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Weniger Steuern und mehr Förderung für Firmen : Wie Union und SPD die Wirtschaft ankurbeln wollen

Im Koalitionsvertrag setzen Union und SPD auf Steueranreize für mehr Investitionen und weniger Bürokratie, um die Wirtschaft wieder auf Wachstumskurs zu bringen.

17.04.2025
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5 Min

Unternehmen sollen mehr investieren, und dafür soll der Staat finanzielle Anreize setzen. In den Wahlprogrammen der Parteien herrschte dazu weitgehend Einigkeit. Nun findet sich dieses Vorhaben auch im schwarz-roten Koalitionsvertrag. "Wir werden einen Investitions-Booster in Form einer degressiven Abschreibung auf Ausrüstungsinvestitionen von 30 Prozent in den Jahren 2025, 2026 und 2027 einführen", ist dort zu lesen.

Kanzlerkandidat Merz setzt auf hohe Abschreibungen als Wirtschafts-Booster

Die SPD hätte es zwar lieber gesehen, wenn sich der Staat mit zehn Prozent an Investitionen beteiligt hätte, so stand es jedenfalls in ihrem Wahlprogramm. Aber da bereits die Ampel-Koalition mit so einer Steuererstattung, die damals als "Klimaschutz-Investitionsprämie" firmierte, im Bundesrat gescheitert war, lag es vielleicht nahe, sich mit CDU und CSU auf das bewährte Abschreibungskonzept zu einigen.

Foto: picture alliance/dpa | Daniel Karmann

Mit einer Investitionsoffensive wollen Union und SPD laut Koalitionsvertrag die deutsche Wirtschaft schnell wieder auf Kurs bringen.

Auf Kritik aus der Wirtschaft, der Koalitionsvertrag sei zu ambitionslos, um Deutschlands Wirtschaft wieder auf Wachstumskurs zu bringen, verwies CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz im ARD-Fernsehen entsprechend genau auf diesen in der Dimension bemerkenswerten Steueranreize für mehr Investitionen. Dazu kommt: Ab 2028 soll auch die Körperschaftssteuer sinken, die Kapitalgesellschaften wie Aktiengesellschaften oder GmbHs zu zahlen haben. Da diese schon heute deutlich niedriger liegt als die Einkommensteuer, die für Personengesellschaften wie Einzelunternehmer gilt, will der Koalitionsvertrag es den persönlich haftenden Unternehmern erleichtern, sich wie Kapitalgesellschaften besteuern zu lassen. Auch dies stellt aus Sicht von Merz eine substanzielle Entlastung der deutschen Wirtschaft dar.

Insgesamt weniger Abgaben, aber neue Förderprogramme und das Festhalten an bestehenden Subventionen - für Unternehmen bietet sich der Koalitionsvertrag diesbezüglich als durchaus interessante Lektüre an. Das gilt auch für die Vorhaben im Bereich der Entbürokratisierung.


Landwirtschaft soll nicht in den CO2-Zertifikatehandel eingebunden werden

Dass die Umsatzsteuer für Speisen dauerhaft auf sieben Prozent gesenkt werden soll, wird vor allem Gastronomen freuen, die Wiederaufnahme der Subventionen für Agrardiesel die Landwirte.

Für Letztere enthält der Vertrag eine weitere wichtige Botschaft: Die Landwirtschaft soll nicht in den Europäischen CO2-Zertifikatehandel eingebunden werden. Damit müssen Bauern keine entsprechenden Zertifikate erwerben, wenn sie das klimaschädliche Kohlendioxid emittieren. Weiter heißt es zur Landwirtschaft: “Wir schaffen genehmigungsrechtliche Hürden beim Stallbau ab und schaffen Bestandsschutz für neu- und umgebaute Tierwohlställe für mindestens 20 Jahre und ermöglichen im Baugesetzbuch (BauGB) einen unkomplizierten Tierartenwechsel.”


Koalitionsvertrag sieht eine Senkung der Stromsteuer und Netzentgelte vor

Der Schwerpunkt der Wachstumsagenda liegt freilich auf der Industrie: Energieintensive Unternehmen sollen einen Industriestrompreis erhalten. Doch nicht nur energieintensive Betriebe können sich auf niedrigere Strompreise freuen. 

Der Koalitionsvertrag sieht eine Senkung der Stromsteuer und Netzentgelte vor. Auch die Gasspeicherumlage soll entfallen. "Unser Ziel sind dauerhaft niedrige und planbare, international wettbewerbsfähige Energiekosten", kündigen Union und SPD an. 


Stärkere steuerliche Förderung für E-Autos und mehr Subventionen für Chiphersteller

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Der Mittelstand soll zwei Milliarden Euro aus der früheren Bankenabgabe für die digitale und klimaneutrale Transformation erhalten. Die neue Koalition will auch Projekte des amtierenden (geschäftsführenden) Wirtschaftsministers Robert Habeck (Grüne) fortführen: "Wir werden auch die Förderprogramme zur Dekarbonisierung der Industrie, unter anderem die Klimaschutzverträge, fortsetzen", wird im Koalitionsvertrag versprochen. Am Kohleausstieg 2038 wird festgehalten: "Die Zusagen aus dem Strukturstärkungsgesetz und Vereinbarungen zwischen dem Bund und den betroffenen Ländern halten wir ein."

Auch der "Aufbau der Batteriezellfertigung inklusive der Rohstoffgewinnung, des Recyclings und des Maschinen- und Anlagenbaus" soll Förderziel werden. E-Autos sollen stärker steuerlich gefördert werden. Auch die Subventionen für Chiphersteller dürften wohl weiter fließen. Der Staat soll im Bereich der Raumfahrt stärker bei kleinen und mittleren Unternehmen einkaufen.


