Vor 35 Jahren : Erste Montagsdemonstration in Leipzig
Auf dem Weg zur friedlichen Revolution: Am 4. September 1989 protestierten erstmal DDR-Bürger nach Friedensgebeten in der Nikolaikirche gegen das politische System.
Die DDR-Presse schäumte vor Wut: Im Anschluss an einen Gottesdienst hätten sich in Leipzig Provokateure zusammengerottet, um "eine staatsfeindliche Aktion gegen die DDR" anzuzetteln, schrieb die regimetreue "Junge Welt". Man habe von der Menschenansammlung aus dem West-Fernsehen erfahren, "das auf seiner täglichen Suche nach antisozialistischen Elementen wieder mal rechtzeitig von seinen eigenen Statisten eingeladen worden war". Was das DDR-Blatt beschreibt, war die erste Montagsdemonstration am 4. September 1989.
Mehr als 1000 DDR-Bürger hatten an jenem Abend in der Leipziger Innenstadt im Anschluss an das traditionelle Friedensgebet in der Nikolaikirche demonstriert. Kurz nach dem Gottesdienst hatten die Demonstranten Plakate mit Aufschriften wie "Für ein offenes Land mit freien Menschen", "Versammlungsfreiheit und Vereinigungsfreiheit" oder "Reisefreiheit statt Massenflucht" entrollt. Außerdem skandierten sie "Die Mauer muss weg" oder "Stasi raus".
300.000 Menschen nahmen an der größten Montagsdemonstration teil
Laut der "Jungen Welt" hatten die "Störenfriede in der DDR keine Chance", denn: "Unsere Genossen der Volkspolizei und anderer Schutz- und Sicherheitsorgane haben entschlossen gehandelt und verhindert, dass der Aufruf zur Verletzung der Gesetze der DDR öffentlich verbreitet wird - was die West-Medien ja schon zur Genüge tun." Tatsächlich hatten "die West-Medien" berichtet, dass ein Demonstrationszug sofort von uniformierten Polizisten gestoppt worden sei. Außerdem seien Angehörige der Staatssicherheit in zivil beobachtet worden, einige hätten mit Videokameras die Teilnehmenden gefilmt.
Ganz chancenlos waren die Demonstranten allerdings nicht: An der Montagsdemo am 30. Oktober nahmen 300.000 Menschen teil. Und das SED-Regime stand kurz vor seinem Ende.
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