Gesundheitsetat schrumpft leicht : Lauterbach kündigt "Herbst der Reformen" an
Mit einer ganzen Serie an Reformgesetzen will Minister Lauterbach das Gesundheitssystem fit machen für die Zukunft.
Bei Gesundheitsdebatten ist die Schlachtordnung in dieser Legislatur eigentlich immer gleich: Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) präsentiert stolz einen üppigen Strauß an Reformvorhaben, der anschließend von der Opposition genüsslich zerpflückt wird. So war es auch am Donnerstag wieder in der ersten Beratung über den Gesundheitsetat 2025, der Ausgaben in Höhe von rund 16,44 Milliarden Euro vorsieht, rund 269 Millionen Euro weniger als im laufenden Jahr.
Insbesondere die CDU wird nicht müde, sich an den Vorlagen des Ressortchefs abzuarbeiten: Gesetze kämen entweder nicht oder zu spät oder sie seien schlecht. Bisweilen ist dem Minister anzusehen, wie mühsam er die Contenance bewahrt.
Minister sieht unmittelbaren Handlungsbedarf in der Gesundheitspolitik
Lauterbach kündigte einen "Herbst der Reformen" an und nannte unter anderem die Krankenhausreform und die Reform der Pflegefinanzierung. Der Minister betonte: "Wir haben einen unmittelbaren Handlungsbedarf. Unser Gesundheitssystem ist in einer Notlage." So sei Deutschland in der Digitalisierung ein Entwicklungsland. Er versicherte: "Wir werden einen Digitalisierungssprung erreichen." Ohne Digitalisierung sei der Übergang in ein modernes Gesundheitssystem nicht zu schaffen.
Der Minister ging auch auf die steigenden Beiträge zur Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ein und betonte: "Die Beitragssätze stehen unter Druck, weil die Strukturreformen ausgeblieben sind." Ohne Strukturreformen bliebe nur die Möglichkeit, Leistungen zu kürzen; das lehne er ab.
Die Union hielt dem Minister vor, sich in Ankündigungen zu verlieren. Tino Sorge (CDU) erinnerte daran, dass Lauterbach etwa bei der Digitalisierung früher selbst gebremst habe. Hinsichtlich der Krankenhausreform hielt Sorge dem Minister Realitätsverweigerung vor, weil die Fachleute zuletzt beim Krankenhausgipfel klar gemacht hätten, dass es so nicht geht. Auf die Reform der Pflegefinanzierung warte die Opposition schon seit zwei Jahren. Sorge kritisierte, statt durchdachte Strukturreformen vorzulegen, beschränke sich Lauterbach im Wesentlichen auf Ankündigungen.
Corona-Skandale bringen Haushaltsrisiken mit sich
Paula Piechotta (Grüne) ging auf die Haushaltsrisiken ein, die sich nach Einschätzung des Bundesrechnungshofes aus Skandalen während der Corona-Pandemie ergäben. Sie nannte in dem Zusammenhang die Betrugsfälle mit Corona-Testzentren. Viel Geld sei in die Hände von Betrügern gefallen. Auch die Länder müssten verstärkt die Abrechnungen prüfen, um das Steuergeld zu retten. Piechotta forderte ferner Aufklärung zu den überteuerten Ankäufen von Schutzmasken. Mit Blick auf noch laufende Rechtsstreitigkeiten mit Unternehmen, die Masken geliefert haben, bezifferte sie das Haushaltsrisiko auf mehr 2,5 Milliarden Euro. Hier sei Steuergeld verbrannt worden.
Ähnlich äußerte sich Karsten Klein (FDP), der eine dezidierte Aufklärung der Masken-Geschäfte versprach. Er betonte: "Wir bleiben da dran, die Fehler dürfen sich nicht wiederholen. Wir werden der Sache auf den Grund gehen." Im Streit über die Krankenhausreform forderte Klein alle Seiten auf, sich an Lösungen zu beteiligen. Die Länder forderten immer wieder Geld vom Bund und seien selbst mit rund 30 Milliarden Euro Investitionen in Krankenhäuser im Rückstand.
AfD kritisiert Pandemiebereitschaftsverträge
Wolfgang Wiehle (AfD) kritisierte den geplanten Krankenhaus-Transformationsfonds in Höhe von 50 Milliarden Euro. Während die Länder zu 25 Milliarden Euro beteiligt würden, stünden für die andere Hälfte die Beitragszahler gerade. Dadurch stiegen die Kassenbeiträge noch schneller. Wiehle rügte, es werde zu viel Geld für die falschen Dinge ausgegeben, so etwa zugunsten von Migranten und Kriegsflüchtlingen, die von den Krankenkassen alle mitfinanziert würden. Der AfD-Politiker kritisierte auch die in den Haushalt eingestellten Zahlungen für Pandemiebereitschaftsverträge (336 Millionen Euro). Das Ziel sei, im Notfall schnell Impfstoffe zu produzieren. “Das ist ein Spiel mit dem Feuer, sparen wir uns das.”
Mehr zu den Haushaltsdebatten
Nächstes Jahr sollen 22,3 Milliarden Euro für Bildung und Forschung zur Verfügung stehen. Der Opposition reicht das nicht, die Ministerin verteidigt ihren Haushalt.
Die Kosten für die Rente im Sozialetat steigen wieder, jene für das Bürgergeld sinken dagegen. Ob das am Ende aufgeht, daran zweifelt nicht nur die Opposition.
Svenja Stadler (SPD) appellierte an die Abgeordneten, die nötigen Reformen im Gesundheitswesen zu unterstützen. Deutschland stehe vor großen Herausforderungen. "Wir brauchen innovative und mutige Lösungen." Das sei nicht leicht, denn plötzlich müssten alle Menschen im System Verantwortung übernehmen und eingetretene Pfade verlassen. Sie hoffe, dass sich alle zusammenraufen könnten, um ein modernes, zuverlässiges und nachhaltiges Gesundheitssystem zu gestalten.
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