Künftige Koalition verspricht Investitionsoffensive

Der Wirtschaft verspricht der Koalitionsvertrag ferner eine "Investitionsoffensive", für die der Bund zehn Milliarden Euro in einem Fonds bereitstellen wird, die dann "mithilfe von privatem Kapital und Garantien" auf 100 Milliarden Euro anwachsen sollen. "Dieser Fonds soll als Dachfonds bestehende Finanzierungslücken im Bereich des Wachstums- und Innovationskapitals, insbesondere für Mittelstand und Scale-ups, schließen", heißt es dazu im Koalitionsvertrag.

Steuerliche Förderung, höhere Finanzhilfen: Unternehmen finden in den schwarz-roten Vorhaben indes nicht nur Licht. "Die Förderpolitik der Bundesregierung wird einer Konsolidierung unterzogen", wird im Koalitionsvertrag gewarnt. Weiter heißt es dort: “Die Programme müssen in einem Fördercontrolling überwacht werden. Neue Programme müssen konsequent an Leistungsindikatoren und Kriterien, wie in den subventionspolitischen Leitlinien festgehalten, ausgerichtet werden.”


Union und SPD wollen Bürokratieabbau voranbringen

Da alle Maßnahmen im Koalitionsvertrag unter Finanzierungsvorbehalt stehen, also sowohl Steueranreize und Abgabensenkungen als auch direkte Finanzhilfen, ist derzeit noch unklar, was eine künftige Koalition im Bundestag tatsächlich beschließen wird. Umso wichtiger kann es für die Unternehmen und den Wirtschaftsstandort sein, welche Maßnahmen verabredet wurden, die nicht direkt haushaltswirksam werden, Stichwort Bürokratieabbau. Und hier haben sich schwarze und rote Verhandler viel vorgenommen, nicht zuletzt im Bereich Digitalisierung. Allerdings sind auch neue Regeln für die Wirtschaft geplant.

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Dabei ist wohl insbesondere das vereinbarte Bundestariftreuegesetz zu nennen. Öffentliche Aufträge auf Bundesebene mit einem Volumen von mehr als 50.000 Euro dürften künftig nur Unternehmen erhalten, die ihre Mitarbeiter nach mit Gewerkschaften vereinbarten Tarifverträgen bezahlen. Ein entsprechendes Vorhaben der rot-grünen Minderheitsregierung hatte es nicht mehr in den Bundestag geschafft. Das soll nun nochmal angegangen werden. Zugleich sollen aber die Schwellen, ab denen eine öffentliche Ausschreibung nötig wird, auf 50.000 Euro steigen.

Der Abbau von Regeln dominiert aber den Koalitionsvertrag. So versprechen Union und SPD unter anderem ein "nationales Sofortprogramm für den Bürokratieabbau" bis Ende 2025. Beispielsweise sollen Vorgaben für die Bestellung von Betriebsbeauftragten sowie der Schulungs-, Weiterbildungs- und Dokumentationsaufwand "signifikant" sinken.


Nationales Lieferkettengesetz und Bonpflicht sollen gestrichen werden

Politisch besonders bemerkenswert: Das nationale Lieferkettensorgfaltsgesetz (LkSG) soll wegfallen. Die beiden Parteien erklären dazu: "Es wird ersetzt durch ein Gesetz über die internationale Unternehmensverantwortung, das die Europäische Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) bürokratiearm und vollzugsfreundlich umsetzt. Die Berichtspflicht nach dem LkSG wird unmittelbar abgeschafft und entfällt komplett."

Auch die Bonpflicht im Einzelhandel soll fallen. Statistikpflichten sollen sinken. Ein weiteres Beispiel für weniger Bürokratie: Notare, Finanz- und Gewerbeämter sollen künftig digital zusammenarbeiten, was einen "automatischen Datenaustausch" ermöglichen soll, ein Versprechen vor allem an (künftige) Start-ups.


Weniger Regeln für Stromspeicher, CCS-Technologie, Autofirmen und Chemiewerke

In der Energiewirtschaft sollen Speicher "als im überragenden öffentlichen Interesse anerkannt sowie im Zusammenhang mit privilegierten Erneuerbaren-Energien-Erzeugungsanlagen ebenfalls privilegiert" werden, was Genehmigungen beschleunigen soll. Windparks auf dem Meer sollen nicht nur per Stromleitung Energie liefern können, sondern auch per Wasserstoff-Pipeline. Gestärkt werden soll auch die sogenannte CCS-Technologie. Dabei entsteht zwar weiterhin das Treibhausgas CO2, wird aber gespeichert, so dass es nicht mit erderwärmender Wirkung in die Atmosphäre gelangt.

Auch für die Chemiebranche sollen Umweltvorgaben nicht zu strikt werden. "Ein Totalverbot ganzer chemischer Stoffgruppen wie Per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS) lehnen wir ab", erklären die potenziellen Koalitionäre. In der Autoindustrie sollen die Regeln für den CO2-Ausstoß auf EU-Ebene auf den Prüfstand: "Wir wollen uns aktiv dafür einsetzen, Strafzahlungen aufgrund der Flottengrenzwerte abzuwehren." Auch für den Luftverkehr sind Erleichterungen vorgesehen: Die Quoten für CO2-neutrale Treibstoffe sollen auf das "europarechtlich Notwendige" sinken.