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Mehr Geld für Verteidigung und ein Sondervermögen : Das steht in den Gesetzentwürfen zur Schuldenbremse

Union und SPD wollen die Ausgaben für die Bundeswehr hochschrauben und in ein Sondervermögen Infrastruktur investieren. Grüne und FDP haben eigene Vorstellungen.

14.03.2025
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5 Min

Noch vor Beginn der Koalitionsverhandlungen haben die Sondierer von SPD und Union in der vergangenen Woche umfangreiche Pläne für Grundgesetzänderungen noch in dieser Legislaturperiode vorgelegt. Damit sollen zeitnah Spielräume für Investitionen, Verteidigungsausgaben und die Länderhaushalte geschaffen werden. Das steht im Gesetzentwurf von SPD und Union - und in denen von Grünen und FDP:

Höhere Verteidigungsausgaben werden mit der angespannten Weltlage begründet

Ein wesentliches Ziel des Entwurfs von Union und SPD ist es, den Spielraum für Verteidigungsausgaben deutlich zu erhöhen. Das eint sie mit den Entwürfen der Grünen und der FDP. Der Grund ist, kurz gesagt, die Weltlage. Die Ukraine leidet noch immer unter dem russischen Angriffskrieg, Europa wird weiter durch die imperialistischen Fantasien Moskaus herausgefordert. Und in Washington ist mit Donald Trump wieder ein Präsident am Ruder, der eher weniger auf die Zusammenarbeit mit den Europäern setzt und grundsätzliche Fragen nach der Zukunft der Nato aufwirft. Zudem erinnert die US-Administration ihre europäischen Verbündeten mit Nachdruck daran, dass sie eigentlich selbst für die Sicherheit auf dem Kontinent verantwortlich sind und ihre Verteidigungsausgaben deutlich erhöhen sollten.

Foto: picture alliance / Panama Pictures / Christoph Hardt

Für die Verteidigung gegen den russischen Angriff hat Deutschland der Ukraine unter anderem Kampfpanzer vom Typ Leopard 2A6 geliefert.

In den vergangenen Jahren wurden bereits erhebliche finanzielle Mittel für die Bundeswehr bereitgestellt, um Fähigkeitslücken zu schließen, die Bündnis- und Verteidigungsfähigkeit zu stärken und das Zwei-Prozent-Ziel der Nato zu erreichen. Kurz nach Beginn des russischen Überfalls auf die Ukraine hat der Bundestag 100 Milliarden Euro im Sondervermögen Bundeswehr bereitgestellt - außerhalb der Schuldenbremse. Doch das Geld ist verplant, ab 2028 dürfte der Topf aufgebraucht sein.

Union und SPD wollen "limitierte Bereichsausnahme" von der Schuldenbremse

Aus Sicht von Union und SPD ist eine Fortführung des Sondervermögens nicht zielführend. Stattdessen soll die Finanzierung aus dem Kernhaushalt erfolgen. Allerdings, so heißt es in dem Entwurf der beiden Fraktionen, sei dies mit der geltenden Schuldenregel nicht möglich. Deshalb wollen die Fraktionen mit einer Grundgesetzänderung der Artikel 109 und 115 den Spielraum erhöhen - in Form einer "limitierten Bereichsausnahme" von der Schuldenbremse. Alle Verteidigungsausgaben, die ein Prozent des nominalen Bruttoinlandsprodukts übersteigen, sollen nicht mehr auf die Schuldenregel angerechnet werden. Das heißt, sie können mit Krediten finanziert werden, die den Spielraum im Kernhaushalt nicht weiter einschränken.

Legt man das BIP des Jahres 2024 zugrunde, würde das bedeuten, dass alle Verteidigungsausgaben oberhalb von rund 43 Milliarden Euro, also genau der Hälfte des Nato-Ziels, außerhalb der Schuldenbremse laufen könnten. Für die Aufrüstungsanstrengungen werden allerdings schon heute deutlich höhere Summen gefordert.

Grüne plädieren für weiter gefassten Sicherheitsbegriff

Grundsätzlich können sich die Grünen mit dieser Lösung anfreunden. Allerdings stören sich die Abgeordneten an zwei Punkten, wie aus dem von der Fraktion vorgelegten Gesetzentwurf hervorgeht. Erstens wollen sie die Obergrenze erst bei 1,5 Prozent des BIP ansetzen. Das würde bedeuten, dass der Spielraum für andere Projekte im Haushalt nicht mehr so groß wäre. Zweitens stört die Grünen-Fraktion, dass die von SPD und Union festgelegte Zweckbindung für Verteidigungsausgaben zu eng gefasst ist. Sie schlagen einen erweiterten Sicherheitsbegriff vor. So soll demnach nicht nur die Bundeswehr im Fokus stehen, sondern beispielsweise auch der Ausbau nachrichtendienstlicher Fähigkeiten, Maßnahmen der Auslandshilfe im Krisenfall oder Cybersicherheit.

