Der Fahrplan zur Neuwahl : Kompromiss beim Wahltermin ebnet Weg für letzte Beschlüsse
Der Kompromiss für Neuwahlen am 23. Februar 2025 hat eine Blockade des Parlamentsbetriebs verhindert. Einige Abgeordnete entwickelten indes sogar neuen Eifer.
Keine Frage: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) versteht es, Begriffe zu prägen. Und so sind es nicht nur die rot-grün-gelben Streitereien seiner Regierung, die nach drei Jahren hängen bleiben. Es sind auch Begriffe wie "Wumms", "Doppel-Wumms" oder "Zeitenwende". Schon als Finanzminister im Kabinett Merkel holte der Sozialdemokrat rhetorisch die "Bazooka" raus, um die Corona-Hilfsprogramme zu beschreiben.
Baustellen gibt es derzeit nicht nur vor dem Reichstagsgebäude in Berlin. Auch hinter dessen Mauern sind die politischen Umbauarbeiten und Neuorientierungen in vollem Gange.
Als vor anderthalb Wochen der Streit innerhalb der Ampel-Regierung eskalierte, holte der Sozialdemokrat seine Bazooka wieder heraus und entließ seinen Finanzminister Christian Lindner (FDP) mit Worten, die keine Zweifel mehr über das zerrüttete Verhältnis der beiden zuließen. Ein Vielfach-Wumms erschütterte daraufhin den Politikbetrieb und das Land allgemein. Denn Scholz entwarf zugleich einen Fahrplan für die nächsten Monate, der vor allem bei der größten Oppositionsfraktion im Bundestag, der CDU/CSU, auf erheblichen Widerstand stieß.
Die Staubwolken lichten sich nach und nach
Am Ende der zweiten Woche nach dem Beben haben sich die Staubwolken nun aber deutlich gelichtet, einige Hindernisse wurden aus dem Weg geräumt. Das größte von ihnen: die Terminierung der von Scholz angekündigten Vertrauensfrage und des damit verbundenen Tags für Neuwahlen. Und das etwas kleinere: Haben wir genug Papier für die Wahlzettel? Ersteres hätte den parlamentarischen Betrieb auch komplett zum Erliegen bringen können.
Der Zeitplan von Scholz, die Vertrauensfrage im Bundestag am 15. Januar zu stellen und Neuwahlen Anfang März abzuhalten, sorgte auch außerhalb des Bundestages für Kritik. So lange könne Deutschland in diesen international unruhigen Zeiten und mit einer hartnäckigen Wirtschaftsflaute im Rücken, nicht nur übergangsweise regiert werden, hieß es vielfach. Scholz appellierte zwar an die Union, bis zu Neuwahlen aus seiner Sicht dringende Gesetzesprojekte der Ampel mit zu beschließen. Doch ohne Termin für die Vertrauensfrage stellte sich die Union quer. Scholz musste nachgeben: Die Vertrauensfrage wird er nun voraussichtlich am 16. Dezember im Bundestag stellen. Die Neuwahlen zum 21. Deutschen Bundestag sollen nach einer Einigung der Fraktionen am 23. Februar 2025 stattfinden. Zu diesem Zeitplan hatte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nach einem Treffen mit den Fraktionsspitzen von SPD, Grünen und Union am Dienstag Zustimmung signalisiert.
Bundeswahlleiterin Brand beruhigt die Abgeordneten
Am selben Tag legte sich auch die Aufregung darüber, ob das G7-Land Deutschland in der Lage ist, eine reibungslose Wahl zu organisieren. Diese hatte, unbeabsichtigt, die Bundeswahlleiterin Ruth Brand am vergangenen Wochenende ausgelöst. Aus ihrer Warnung, eine Bundestagswahl brauche genügend Vorlaufzeit und dürfe nicht überstürzt werden, auch wegen der Papierbeschaffung für den Druck der Wahlzettel, wurde eine Debatte darüber, ob Brand etwa parteiisch sei. In der Sitzung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung am Dienstag konnten diese Missverständnisse nach Angaben der Beteiligten ausgeräumt werden. "Alle werden alles in ihrer Macht Stehende tun, um die Wahl zu gewährleisten", versicherte Brand vor dem Ausschuss.
Unterdessen hat sich bei einigen Parlamentariern nach dem ersten Wumms-Schock ein neuer Eifer entwickelt: Nicht nur brachten fraktionsübergreifende Gruppen in dieser Woche noch Anträge für die Prüfung einer Verbotsverfahrens gegen die AfD oder zur Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen innerhalb der ersten zwölf Wochen der Schwangerschaft ein. Die Unionsfraktion signalisierte ihre grundsätzliche Bereitschaft, einigen Ampel-Gesetzen zuzustimmen, unter anderem der Verlängerung des Deutschland-Tickets. Auch die Absicherung des Bundesverfassungsgerichts gegen Verfassungsfeinde will die Fraktion verabschiedet sehen.
Auf den Bundestag warten also noch einige Aufgaben, auch wenn sich die Zahl der Sitzungswochen bis zur Wahl deutlich reduzieren wird und die geplanten Haushaltsberatungen für Ende November bereits abgesagt wurden.
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