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Foto: picture alliance/dpa
Außenministerin Annalena Baerbock steht vor instandgesetzten Panzern und Neufahrzeugen bei ihrem Besuch des Rüstungsunternehmens Flensburger Fahrzeugbau Gesellschaft. Das Rüstungsunternehmen wartet und repariert unter anderem Panzer in der und für die Ukraine.

Auswärtiger Etat : Baerbock hadert mit der Schuldenbremse

Das Auswärtige Amt muss deutliche Kürzungen hinnehmen, Einschnitte soll es vor allem bei der humanitären Hilfe geben. Soforthilfen bei Notlagen soll es aber geben.

13.09.2024
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4 Min

Aus Sicht von Außenministerin Annalena Baerbock (Bündnis 90/die Grünen) gibt es da nichts zu beschönigen. Mehr als 0,8 Milliarden Euro muss ihr Auswärtiges Amt einsparen, das sind mit Ausgaben in Höhe von 5,87 Milliarden Euro 12,5 Prozent weniger als im laufenden Haushaltsjahr.

Einen "schlagkräftigeren Haushalt" hätte sie sich angesichts der unsicheren Weltlage gewünscht, sagte Baerbock am Mittwoch bei den Haushaltsberatungen für das Auswärtige Amt. Angesichts der Sparvorgaben habe ihr Haus nun "schmerzhafte aber klare" Prioritäten gesetzt. "Wir haben uns gefragt: Was ist unverzichtbar für die Sicherung unseres Friedens und unserer Freiheit." Dazu gehöre die weltweite humanitäre Hilfe genauso wie die Unterstützung der Ukraine gegen Russlands Angriffskrieg. Baerbock unterstrich, dass für die innere und äußere Sicherheit aus ihrer Sicht weitaus mehr Mittel nötig seien. Man könne es sich aber nicht "herbeiwünschen", dass wir die "Schuldenbremse modernisieren". Dafür wäre eine Zweidrittel-Mehrheit nötig. "Die gibt es leider nicht", sagte Baerbock und warb in Richtung Union, gemeinsam einen "Sicherheitshaushalt" analog zum Sondervermögen auf den Weg zu bringen.

Union spricht von fehlender Prioritätensetzung

Jürgen Hardt (CDU) bezeichnete den Haushaltsansatz als "Katastrophe". Kein anderes Ressort müsse prozentual so viele Einsparungen leisten wie Baerbocks Haus. Hardt bemängelte das Ausbleiben klarer Prioritätensetzungen. So wäre eine bessere Koordinierung angebracht zur Bekämpfung der "größten Gefahren für unseren Frieden, unseren Wohlstand und unsere Freiheit, die Freiheit unserer Freunde und der Welt". Eine Priorisierung der Bekämpfung russischer und iranischer Aggression auf Staatssekretärsebene im Auswärtigen Amt würde "für den Weltfrieden deutlich mehr leisten als mit einer Klimastaatssekretärin, die Dinge tut, die der Ministerin im Zweifel genauso am Herzen liegen", sagte Hardt.


Gregor Gysi im Portrait
Foto: DBT / Inga Haar
„Immer neue und weitreichendere Waffen erhöhen nicht unsere Sicherheit, sondern machen uns im Kriegsfall zu einem der ersten Kriegsziele.“
Gregor Gysi (Die Linke)

Wiebke Papenbrock (SPD) hob die Digitalisierung hervor, die im Auswärtigen Amt "mit großen Schritten" vorankomme. So nehme bei der Visa- und der Passvergabe das "digitale Konsulat" Gestalt an, was die Verfahren beschleunige und die Mitarbeiter entlaste. Papenbrock räumte "Einschnitte" bei der humanitären Hilfe ein. Soforthilfen bei Notlagen in Krisenregionen und bei Naturkatastrophen werde es aber weiter geben. "Deutschland wird auch in Zukunft helfen, wenn es darauf ankommt."

Michael Espendiller (AfD) warf Baerbock vor, mit "irrer Sanktionspolitik" den "Niedergang des Industriestandorts Deutschland" zu beschleunigen: Während das russische Bruttoinlandsprodukt 2023 um 3,6 Prozent gewachsen sei, sei es in Deutschland um 0,3 Prozent gefallen. Baerbocks größter Fehler sei die fortgesetzte milliardenschwere Lieferung von Waffen an die Ukraine. "Kehren sie an den Verhandlungstisch zurück, damit das sinnlose Sterben endlich endet", forderte Espendiller. “Ihre politischen Spielchen haben jetzt schon zu viele Menschenleben gekostet und dabei auch noch Milliarden an Steuergeld verbrannt, die wir hierzulande selber sehr gut gebrauchen können.”

Opposition kritisiert Lieferung von Waffen

Kritik in puncto Rüstung kam auch von Linken und BSW. Gregor Gysi (Die Linke) kritisierte, dass im Etat eine Milliarde Euro weniger für die Sicherung von Frieden vorgesehen seien, gleichzeitig aber der Bundeswehretat erneut steigen solle. "Immer neue und weitreichendere Waffen erhöhen nicht unsere Sicherheit, sondern machen uns im Kriegsfall zu einem der ersten Kriegsziele." Sevim Dagdelen (BSW) warf Baerbock vor, bei der humanitären Hilfe und der Krisenprävention den Rotstift anzusetzen und "lieber weitere Waffen an die Ukraine" zu verteilen. "Für die Milliarden an Waffengeschenken zerstören Sie die soziale Sicherheit in diesem Land."

Michael Georg Link (FDP) verteidigte die militärische Unterstützung der Ukraine. "Sollten russische Panzer irgendwann an der polnischen Grenze stehen, kommen auf uns noch ganz andere Kosten zu als heute, und auch die Zahl der Flüchtlinge, die vor der russischen Gewalt fliehen, würde massiv steigen." Link warb ausdrücklich dafür, der Ukraine "weitreichende Waffensysteme" zur Verfügung zu stellen, um "russische Nachschublinien weit hinter der Front zu kappen". Dem russischen Präsidenten müsse klargemacht werden, dass er militärisch diesen Konflikt nicht gewinnen könne. “Das ist der Weg zu Verhandlungen, nicht andersherum.”

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Insgesamt sollen dem Auswärtigen Amt im kommenden Jahr rund 5,87 Milliarden Euro zur Verfügung stehe, das sind rund 836 Millionen Euro weniger als 2024. Für das Kapitel Sicherung von Frieden und Stabilität sind rund 2,56 Milliarden Euro eingestellt, ein Minus von 968 Millionen Euro gegenüber dem Vorjahr. Hier schlagen vor allem Kürzungen bei humanitären Hilfen um knapp 1,19 Milliarden Euro auf 1,04 Milliarden Euro zu Buche, währenddessen der Beitrag an die Vereinten Nationen von 349 Millionen Euro in diesem auf rund 675 Millionen Euro im kommenden Jahr steigen soll.

Förderung von Auslandsschulen und Goethe-Instituten

Die Pflege kultureller Beziehungen zum Ausland soll mit 945 Millionen Euro zu Buche schlagen (2024: rund 1 Milliarde Euro). In diesen Bereich fällt unter anderem die Förderung der deutschen Auslandsschulen und des Goethe-Instituts.

Für das Ministerium selbst plant die Bundesregierung Ausgaben in Höhe von 1,9 Milliarden Euro (2024: 1,73 Milliarden Euro), wobei die Personalkosten für das Haus am Werderschen Markt und das Personal an den deutschen Auslandsvertretungen auf 1,23 Milliarden steigen sollen (2024: 949 Millionen Euro).