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Einen anderen Weg schlägt die FDP-Fraktion ein. In ihrem vorerst wohl letzten Gesetzentwurf - die Partei gehört dem 21. Bundestag nicht mehr an - setzen die Liberalen auf das Sondervermögen. Sie wollen es um 200 Milliarden Euro aufstocken - und wie bisher eine Kreditaufnahme außerhalb der Schuldenbremse ermöglichen.

Allerdings soll der Abruf der Mittel an eine harte Bedingung geknüpft werden. Das Geld soll erst fließen, wenn die Verteidigungsausgaben im Kernhaushalt zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts erreicht haben. Damit will die Fraktion sicherstellen, dass die Milliarden als zusätzliche Mittel für die Bundeswehr zur Verfügung stehen. Konkret würde dies bedeuten, dass - legt man die Finanzplanung des Bundes zugrunde - ab etwa 2028 noch rund 30 Milliarden Euro im Haushalt aufgebracht werden müssten, um überhaupt auf das Sondervermögen zugreifen zu können.

Milliardenschweres Sondervermögen für die Infrastruktur geplant

Während es in der Debatte um die Erhöhung der Verteidigungsausgaben verschiedene gesetzliche Vorschläge gibt, gibt es zu den vorgeschlagenen Grundgesetzänderungen für das Sondervermögen Infrastruktur keine konkreten gesetzlichen Alternativen. Allerdings haben Grüne und Linke in der Vergangenheit Sympathien dafür geäußert.

SPD und Union schwebt vor, in Artikel 143h die Grundlage für ein neues Sondervermögen Infrastruktur zu schaffen - ähnlich wie es mit dem Sondervermögen Bundeswehr in Artikel 87a geschehen ist. Die Laufzeit soll auf zehn Jahre und das Volumen auf 500 Milliarden Euro festgelegt werden. Die Kreditaufnahme soll außerhalb der Schuldenbremse erfolgen. Laut Gesetzesbegründung sollen die Mittel breit gestreut werden können. Sie sollen beispielsweise für den Zivil- und Bevölkerungsschutz, die Verkehrs- und Energieinfrastruktur, aber auch für die Bildungs-, Betreuungs- und Wissenschaftsinfrastruktur sowie für Krankenhausinvestitionen zur Verfügung stehen. Die Einzelheiten sollen - in der nächsten Legislaturperiode - einfachgesetzlich geregelt werden.

Auch die Länder sollen von dem Sondervermögen profitieren

100 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen sollen nach den Vorstellungen von SPD und Union an die Länder fließen. Die Zinsen trägt der Bund. Außerdem soll bei der Vergabe von Mitteln aus dem Sondervermögen auf die sonst üblichen Kofinanzierungserfordernisse verzichtet werden.

Zur Begründung verweisen die Fraktionen auf den "gesteigerten Investitionsbedarf im Infrastrukturbereich". "Die Einrichtung eines Sondervermögens zur Modernisierung der Infrastruktur mit einer Kreditermächtigung von bis zu 500 Milliarden Euro für Investitionen sichert eine langfristige Finanzierungsgrundlage für Investitionen des Bundes zur Modernisierung Deutschlands", heißt es weiter. Das Sondervermögen ermögliche eine "Investitionsoffensive des Bundes" als "integraler Bestandteil eines umfassenden Wachstums- und Investitionspakets der Bundesregierung". Sie könne das mittelfristige Wirtschaftswachstum "spürbar stärken", argumentieren Union und SPD in dem Entwurf.

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Länder sollen Verschuldungsspielraum erhalten 

Außerdem wollen SPD und Union den Ländern einen Verschuldungsspielraum einräumen. Dies war von deren Seite immer wieder an den Bund herangetragen worden. Den Verschuldungsspielraum für die Länder, der durch eine Änderung des Artikels 109 GG vorgesehen ist, begründen die Fraktionen mit der "herausfordernden Finanzsituation der Länder und Kommunen".

Der Entwurf sieht vor, der Ländergesamtheit - analog zum Bund - im Rahmen des Grundsatzes ausgeglichener Haushalte einen "sehr eng begrenzten" strukturellen Verschuldungsspielraum in Höhe von 0,35 Prozent des nominalen Bruttoinlandsprodukts einzuräumen. "Über die tatsächliche Nutzung dieses Spielraums und die konkrete Verwendung von entsprechenden finanziellen Mitteln entscheiden die Länder im Rahmen ihrer Haushaltsautonomie. Dies ermöglicht einen passgenauen Mitteleinsatz vor dem Hintergrund individueller regionaler und örtlicher Gegebenheiten", heißt es im Gesetzentwurf dazu.