Vorschau auf die Sitzungswoche : Das wird diese Woche im Bundestag wichtig
Die Lage der Wirtschaft, die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr und die Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs - das sind einige Themen, die der Bundestag berät.
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Die Sitzungswoche beginnt am Mittwochmittag mit der Regierungsbefragung, bei der sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) erstmals seit dem Aus der Ampelkoalition und der Neuwahl-Entscheidung den Fragen der Abgeordneten stellen wird. Bei einer von der SPD-Fraktion gemeinsam mit den Grünen beantragten Aktuellen Stunde geht es im Anschluss um die Lage der Wirtschaft in Deutschland. Der Regierungsentwurf zur Novellierung des Produktsicherheitsgesetzes wird ebenfalls am Mittwoch in erster Lesung beraten. Außerdem steht die Forderung der AfD-Fraktion nach einem Moratorium für den Rückbau abgeschalteter Kernkraftwerke auf der Tagesordnung.
Schwangerschaftsabbruch und Organspende: Bundestag will zwei Gruppenanträge beraten
Am Donnerstagmorgen wird über einen Gesetzentwurf der Bundesregierung beraten, der auf eine schnellstmögliche Erhöhung der personellen Einsatzbereitschaft der Bundeswehr abzielt. Auf der Tagesordnung stehen auch Gesetzentwürfe von FDP und Union, die eine Aufhebung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes zum Ziel haben. Des Weiteren wird ein interfraktioneller Gesetzentwurf zur Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs beraten. Auch die Novelle des Transplantationsgesetzes, mit dem Ziel der Einführung einer Widerspruchsregelung, die ebenfalls am Donnerstag auf der Tagesordnung steht, stammt aus der Feder von Abgeordneten mehrerer Fraktionen.
Mehr zu interfraktionellen Initiativen
Im Bundestag sorgen Fraktionen für stabile Verhältnisse. Bei Gewissensentscheidungen ist das anders. Was hat es mit Gruppenanträgen und Gruppenverfahren auf sich?
Zu Beginn des Sitzungstages am Freitag wird über die Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen diskutiert. Dem Parlament liegt dazu ein Gesetzentwurf der verbliebenen Koalitionsfraktionen von SPD und Grünen vor. Außerdem haben Unions- und FDP-Fraktion zu dem Thema Anträge vorgelegt – ebenso wie die Gruppe Die Linke. Weitere Themen am Freitag sind die Ukrainepolitik, die Nordkoreapolitik und das Heizungsgesetz. Die Tagesordnung für die Sitzungswoche umfasst aktuell 35 Punkte.
Aktuelle Stunde am Mittwoch zur Lage der Wirtschaft in Deutschland
Angesichts von Arbeitsplatzabbau, Rezession und finanziellen Probleme in den Sozialversicherungen gibt es wirtschaftspolitischen Handlungsbedarf. Darüber bestand auch innerhalb der Ampelkoalition Einigkeit. Gleichwohl hatten die Partner gänzlich unterschiedliche Vorstellungen darüber, wie der Krise beizukommen ist. Auf Vorschläge des Wirtschaftsministers Robert Habeck (Grüne) folgte das Wirtschaftswende-Papier von Finanzminister Christian Lindner (FDP). Das Ergebnis ist bekannt - die Ampel inzwischen Geschichte. An der problematischen Lage der Wirtschaft in Deutschland hat sich durch das Auseinanderbrechen der Bundesregierung freilich nichts geändert. Die Aktuelle Stunde gibt den Fraktionen nun den Raum, ihre wirtschaftspolitischen Ideen vorzustellen.
Über die Wirtschaftspolitik diskutiert der Bundestag nochmals am Freitagvormittag: Dann beraten die Abgeordneten einen Antrag der Unionsfraktion mit dem Titel “Insolvenzwelle stoppen – Wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen für Unternehmen schaffen."
Debatte über die personelle Stärkung der Bundeswehr am Donnerstag
Unter dem Stichwort Zeitenwende hat die Bundesregierung ihren Gesetzentwurf „zur weiteren Stärkung der personellen Einsatzbereitschaft und zur Änderung von Vorschriften für die Bundeswehr“ vorgelegt. Vor dem Hintergrund des Angriffskrieges Russlands gegen die Ukraine steigen die Anforderungen an die Bundeswehr.
Sollten die USA – wie erwartet – ihr Engagement herunterfahren, kann es sein, dass auch deutsche Soldaten eine mögliche Pufferzone in der Ukraine absichern müssen. Dazu kommt die in letzter Zeit öfter zu hörende Warnung vom Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes (BND), Bruno Kahl, Russland sei spätestens Ende dieses Jahrzehnt für einen militärischen Konflikt mit der Nato bereit. „Unsere Sicherheit wird deshalb von der Bündnisfähigkeit, der Verteidigungsfähigkeit und damit auch der Kriegstüchtigkeit der Bundeswehr abhängen“, schreibt die Bundesregierung in ihrem Gesetzentwurf.
Beratung über Gesetzentwurf zur Einführung einer Mindestspeicherung von IP-Adressen
Im Anschluss soll eine Initiative der Unionsfraktion zur Einführung einer Mindestspeicherung von IP-Adressen und Wiederherstellung der Funkzellenabfragemöglichkeit zur Verbesserung der Verbrechensaufklärung beraten werden. Diese steht im Zusammenhang mit einer Bundesratsinitiative aus Hessen. Der hessische Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) sei eingeladen worden, im Plenum dazu zu sprechen, hatte Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU) am Dienstag angekündigt.
