwurf ist nichts anderes als ein Ausdruck von Hilflosigkeit und Überforderung", sagte Felser. Der Agraretat schrumpfe in diesem Jahr um 68 Millionen Euro, zudem müsse das BMEL weitere 151 Millionen Euro einsparen.

Ina Latendorf (Linke) unterstrich, dass nach Abzug aller festgelegten Ausgaben “nur noch 2,8 Milliarden Euro für die Land- und Forstwirtschaft, die Fischerei und den gesundheitlichen Verbraucherschutz bleiben”.