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Parlamentarier in der Statistik : Rekordhalter und sonstige Abweichler

In 75 Jahren haben dem Bundestag mehr als 4.000 Parlamentarier angehört. Der Durchschnittsabgeordnete ist männlich und ohne Migrationshintergrund.

29.08.2024
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In den 75 Jahren seines Bestehens haben dem Bundestag insgesamt 4.384 Abgeordnete angehört, im Durchschnitt jeweils 9,8 Jahre lang. Auf die mit 51 Jahren längste Mandatszeit brachte es der Ende 2023 verstorbene Ex-Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU), der ab 1972 seinen Wahlkreis 14-mal direkt gewann. Am kürzesten gehörte der spätere Bundespräsident Joachim Gauck dazu. Er zog am 3. Oktober 1990 als einer von 144 Volkskammer-Abgeordneten in den Bundestag ein, wurde direkt Sonderbeauftragter für die Stasi-Unterlagen und legte sein Parlamentsmandat am 4. Oktober nieder.

Adenauer war der älteste Abgeordnete

Jüngstes Mitglied des Bundestages (MdB) war Anna Lührmann (Grüne), die 2002 im Alter von 19 Jahren ihr erstes Mandat antrat; ältestes war Gründungskanzler Konrad Adenauer (CDU), der 1967 als MdB mit 91 Jahren starb. Insgesamt lag das Durchschnittsalter der Bundestagsabgeordneten jeweils zu Beginn der Legislaturperiode bei 49,2 Jahren.

Der "älteste" Bundestag war der von 1961 bis 1965 mit einem Durchschnittsalter von 52,3 Jahren, der "jüngste" der von 1972 bis 1976 mit 46,6 Jahren. Zu Beginn der aktuellen Wahlperiode lag das Durchschnittsalter bei 47,3 Jahren.

Die CDU/CSU-Abgeordneten waren bis auf die Jahre 2002 bis 2005 im Schnitt durchgehend älter als der Durchschnitt aller damaligen Parlamentarier. Auch die AfD-Abgeordneten waren bislang insgesamt immer älter als der jeweilige Gesamtdurchschnitt. Klar unter dem jeweiligen Bundestagsdurchschnitt lagen dagegen seit ihrem Einzug ins Parlament die Grünen. Bei SPD, FDP und Linken (beziehungsweise PDS) bewegte sich das Durchschnittsalter je nach Wahlperiode mal über, mal unter dem Bundestagsdurchschnitt.

Höchster Frauenanteil bei der Bundestagswahl 2013

Der "jüngste" Bundestag war 1972 auch der mit dem geringsten Frauenanteil: Er lag mit 30 weiblichen Abgeordneten zu Beginn der Wahlperiode bei nur 5,8 Prozent, dem Allzeit-Tief in der Bundestagsgeschichte.

Gestartet war der Bundestag 1949 mit einem Frauenanteil von 6,8 Prozent, der sich nach den Wahlen von 1953 und 1957 auf 8,8 beziehungsweise 9,2 Prozent erhöhte. Danach ging der Anteil der Frauen an den Abgeordneten bei vier Wahlen hintereinander immer mehr zurück. Erst ab 1976 stieg er kontinuierlich bis auf 32,5 Prozent im Jahr 2002. Als der Bundestag drei Jahre später mit Angela Merkel (CDU) erstmals eine Frau an die Spitze der Bundesregierung wählte, war der Frauenanteil indes wieder gesunken, auf 31,8 Prozent.

Anschließend ging es wieder nach oben auf den bisherigen Höchstwert zu Beginn einer Wahlperiode mit 36,5 Prozent im Jahr 2013, um vier Jahre danach auf 30,9 Prozent zurückzufallen. Beim aktuellen Bundestag wurde mit 34,9 Prozent immerhin der bisher zweithöchste Frauenanteil zu Beginn der Wahlperiode verzeichnet.

Union weist in 17 von 20 Wahlperioden einen unterdurchschnittlichen Frauenanteil auf

Während der einzelnen Wahlperioden außer der von 1969 bis 1972 nahm der Anteil der Frauen übrigens regelmäßig zu, weil sie auf den Listen der Parteien meist schlechter platziert waren und erst als Nachrückerin ein Mandat erhielten. Am geringsten war der Frauenanteil am Ende der Wahlperiode von 1969 bis 1972 mit 6,2 Prozent; den höchsten Wert erreichte er am Ende der Wahlperiode von 2013 bis 2017 mit 37,3 Prozent.

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Im Vergleich zum gesamten Bundestag wies die Unionsfraktion in 17 von 20 Wahlperioden einen unterdurchschnittlichen Frauenanteil auf, die FDP-Fraktion in 17 von 19. Die AfD blieb seit ihrer Zugehörigkeit zum Parlament ebenfalls hinter dem Frauenanteil des Bundestages zurück. Genau umgekehrt zur CDU/CSU lag dagegen der Frauenanteil der SPD-Fraktion in 17 der 20 Wahlperioden über dem des Bundestages. Die Grünen überboten wie Die Linke beziehungsweise PDS in jeder Legislaturperiode, die sie dem Bundestag angehörten, dessen Frauenanteil deutlich.

Das gilt auch für die laufende Wahlperiode, zu deren Beginn die Grünen auf 59,3 Prozent kamen, Die Linke auf 53,8 Prozent und die SPD auf 41,7 Prozent. Klar unter dem Gesamtschnitt von 34,9 Prozent lagen die FDP (25 Prozent), die Union (23,4 Prozent) und die AfD (13,4 Prozent).

Elf Prozent mit Migrationshintergrund

Sichtbar gestiegen ist in den letzten Jahrzehnten die Zahl der Abgeordneten mit Migrationshintergrund. Zogen etwa 1994 mit Leyla Onur (SPD) und Cem Özdemir (Grüne) die ersten Abgeordneten türkischer Abstammung in den Bundestag ein, sind es nach Recherchen des Mediendienstes Integration (MDI) vom Beginn der Wahlperiode aktuell 18. Sechs haben den Angaben zufolge einen iranischen Migrationshintergrund, 31 einen Bezug zu Ländern der EU, davon sechs Bezüge zu Italien und fünf zu Polen.

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Insgesamt haben laut MDI mit Stand 2021 mindestens 83 Abgeordnete oder 11,3 Prozent der damals 736 Parlamentarier einen Migrationshintergrund, nachdem es nach der Wahl 2017 noch 58 Volksvertreter oder 8,2 Prozent waren. Den höchsten Anteil an Abgeordneten mit Migrationshintergrund hatte den Angaben zufolge zu Beginn der laufenden Wahlperiode Die Linke mit 28,2 Prozent, gefolgt von der SPD mit 17 Prozent und den Grünen mit 14,4 Prozent. Die AfD kommt danach mit Stand 2021 auf 7,2 Prozent, die FDP auf 5,4 Prozent und die CDU/CSU auf 4,1 Prozent.