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Koalitionsverhandlungen : Merz macht Tempo

CDU-Chef Friedrich Merz will zügig Verhandlungen in engstem Kreis mit der SPD beginnen. Sein Ziel: Bis Ostern soll eine neue Bundesregierung ins Amt kommen.

27.02.2025
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3 Min

CDU-Chef Friedrich Merz will eine Koalition mit der SPD, und er suchte bereits wenige Stunden nach Schließung der Wahllokale am Sonntagabend das Gespräch mit den Sozialdemokraten. Seit Anfang der Woche lotet Merz mit dem SPD-Vorsitzenden Lars Klingbeil Bedingungen für eine Regierungsbildung aus. Auch mit dem scheidenden Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat er ein Vier-Augen-Gespräch geführt. Nach Ansicht der Führung von CDU und CSU sollen die Verhandlungen streng vertraulich geführt werden.

Foto: picture alliance/dpa/dpa-Pool

Wollen demnächst Koalitionsgespräche aufnehmen: CDU-Chef Friedrich Merz (links) und Lars Klingbeil, SPD-Vorsitzender.

Merz drückt aufs Tempo. Bereits bis Ostern soll eine neue Bundesregierung ins Amt kommen. "Das alles setzt einen gut ausverhandelten Koalitionsvertrag mit der SPD voraus", sagte Merz. Auf Unionsseite würden Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und er die Verhandlungen führen. Söder fordert "schnelle, sichere und solide" Verhandlungen. In einem Koalitionsvertrag müssten die relevanten Dinge ausdiskutiert, aber nicht alle "endlosen Einzeldetails" genannt werden. Deshalb brauche man in den Verhandlungen auch nicht zahllose Arbeitsgruppen wie bei früheren Regierungsbildungen.

Sondierungen sollen am 6. März beginnen

Nach der Wahl Lars Klingbeils zum Vorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion am Mittwoch dieser Woche sollen die Sondierungsgespräche nach der Hamburg-Wahl am 6. März beginnen. Mit den Grünen will Merz bislang keine Gespräche führen. Union und SPD haben 17 Stimmen mehr als für eine Mehrheit gebraucht wird, das reiche aus.

Bis Ostern eine Koalition auf die Beine zu stellen, gilt als sehr sportlich. Um das zu erreichen, soll es nach Plänen der Union keinen ausformulierten, umfassenden Koalitionsvertrag geben. Stattdessen ist ein etwa 20- bis 30-seitiger Fahrplan vorgesehen, in dem die wichtigsten Großprojekte formuliert sind, die die neue Regierung im ersten Jahr ihrer Amtszeit angehen will.

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Vor allem die Themen Migration, Außen- und Verteidigungspolitik, Wirtschaft sowie Verkehr stehen im Vordergrund und bieten gleichzeitig Konfliktpotential mit dem Wunschpartner SPD. Während Merz und Söder die Koalition möglichst schnell bilden wollen, taktieren die Sozialdemokraten. Lars Klingbeil kündigte eine Mitgliederabstimmung über einen möglichen Koalitionsvertrag an. SPD-Generalsekretär Matthias Miersch erwartet schwierige Verhandlungen mit der Union über die Bildung einer neuen Bundesregierung. Er sagte im Fernsehen, es gebe keinen Automatismus. Aber die demokratische Mitte müsse versuchen, in diesen Zeiten zusammenzuarbeiten.

Union und SPD stellen Verhandlungsgruppen zusammen

Die SPD will neben Klingbeil auch den amtierenden Verteidigungsminister Boris Pistorius, die bisherige Bundestagspräsidentin Bärbel Bas sowie die Ministerpräsidenten Anke Rehlinger, Alexander Schweitzer und Stephan Weil in die Sondierungsgespräche schicken. Vonseiten der Union sollen mit Friedrich Merz und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt, Fraktionsgeschäftsführer Thorsten Frei sowie die Generalsekretäre Martin Huber (CSU) und Carsten Linnemann (CDU) dabei sein. Zudem ist geplant, dass Julia Klöckner (CDU), Dorothee Bär (CSU) oder Karin Prien (CDU) an den Runden teilnehmen.

Unterschiede zu Koalitionsgesprächen von SPD, Grünen und FDP 2021

Die nun anstehenden Koalitionsverhandlungen unterscheiden sich komplett von den Gesprächen zur Bildung der Ampelregierung im Herbst 2021. Damals hatten SPD, Grüne und FDP bereits in kleiner Verhandlungsrunde mit 27 Personen getagt. Vom 21. Oktober bis zum 24. November hatten dann 300 Teilnehmer in 22 Arbeitsgruppen einen 144 Seiten umfassenden Koalitionsvertrag bis ins letzte Detail ausgearbeitet. Ein solcher Verhandlungsmarathon bei Regierungsbildungen hatte sich in den vergangenen 20 Jahren immer stärker eingebürgert. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung hält "monatelange Verhandlungen über Spiegelstriche" für überflüssig, vor allem, weil das Ampel-Papier bereits wenige Wochen nach Start der Regierung Scholz "im Schredder der Zeitenwende gelandet" sei. Möglicherweise, so die FAZ, gäbe es die Koalition noch, wenn sich deren Vertreter nicht ständig in den zahlreichen Details ihrer Übereinkunft verhakt hätten.

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