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Ermordung von Alexej Nawalny : Der arrogante Drachentöter

Der britische Journalist John Sweeney setzt in "Mord im Gulag" der russischen demokratischen Opposition in Gestalt von Alexej Nawalny ein würdiges Denkmal.

15.10.2024
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2 Min
Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS

Alexej Nawalny spricht auf einer Protestveranstaltung im Sommer 2019 in Moskau.

In Russland war der mehrfach inhaftierte Anti-Korruptionskämpfer Alexej Nawalny längst eine bekannte Größe, bevor er internationale, aber traurige Berühmtheit erlangte. Zu dieser verhalf ihm der russische Geheimdienst, der Nawalny zuerst vergiftete und später im Gefängnis ermordete. Diese Verbrechen rekonstruiert der britische Journalist John Sweeney in seinem akribisch recherchierten Buch "Mord im Gulag". Sein Fazit: Der Fall Nawalny steht exemplarisch für das menschenverachtende Vorgehen des "Psychopathen" Wladimir Putin, der für seinen Machterhalt über Leichen geht.

Breites Interesse in Russland an den Enthüllungen Nawalnys

"Sie sind fern vom Volk, sowohl Nawalny als auch Putin und Trump", sang "Leningrad", die populärste Musikgruppe Russlands, in ihrem Video-Clip "Der Kandidat". Auch wenn Putin seinen gefährlichsten Kritiker nie beim Namen nannte, wurde der Song auf YouTube 35 Millionen Mal abgerufen. Und die Enthüllungen Nawalnys über die massenhafte Korruption in Putins Umfeld stieß in Russland auf breites Interesse.


John Sweeney:
Mord im Gulag.
Der Fall Nawalny.
Heyne,
München 2024;
350 S., 20,00 €


Sweeney steht Nawalny jedoch nicht unkritisch gegenüber: Er sei zwar ein "Drachentöter" gewesen, aber auch "unglaublich arrogant". Am Anfang seiner politischen Karriere habe er sich gar mit russischen Neonazis solidarisiert. Zudem habe er 2014 die russische Annexion der Krim verteidigt. Für die Ukrainer und andere Minderheiten sei Nawalny nur ein weiterer russischer Imperialist gewesen. Später habe er seine Haltung jedoch korrigiert und den Kreml aufgefordert, die Ukraine zu verlassen und die Grenzen von 1991 zu respektieren.

Der Autor beschreibt nicht nur Nawalnys Martyrium, sondern analysiert auch glänzend die innenpolitische Lage in Putins Russlands. Damit leistete Sweeney einen wichtigen Beitrag, um die Desinformationskampagnen des Kremls zu entlarven. Zugleich setzt er der russischen demokratischen Opposition in Gestalt von Alexej Nawalny ein würdiges Denkmal.

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