Vorschau auf die Sitzungswoche : Darum geht es diese Woche im Bundestag
Wege aus der Wirtschaftskrise, 35 Jahre Mauerfall, jüdisches Leben und der Streit um das Verbrenner-Aus:Das sind einige der wichtigsten Themen, die das Plenum berät.
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Die Sitzungswoche beginnt am Mittwoch mit der Regierungsbefragung, bei der sich Justizminister Marco Buschmann (FDP) und Familienministerin Lisa Paus (Grüne) den Fragen der Abgeordneten stellen. Bei einer von der Unionsfraktion beantragten Aktuellen Stunde geht es um den „Kurs der Bundesregierung in der Wirtschaftskrise“. Der Regierungsentwurf „zur Stärkung der Herzgesundheit“ – das sogenannte Gesundes-Herz-Gesetz - wird ebenfalls am Mittwoch in erster Lesung beraten. Außerdem steht die Forderung der AfD-Fraktion, die Versorgung der Industrie mit kritischen Rohstoffen sicherzustellen, auf der Tagesordnung.
Am Donnerstagmorgen wird neben dem Antrag „Nie wieder ist jetzt – Jüdisches Leben in Deutschland schützen, bewahren und stärken“ auch über einen Antrag von SPD, Union, Grünen und FDP, der auf die Aufarbeitung der NS-„Euthanasie“ und Zwangssterilisation abzielt beraten. Er wird ebenso in der Kernzeit beraten wie die Forderung der AfD-Fraktion, eine Migrationswende hinsichtlich Syriens einzuleiten. Neu auf die Tagesordnung gesetzt wurde das Zustrombegrenzungsgesetz der Unionsfraktion sowie der Bericht der Bundesregierung zu einer Evaluierung der laufenden, mandatierten Auslandseinsätze der Bundeswehr. Gleich zweimal berät der Bundestag diese Woche über die Forderung, das Aus für Verbrenner-Motoren zu stoppen. Am Donnerstagnachmittag soll es in einer weiteren Aktuellen Stunde zudem um den Ausgang der US-Wahl und Konsequenzen für Deutschland gehen.
Zu Beginn des Sitzungstages am Freitag erinnert der Bundestag an den Mauerfall am 9. November 1989. Anlässlich des 35. Jahrestages werden insgesamt vier Anträge beraten. Namentlich abgestimmt wird am Freitag auch über einen interfraktionellen Antrag zu nichtinvasiven Pränataltests. Zudem werden Regierungsentwürfe für das TEHG-Europarechtsanpassungsgesetz sowie eine Novelle des Luftsicherheitsgesetzes, mit der unbefugtes Eindringen in die Luftseite von Flughäfen geahndet werden kann, in erster Lesung beraten. Die Tagesordnung für die Sitzungswoche umfasst aktuell 30 Punkte.
Aktuelle Stunde am Mittwoch zum Kurs der Ampel in der Wirtschaftskrise
Angesichts von Arbeitsplatzabbau, Rezession und finanziellen Probleme in den Sozialversicherungen gibt es wirtschaftspolitischen Handlungsbedarf. Darüber besteht auch innerhalb der Ampelkoalition Einigkeit. Gleichwohl haben die Partner gänzlich unterschiedliche Vorstellungen darüber, wie der Krise beizukommen ist.
Auf Vorschläge des Wirtschaftsministers Robert Harbeck (Grüne) folgte das Wirtschaftswende-Papier von Finanzminister Christian Lindner (FDP), das in eine ganz andere Richtung weist. Mittendrin steht Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), der das ganze Thema zur Chefsache erklärt hat. Auch die konkurrierenden Wirtschaftsgipfel von Scholz und Lindner zeigen die Uneinigkeit der Ampel, die aktuell einmal mehr vor einer Zerreißprobe stellt. Die Union, die nicht müde wird, vorgezogene Neuwahlen zu fordern, legt nun die Finger in die Wunde und will im Rahmen einer Aktuellen Stunde am Mittwoch über den „Kurs der Bundesregierung in der Wirtschaftskrise“ reden.
Nach langen Beratungen: Gemeinsamer Antrag zum Jüdischen Leben in Deutschland
Dass es Einigungen zwischen den Koalitionspartnern - und sogar noch der Unionsfraktion - geben kann, zeigt der gemeinsame Antrag von SPD-, CDU/CSU-, Grünen- und FDP-Fraktion „Nie wieder ist jetzt – Jüdisches Leben in Deutschland schützen, bewahren und stärken“, der am Donnerstag beraten wird.
Ziel des Antrags ist es, jüdisches Leben in Deutschland besser zu schützen.
Monatelang wurde an den Formulierungen gefeilt, ehe die Initiative mehr als ein Jahr nach dem Terror-Überfall der Hamas auf Israel aber dafür noch rechtzeitig vor dem 86. Jahrestag der NS-Novemberprogrome im Jahr 1938 vorgelegt wurde. „Seit dem grausamen Terror-Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 sehen wir in Deutschland Judenhass und israelbezogenen Antisemitismus auf einem seit Jahrzehnten nicht dagewesenen Niveau“, schreiben die Fraktionen.