Bei Straftaten, die mittels Internet vorbereitet oder begangen werden, stelle die IP- Adresse des Täters häufig den einzigen, immer aber den ersten, effizientesten und schnellsten Ermittlungsansatz für die Strafverfolgungs- und Gefahrenabwehrbehörden dar, heißt es in dem Entwurf zur Begründung. Ohne die Zuordnung der IP-Adresse zu einem Anschlussinhaber liefen die Ermittlungen oft ins Leere, wenn keine anderen Spuren vorhanden seien.
Erneute Forderung nach Abschaffung des Lieferkettensorgfaltsgesetzes
In den vergangenen Wochen wurde mehrmals über eine Abschaffung des Lieferkettensorgfaltsgesetzes diskutiert. Mal kam Forderung von der AfD, fand aber keinerlei Zustimmung – auch nicht bei der Union, und bei der damals noch der Ampel angehörenden FDP erst recht nicht. Nun starten CDU und CSU sowie die FDP neue Anläufe mit eigenen Gesetzentwürfen.
Die Wirtschaft hat das Gesetz von Anfang an kritisch beäugt. Seit dem 1. Januar 2023 ist es für Unternehmen mit mindestens 3.000 Mitarbeitern in Kraft. Ab dem 1. Januar 2024 sind auch Unternehmen mit mindestens 1.000 Mitarbeitern dazu verpflichtet, Risikomanagementsysteme aufzubauen, Beschwerdemechanismen einzurichten und regelmäßige Prüfungen durchzuführen, dass in der eigenen Lieferkette keine Menschenrechts- oder Umweltverstöße begangen werden. Ein Aufwuchs an Bürokratie ist damit verbunden – im Grunde das Gegenteil von dem, was inzwischen alle Fraktionen zur Ankurbelung der Wirtschaft für nötig halten.
AfD will Kehrtwende in der Migrationspolitik
Die AfD will eine Kehrtwende in der Migrationspolitik. Über die von der Fraktion geforderten Maßnahmen „zur sofortigen Beendigung der illegalen Einwanderungsströme“, stimmt das Parlament am Donnerstag ab. Eine Beschlussempfehlung des Innenausschusses empfiehlt den Abgeordneten die Ablehnung des Antrages. Doch die AfD hat schon eine neue Initiative angekündigt.
Sie verlangt „Zurückweisungen von Asylantragstellern ohne Visum oder gültigen Aufenthaltstitel an der Bundesgrenze“.
Zurückweisungen an den deutschen Grenzen vornehmen wollte eigentlich auch die Union. Ein entsprechender Antrag wurde erst lange im Innenausschuss von SPD, Grünen und FDP blockiert und tauchte nach dem Ampel-Aus nicht mehr auf der Tagesordnung auf. Eine Zustimmung zu der AfD-Initiative wird es wohl dennoch nicht geben.
Findet sich eine Mehrheit für die Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs?
Gibt es in dieser Legislaturperiode tatsächlich noch eine Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs? Noch immer gilt die Regelung aus Paragraf 218 Strafgesetzbuch (StGB), der den Abbruch verbietet – ihn allerdings bis zur zwölften Schwangerschaftswoche nach einer Pflichtberatung straffrei stellt.
Die Initiatorinnen und Initiatoren des interfraktionellen Gesetzentwurfes, der am Donnerstag erstmals beraten wird, wollen den aktuell bestehenden Straftatbestand „Schwangerschaftsabbruch“ insgesamt aufheben. Da der Schwangerschaftsabbruch dann nicht mehr rechtswidrig ist, soll er auch von den Krankenkassen bezahlt werden. Ob sich eine Mehrheit im Bundestag für die Neuregelung findet, ist derzeit unklar. Nach der Debatte am Donnerstag geht der Entwurf zur weiteren Beratung dem Gesundheitsausschuss zu. Ob und wann es zu einer Abstimmung im Bundestag kommt, wird sich noch zeigen.
Gewalthilfegesetz des Rumpfkabinetts erreicht den Bundestag am Freitag
Das Gewalthilfegesetz ist aus Sicht vom Frauenministerin Lisa Paus (Grüne) „ein wirksames Mittel im Kampf gegen die grassierende Gewalt gegen Frauen in Deutschland“. Im Rumpfkabinett von SPD und Grünen beschlossen, erreicht es nun den Bundestag. Am Freitag steht die erste Lesung des Gesetzentwurfes „für ein verlässliches Hilfesystem bei geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt“ an. Mit dem Gewalthilfegesetz will der Bund Frauenhäuser mitfinanzieren, den Zugang zu Schutz und Beratung in Fällen von häuslicher Gewalt durch einen Rechtsanspruch garantieren.
Neu ist die Idee nicht – innerhalb der Ampel ist sie aber am Widerstand der FDP gescheitert. Ob nun die Union als Mehrheitsbeschaffer einspringt, wird sich zeigen. Zu der Debatte haben CDU und CSU einen eigenen Antrag vorgelegt. Weitere zu beratende Anträge kommen von der FDP-Fraktion sowie der Gruppe Die Linke.