Start der Sondierungen : Merz macht Tempo
Verhandler von Union und SPD haben Sondierungsgespräche begonnen. Das Ziel von CDU-Chef Friedrich Merz: Bis Ostern soll eine neue Bundesregierung ins Amt kommen.
CDU-Chef Friedrich Merz will eine Koalition mit der SPD, und er suchte bereits wenige Stunden nach Schließung der Wahllokale am Sonntagabend das Gespräch mit den Sozialdemokraten. Seit Anfang der Woche lotet Merz mit dem SPD-Vorsitzenden Lars Klingbeil Bedingungen für eine Regierungsbildung aus. Auch mit dem scheidenden Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat er ein Vier-Augen-Gespräch geführt. Nach Ansicht der Führung von CDU und CSU sollen die Verhandlungen streng vertraulich geführt werden.

Wollen die neue Bundesregierung bilden: CDU-Chef Friedrich Merz (links) und Lars Klingbeil, SPD-Vorsitzender.
Merz drückt aufs Tempo. Bereits bis Ostern soll eine neue Bundesregierung ins Amt kommen. "Das alles setzt einen gut ausverhandelten Koalitionsvertrag mit der SPD voraus", sagte Merz. Auf Unionsseite würden Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und er die Verhandlungen führen. Söder fordert "schnelle, sichere und solide" Verhandlungen. In einem Koalitionsvertrag müssten die relevanten Dinge ausdiskutiert, aber nicht alle "endlosen Einzeldetails" genannt werden. Deshalb brauche man in den Verhandlungen auch nicht zahllose Arbeitsgruppen wie bei früheren Regierungsbildungen. Mit den Grünen will Merz bislang keine Gespräche führen. Union und SPD haben 17 Stimmen mehr als für eine Mehrheit gebraucht wird, das reiche aus.
Sondierungen haben bereits begonnen
Nach der Wahl Lars Klingbeils zum Vorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion am Mittwoch dieser Woche haben die Sondierungsgespräche am Freitag begonnen. Nach dem ersten Treffen teilten Union und SPD mit, das Treffen habe “in einer offenen und konstruktiven Atmosphäre" stattgefunden. In der kommenden Woche sollen die Gespräche fortgesetzt werden. Bis Ostern soll eine Koalition auf die Beine gestellt sein, das Vorhaben gilt als sehr sportlich. Um das zu erreichen, soll es nach Plänen der Union keinen ausformulierten, umfassenden Koalitionsvertrag geben. Stattdessen ist ein etwa 20- bis 30-seitiger Fahrplan vorgesehen, in dem die wichtigsten Großprojekte formuliert sind, die die neue Regierung im ersten Jahr ihrer Amtszeit angehen will.
Vor allem die Themen Migration, Außen- und Verteidigungspolitik, Wirtschaft sowie Verkehr stehen im Vordergrund und bieten gleichzeitig Konfliktpotential mit dem Wunschpartner SPD. Während Merz und Söder die Koalition möglichst schnell bilden wollen, taktieren die Sozialdemokraten. Lars Klingbeil kündigte eine Mitgliederabstimmung über einen möglichen Koalitionsvertrag an. SPD-Generalsekretär Matthias Miersch erwartet schwierige Verhandlungen mit der Union über die Bildung einer neuen Bundesregierung. Er sagte im Fernsehen, es gebe keinen Automatismus. Aber die demokratische Mitte müsse versuchen, in diesen Zeiten zusammenzuarbeiten.
Union und SPD verhandeln im 9+9 Format
Für die SPD sondieren die Parteivorsitzenden Lars Klingbeil und Saskia Esken, außerdem Verteidigungsminister Boris Pistorius und Arbeitsminister Hubertus Heil. Ebenfalls im Verhandlungsteam: Generalsekretär Matthias Miersch, Bundestagspräsidentin Bärbel Bas, die beiden Ministerpräsidentinnen Manuela Schwesig und Anke Rehlinger sowie der Chef der NRW-SPD, Haushaltsexperte Achim Post.
Von Seiten der Union sind Friedrich Merz und CSU-Chef Markus Söder, der Fraktionsgeschäftsführer Thorsten Frei sowie die Generalsekretäre Martin Huber (CSU) und Carsten Linnemann (CDU) dabei. Zudem nahmen CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt, Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer, die stellvertretende CDU-Vorsitzende Karin Prien und die CSU-Politikerin Dorothee Bär an dem Treffen teil.
Koalitionsgespräche sollen in der kommenden Woche beginnen
Die nun anstehenden Koalitionsverhandlungen unterscheiden sich komplett von den Gesprächen zur Bildung der Ampelregierung im Herbst 2021. Damals hatten SPD, Grüne und FDP bereits in kleiner Verhandlungsrunde mit 27 Personen getagt. Vom 21. Oktober bis zum 24. November hatten dann 300 Teilnehmer in 22 Arbeitsgruppen einen 144 Seiten umfassenden Koalitionsvertrag bis ins letzte Detail ausgearbeitet. Ein solcher Verhandlungsmarathon bei Regierungsbildungen hatte sich in den vergangenen 20 Jahren immer stärker eingebürgert.
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