Der Anstieg antisemitischer Einstellungen und Taten sei zutiefst beunruhigend. Die Entwicklung seit dem 7. Oktober 2023 sei sowohl auf einen zunehmend offenen und gewalttätigen Antisemitismus in rechts-extremistischen und islamistischen Milieus als auch auf einen relativierenden Umgang und vermehrt israelbezogenen und links-antiimperialistischen Antisemitismus zurückzuführen, heißt es in dem Antrag, der auch auf das „erschreckende Ausmaß“ eines Antisemitismus hinweist, „der auf Zuwanderung aus den Ländern Nordafrikas und des Nahen und Mittleren Ostens basiert".
Zustrombegrenzungsgesetz der Union: Kommt es am Donnerstag tatsächlich zur Abstimmung?
In der vergangenen Sitzungswoche hat der Bundestag dem Sicherheitspaket der Koalition zugestimmt. Zum wiederholten Mal von der Tagesordnung genommen wurden hingegen zwei Initiativen der Unionsfraktion, was zu Protest bei CDU und CSU und einer Geschäftsordnungsdebatte mit der Forderung, auch das Sicherheitspaket abzusetzen, geführt hatte. Mit dem Zustrombegrenzungsgesetz ist nun eine der beiden Unionsinitiativen kurzfristig auf die Tagesordnung gerutscht.
Darin dringt die Fraktion auf eine „Begrenzung des illegalen Zustroms von Drittstaatsangehörigen nach Deutschland“. Laut dem Gesetzentwurf soll das „Ziel der Begrenzung der Zuwanderungssteuerung wieder als ausdrückliche übergeordnete Vorgabe für die Anwendung des Aufenthaltsgesetzes“ festgelegt werden. Auch will die Unionsfraktion den Familiennachzug zu Personen mit subsidiärem Schutz bis auf weiteres beenden. Über den Entwurf soll am Donnerstagnachmittag abgestimmt werden.
Union und BSW lehnen geplante Regelungen zum Verbrenner-Aus ab 2035 ab
Im Streit um das Verbrenner-Aus sind sich BSW und Union einig: Beide lehnen die auf ein Verbrenner-Verbot ab 2035 hinauslaufenden EU-Regelungen ab. Die Einseitigkeit, mit der die Bundesregierung und die Europäische Union auf E-Mobilität setzten, sei ein „schwerer wirtschafts- und industriepolitischer Fehler“, urteilt die Gruppe BSW in ihrem Antrag, der am Donnerstagabend abschließend beraten wird.
„Technologieoffener Klimaschutz im Straßenverkehr - Kein Verbot des klimaneutralen Verbrennungsmotors“ lautet der Titel des Antrags der Union, der am Freitagvormittag auf der Tagesordnung steht. Ob an den europäischen Vorgaben jedoch noch zu rütteln ist, erscheint unwahrscheinlicher denn je. Der designierte Verkehrskommissar der EU-Kommission, Apostolos Tzitzikostas, hat unlängst vor dem EU-Parlament deutlich gemacht, dass an den Regelungen, wonach ab 2035 neu zugelassene Autos in der EU kein CO2 ausstoßen dürfen, festgehalten werden soll.
Abgeordnete erinnern an 35 Jahre Mauerfall
Es war ein etwas holprig bei einer Pressekonferenz vorgetragener Satz des SED-Politbüro-Mitglieds Günter Schabowski, der am 9. November 1989 die Mauer zwischen Ost- und Westberlin zu Fall brachte. Ob geplant oder nicht – die Aussage zum Reisegesetz, wonach ständige Ausreisen aus der DDR „sofort, unverzüglich“ möglich seien, führte zu einem nicht mehr aufzuhaltenden Ansturm der DDR-Bürger an die Grenzanlagen.
35 Jahre später gedenkt der Bundestag diesem laut dem langjährigen Bundestagspräsidenten Norbert Lammert (CDU) „Glücksfall der Geschichte“ am Freitagmorgen. Beraten werden Anträge der Koalition, der Unionsfraktion sowie der AfD-Fraktion.
Debatte über Kassenzulassung des nichtinvasiven Pränataltests am Freitag
Normalerweise entscheidet der Bundestag über parlamentarische Initiativen auf Basis einer Beschlussempfehlung des federführenden Fachausschusses. Eine solche Beschlussvorlage gibt es auch zu dem interfraktionellen Antrag von 121 Abgeordneten von SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und der Gruppe Die Linke mit dem Titel „Kassenzulassung des nichtinvasiven Pränataltests – Monitoring der Konsequenzen und Einrichtung eines Gremiums“, der am Freitag auf der Tagesordnung steht und namentlich abgestimmt werden soll.
Der Gesundheitsausschuss votiert in seiner Beschlussempfehlung jedoch weder für ein Ja noch für ein Nein, sondern empfiehlt eine Beschlussfassung über die Vorlage im Plenum des Bundestages.
Wie diese Abstimmung ausgeht, ist derzeit also offen. Gesundheitsexperten hatten sich in einer Anhörung im Oktober mit der Kassenzulassung des nichtinvasiven Pränataltests (NIPT) befasst und neben den Vorteilen auch die Nachteile und Besonderheiten diskutiert. In dem interfraktionellen Antrag wird gefordert, die Folgen der 2022 erfolgten Kassenzulassung „systematisch auszuwerten“.
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