Parlamentarisches Profil : Der Belastbare: Andreas Schwarz
Der Sozialdemokrat will mehr Militärhilfen für die Ukraine und ein zweites Sondervermögen für die Bundeswehr. Die Schuldenbremse hält der Bayer für hinderlich.
Als Haushälter muss Andreas Schwarz in diesen Tagen einen Spagat meistern. Einerseits passt er auf, dass die Staatskasse keine Löcher kriegt. Nur sitzt der Sozialdemokrat andererseits nicht nur im Haushaltsausschuss, sondern ist auch stellvertretendes Mitglied im Verteidigungsausschuss - und Schwarz, 58, aus dem Wahlkreis Bamberg, hat als Berichterstatter zu Verteidigung eine klare Meinung zu den Aufwendungen hierfür. "Es muss mehr werden", sagt er knapp, "die zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts müssen international zugesichert und in den Haushalten auch hinterlegt werden." 25 bis 30 Milliarden Euro mehr im Jahr würden es dann werden. Warum ist Schwarz bei diesem Punkt nicht knauserig?
Andreas Schwarz (SPD) sitzt seit 2013 im Bundestag. Vorher war er lange Bürgermeister einer bayrischen Gemeinde.
Schwarz ist ein starker Fürsprecher von Militärhilfen an die Ukraine
Der Bayer gehört zu jenen, die erst nachdenken, bevor sie sprechen. Das dauert bei ihm nur ein, zwei Sekunden. "Man muss sich die Welt anschauen, wie sie ist. Und da ist viel in Bewegung", sagt Schwarz. Deutschland müsse seine Freiheit und seine Demokratie verteidigen können. Schwarz ist in der SPD einer der stärksten Fürsprecher von Militärhilfen an die angegriffene Ukraine. Das brachte ihm Drohungen ein, auch briefliche "Grüße aus Moskau". Er räuspert sich am Telefon. Russlands Präsident Wladimir Putin würde vornehmlich eine Sprache der Stärke verstehen. "Wer schwach ist, wird zur Beute."
Daher will Schwarz keine schwache Bundeswehr und keinen schwachen Staat sehen. Und da das aktuelle Sondervermögen dafür 2027 ausläuft, fordert er ein Sondervermögen Teil 2. Und: "Mittelfristig müssen wir über eine Modernisierung der Schuldenbremse nachdenken. Unser Land braucht Zukunftsinvestitionen, und da hindert sie."
Und gäbe es nicht woanders etwas einzusparen? "Unser starker Sozialstaat sollte nicht gegen Verteidigung oder andere Bereiche ausgespielt werden." Aber er sieht Potenziale, und zwar beim Kampf gegen Steuerhinterziehung und Geldwäsche. "Außerdem geben wir Geld aus, um Geld auszugeben", sagt er mit Blick auf Projektberater und -träger, die zwischengeschaltet Kommunen bei Bauvorhaben beraten. "Als Bürgermeister in Bayern baut man als Kommune selbst Staatsstraßen und braucht keinen Projektträger."
Mit 18 Jahren SPD-Mitglied
Schwarz ist einer, der in seinem Leben viel selbst in die Hand genommen hat. Er war der erste in der Familie, der eine höhere Schule besuchte. Seine Großmutter war aus Schlesien geflohen, der Opa kam mit einer Kugel im Kopf aus dem Krieg zurück. Der Zweite Weltkrieg war immer da, in seiner Kindheit, wenn die Oma erzählte, wie sie die Flucht erlebte. Seine Mutter, über Jahre alleinerziehend, ging für Arbeit bei Quelle morgens um sechs aus dem Haus und kam abends um sieben wieder heim. Der erste Schultag: "Ein Trauma. 43 Kinder in der Klasse, und ich kannte keinen, weil ich auch keinen Kindergarten besucht hatte." Er stotterte damals, das trainierte er sich ab, ohne irgendwelche Hilfe, weil er merkte, dass er sich gegen Andere mit Worten wehren kann, wenn er sich nicht schlagen will. Nach der Realschule dann die Fachoberschule Bamberg und das Studium der Betriebswirtschaft an der Fachhochschule Nürnberg.
Mit 18 trat er in die SPD ein, war beeinflusst von Willy Brandt und Helmut Schmidt, die auch sein Opa mochte. Mit 25 zog er in den Strullendorfer Gemeinderat ein, "als ich zur ersten Sitzung reinkam und fragte, wo ich mich hinsetzen sollte, bekam ich die Antwort: 'Geht zu den Zuschauern, wir brauchen euch nicht.'"
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Doch es kam anders. Schwarz kandidierte 1996 gegen den langjährigen Bürgermeister - und gewann. Der hatte sich wegen eines geplanten Schulneubaus verrannt. Schwarz war im Ort viel ehrenamtlich unterwegs gewesen. Er drehte die Gemeinde, traditionell schwarz wie die ganze Region, für die SPD. "Gerne arbeite ich für unser Land und die Bewahrung unserer Werte. Frieden und Demokratie brauchen gerade heute vollen Einsatz." Musste er auch von Beginn an zeigen, als Evangelischer, nicht aus höheren Schichten, in einem CSU-Revier; Alkohol trinkt er auch keinen, weil es ihm nicht schmeckt. Bis einschließlich 2008 verteidigte er mit wachsenden Stimmergebnissen sein Amt - dann zog es ihn 2013 nach Berlin.